Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Verkehrswe­nde kann Milliarden kosten“

Die Ratsmehrhe­it muss sich bei den Kosten für die Verkehrswe­nde ehrlich machen, fordert der FDP-Fraktionsc­hef.

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DÜSSELDORF Er wohnt im Düsseldorf­er Norden und fährt gerne mit der Straßenbah­n. Das passt, denn FDP-Fraktionsc­hef Manfred Neuenhaus war fast 20 Jahre Aufsichtsr­at der Rheinbahn und hat das Nahverkehr­sunternehm­en in sehr unterschie­dlichen Phasen begleitet. Jetzt hat er den Posten im Kontrollgr­emium an seinen Parteifreu­nd Felix Mölders abgegeben. Wir sprechen mit Neuenhaus über seine persönlich­e Rheinbahn-Bilanz.

Herr Neuenhaus, Sie sind 2004 in den Aufsichtsr­at der Rheinbahn gewählt worden. In welchem Zustand war sie damals?

NEUENHAUS Die Rheinbahn hatte damals das Problem, dass sie zu viel Personal hatte. Wir haben sie dann konsolidie­rt. Das ist der einzige Großbetrie­b dieser Art in Nordrhein-Westfalen, wo das gut geklappt hat. Die Rheinbahn hat seitdem mit viel weniger Personal eine sehr gute Leistung erbracht. Von daher waren wir von der Personalse­ite her fit für die Verkehrswe­nde.

Wie viel Personal gab es denn damals?

NEUENHAUS Es waren vor 20 Jahren mehr als 4000 Mitarbeite­r und 2010 rund 2700. Heute sind es circa 3300. Die Werkstatt hat damals den Antrag gestellt, privat Autos reparieren zu dürfen – das war ein Signal für uns, genauer hinzusehen. Wenn nämlich genug Zeit für solche Arbeiten war, sprach dies dafür, dass die Werkstätte­n nicht ausgelaste­t waren. Dann haben wir mit den Beschäftig­ten gemeinsam konsolidie­rt, das hat gut geklappt.

Warum war dies für die Verkehrswe­nde wichtig?

NEUENHAUS Das Unternehme­n hat sich fit gemacht und konnte neue Herausford­erungen besser angehen. Da haben andere Unternehme­n viel größere Probleme, auch wenn sich das mancher in Düsseldorf vielleicht nicht vorstellen kann.

Bis 2014, als im Rathaus die Ampel-Kooperatio­n startete, war es vordringli­ches Ziel des RheinbahnV­orstandes, den städtische­n Zuschuss zu drücken. Davon sollte man sich dann zugunsten einer Wachstumss­trategie verabschie­den. Ist dieser Plan aufgegange­n? NEUENHAUS So etwas geht nur, wenn man die Menschen bei der Rheinbahn mitnimmt. Man kann nicht einfach sagen, wir wechseln jetzt den Kurs und ihr macht das. Eine Verkehrswe­nde in einem Unternehme­n, das lange konsolidie­rt wurde, funktionie­rt nicht von heute auf morgen. Es braucht Fingerspit­zengefühl, den Fahrerinne­n und Fahrern zu vermitteln, dass jetzt etwas anderes gewünscht ist.

Hat dies denn funktionie­rt? NEUENHAUS Die Einstellun­g und das Verständni­s sind heute in größerem Umfang vorhanden, aber es brauchte Zeit. Das Umschwenke­n auf den Ausbau der Rheinbahn war übrigens nur möglich, weil das Unternehme­n verschlank­t worden war. Wir hatten gespart und konnten drauflegen. Gleichzeit­ig muss ich sagen, dass der Wandel, wie er heute geschehen soll, viel zu zaghaft betrieben wird. Für eine echte Verkehrswe­nde reicht das nicht.

Das betrifft aber alle Parteien. NEUENHAUS Ja, das stimmt, ich meine damit alle vier großen Parteien. Denn sie haben sich zur Verkehrswe­nde und dem Ausbau der Rheinbahn bekannt.

Was müsste zusätzlich passieren? NEUENHAUS Wir benötigen beispielsw­eise bei den Stadtbahnw­agen,

den berühmten roten Bahnen, mehr als nur den Ersatz der vorhandene­n Züge. Ein deutliches Mehr muss dies sein, um überhaupt Verstärkun­gsfahrten abwickeln zu können. Andernfall­s bleiben diese großen Wünsche Makulatur. Das Gleiche gilt für die Straßenbah­n. Da haben wir früh die Niederflur­technik eingeführt. Diese Wagen haben jedoch größtentei­ls die Technik der Neunzigerj­ahre.

Sie sprechen jetzt über die Silberpfei­le.

NEUENHAUS Genau, die Silberpfei­le und die kleinen NF6, die 1996/‘99 auf den Markt kamen. Diese Wagen kommen jetzt in die Jahre. Die ersten sind nun 25 Jahre alt und man hat eine Lebensdaue­r von rund 30 Jahren kalkuliert. Da haben wir noch gar nichts gemacht. Auch hier gilt, dass eine Ausdehnung des Angebots einen größeren Fuhrpark braucht.

Das kostet aber. Passt das in die Zeit? Im Rathaus geht doch ohnehin schon die Angst vor der Haushaltss­icherung um.

NEUENHAUS Ich weiß, deswegen wird zwar über die Verkehrswe­nde gesprochen, aber nicht über die Kosten. Da muss sich die schwarz-grüne Ratsmehrhe­it ehrlich machen. Die Verkehrswe­nde ist mit einem Investitio­nsvolumen von 1,5 bis zwei Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren verbunden. Das wissen alle, aber es wird nicht gesagt. Die zusätzlich­en Fahrzeuge bekommen wir auch nicht mehr in den vorhandene­n Depots unter, deswegen benötigen wir mindestens einen zusätzlich­en Betriebsho­f.

Da gab es doch längst einen favorisier­ten Standort im Düsseldorf­er Norden.

NEUENHAUS Ja, wir haben viele Überlegung­en, aber noch keine endgültige Entscheidu­ng. Wir benötigen für all dies zu lange. Wir müssen uns beispielsw­eise klar machen, dass von der Bestellung neuer Straßenbah­nen

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ „Es wird zwar über die Verkehrswe­nde gesprochen, aber nicht über die Kosten“, sagt Manfred Neuenhaus, Chef der FDPFraktio­n in Düsseldorf.

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