Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Herrlich giftig
„Das Blaue vom Himmel“ist eine Theaterkomödie voller amüsanter Klischees.
DÜSSELDORF Auch ins Theater an der Kö kehren nach durstigen Zeiten die Zuschauer zurück: Die Premiere der französischen Komödie „Das Blaue vom Himmel“ist gut besucht. Per Video grüßt Hausherr René Heinersdorff aus dem Winterhuder Fährhaus in Hamburg, wo er gerade bei seinem Dauerbrenner „Komplexe Väter“mitspielt. Für den Düsseldorfer Abend kündigt er ein Stück an „über die Vorteile des Lügens und die Nachteile, wenn sie entlarvt werden“. Geschrieben hat es Eric Assous, der mit „Achterbahn“und „Glück“auf hiesigen Boulevardbühnen Erfolg hatte. Die deutsche Fassung bearbeitete Dieter Hallervorden.
Wir sind im Wohnzimmer von Philippe (Harald Effenberg) und Alice (Mariella Ahrens). Er überrascht sie mit der Nachricht, gleich würden ihre Freunde Bernard und Nelly zum Essen kommen: „Keine große Sache, wir machen Nudeln.“Mit „wir“meint er Alice. Das klingt nach Macho. Wie harmlos er sich jedoch gegenüber Bernard ausnimmt, erhellt sich bei dessen Auftauchen. Während seine Frau auf Parkplatzsuche ist, entpuppt er sich als eitler, egozentrischer Schwätzer. Seine eigenen Lebensumstände malt er in den rosigsten Farben, seinen Sohn erklärt er zum Genie. Was Nelly allerdings später korrigiert: „Bloß ein Wirrkopf.“
Marco Pustisek, der auch Regie führt, kostet das selbstgefällige Ekel weidlich aus. Den überforderten Freund verwickelt er in eine Debatte ums Stöhnen beim Sex. Bei ihm komme nur ein Röcheln raus. Aber Genuss sei doch auch ohne Stöhnen möglich – etwa beim Verzehr einer Schwarzwälder Kirschtorte. Solche Pointen mag das Publikum, das dem flotten Spiel mit Vergnügen und Gelächter folgt. Der brave Philippe ahnt hier noch nicht, welches Unheil ihm an diesem Abend bevorsteht. Wie unverschämt Bernard ihm ein Lügengespinst überwirft, das aus dem Unschuldslamm einen Übeltäter macht.
Harald Effenberg ist ein grandioser Komödiant mit ergötzlichem Mienenspiel. Als taffe Nelly trumpft Anouschka Renzi auf. Sie und Bernard giften einander ständig an, dennoch glaubt sie ihm zunächst sein zynisches Spiel. Bis sie neben Soraya (Barbara Maria Sava) auf dem Patchwork-Sofa sitzt. Soraya? Die taucht als Bernards Affäre auf und ist die Ursache aller Verwicklungen. „Man sagt nicht mehr Geliebte“, winkt der Ehebrecher ab, „man sagt Ausrutscher.“
Doch das „Büro-Blondchen“ist ganz schön clever. Da nützt dem ausgebufften Bernard auch sein Mantra nichts: „Für jeden kommt mal die Stunde der Wahrheit, dann heißt es lügen, lügen, lügen.“Pustisek, Dreh- und Angelpunkt eines geschmeidigen Ensembles, legt am Ende noch einen herrlichen Auftritt als beleidigter Kotzbrocken hin. „Das Blaue vom Himmel“steckt voller Klischees, aber selten hat man sich dabei so amüsiert wie hier.
Bis 30. April, mehr Informationen unter www.theateranderkoe.de.