Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
In die Tonne kloppen
Es gibt eine Facette in der Debatte um das Seidenweberhaus, die noch kaum gewürdigt wurde: die Kritik der Kulturhistorischen Städtebaulichen Analyse (KHSA) an dem Gebäude. Der Rat hat die KHSA bekanntlich mit überwältigender Mehrheit zum Leitbild der städtebaulichen Entwicklung Krefelds erklärt. Sollte sich nun eine Mehrheit für den CDU-Vorschlag finden, das Seidenweberhaus doch zu erhalten, würde der Rat seinen eigenen Beschluss bei der ersten Nagelprobe gleich wieder in die Tonne kloppen und unter Beweis stellen, dass diese Stadt zu einer strategisch fundierten Entwicklung nicht in der Lage ist. Die Passage in der KHSA zum Seidenweberhaus ist im Stil wohltemperiert, in der Sache aber eine knallharte Abrechnung mit dem städtebaulichen Sündenfall, den das Seidenweberhaus darstellt. Zugleich ist es ein Lehrstück, woher das Gefühl kommt, dass ein Bau wie ein Fremdkörper wirkt – denn als solchen haben viele Krefelder das Seidenweberhaus von Anfang an empfunden. Als das Haus stand, gab es viele Stimmen, die sich erschrocken zeigten über das Ausmaß des Komplexes. Spottnamen wie „Idiotenhügel“, „Schandfleck“oder „Termitenbau“machten nach der Fertigstellung die Runde. Die KHSA zeigt auf, dass dieses Unbehagen nicht nur mit der Größe zu tun hat, sondern mit der Störung der städtebaulichen Struktur. Jetzt hat die Stadt die Chance, diese städtebaulichen Wunden zu heilen – mit einem Neuanfang auf dem Theaterplatz ohne Seidenweberhaus. Die von der Verwaltung (auftragsgemäß) skizzierte Ausschreibung macht deutlich, dass sie eine Antwort auf die Kritik ist, die in der KHSA formuliert ist. Dieser Neuanfang wird mit dem Seidenweberhaus – ob in Teilen oder als Ganzes – nicht gelingen. Das wäre auch deshalb eine Katastrophe, weil man die Symbolkraft einer solchen Entscheidung nicht unterschätzen darf. Krefeld wurstelt weiter vor sich hin, Krefeld schafft keine Wende, keinen Neustart – das würde draußen ankommen. Damit würde eine traurige Tradition in der Stadt fortgesetzt werden: Denn die Politik hat nie wirklich begriffen, wie schädlich es für den Ruf der Stadt und die Stimmung in der Bürgerschaft war, das SWH so brutal verkommen zu lassen, wie es geschehen ist. Wenn Teile der Politik jetzt ihre Liebe zum Seidenweberhaus entdecken, ist das leider 25 Jahre zu spät.