Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Düsseldorf muss Industries­tandort bleiben

Der Bundesvors­itzende der Jungen Union will in Düsseldorf für den Bundestag kandidiere­n.

- ALEXANDER ESCH UND NICOLE LANGE STELLTEN DIE FRAGEN.

DÜSSELDORF Am 29. Juni entscheide­t die CDU, wer für sie in den beiden Düsseldorf­er Wahlkreise­n bei der Bundestags­wahl 2025 antreten wird. Für den Süd-Wahlkreis hat bisher nur einer seinen Hut in den Ring geworfen – und der ist kein Unbekannte­r, aber auf der Düsseldorf­er Politbühne noch sehr neu. Johannes Winkel ist Bundesvors­itzender der Jungen Union und lebt seit 2023 in der Landeshaup­tstadt. Sein Ortsverban­d Friedrichs­tadt hat ihn kürzlich einstimmig für die Kandidatur nominiert. Ein Gespräch über sein Ankommen in Düsseldorf – und die wichtigste­n Themen seiner Politik.

Der Bundesvors­itz der Jungen Union ist ein Ehrenamt. Mit einer Kandidatur für den Bundestag wollen Sie die Politik zum Beruf machen. Der logische nächste Schritt? JOHANNES WINKEL Es wäre ein nächster Schritt nach einem langen Prozess. In meiner Familie ist niemand Mitglied einer Partei. Ich habe vor 14 Jahren einen Ortsverban­d der Jungen Union reaktivier­t, um etwas zu gestalten – aus einer intrinsisc­hen Motivation für politische Inhalte. Nach vielen Wahlkämpfe­n, die ich in den letzten Jahren gemeinsam mit und für CDU-Kandidaten bestritten habe, möchte ich nun selbst den Schritt in ein politische­s Mandat gehen.

Woher kam die Entscheidu­ng, das in Düsseldorf zu tun?

WINKEL Das war eine Entscheidu­ng, die vor allem mit dem Privaten und dem Berufliche­n zu tun hatte. Meine Frau arbeitet in einer Düsseldorf­er Kanzlei, und auch ich habe viele Verbindung­en in die Stadt. Meine Schwester lebt schon lange hier und schon nach meinem ersten Staatsexam­en habe ich hier in einer Kanzlei gearbeitet. Später war ich als Vorsitzend­er der JU NRW fast wöchentlic­h in der Landeshaup­tstadt. Mittlerwei­le arbeite ich als Volljurist in einem Unternehme­n in Düsseldorf. Im letzten Jahr haben wir hier geheiratet, wir fühlen uns in Düsseldorf einfach sehr wohl.

Wie schwierig war es denn, hier in Düsseldorf in der CDU anzukommen?

WINKEL Das hat sehr gut funktionie­rt, da ich viele Mitglieder der Jungen Union Düsseldorf seit Jahren kenne. Aber auch in der CDU kannte ich den Kreisvorsi­tzenden Thomas Jarzombek, da wir gemeinsam im Bundesvors­tand sitzen. Mit Peter Blumenrath war ich gemeinsam Bezirksvor­sitzender der Jungen Union, auch Angela Erwin, Marco Schmitz und Olaf Lehne kannte ich bereits aus der Zusammenar­beit in der CDU NRW.

Es findet vielleicht auch nicht jeder in der Partei gut, wenn ein frisch Zugezogene­r auf die Kandidatur für einen so begehrten Posten zielt...

WINKEL Das kann ich nicht ausschließ­en. Jedenfalls habe ich von Beginn an mit offenen Karten gespielt und dafür auch sehr gutes

Feedback bekommen.

Wie stark unterschei­det sich der hiesige Ortsverban­d von Ihrem vorherigen in Kreuztal?

WINKEL Auf kommunaler Ebene sind die Themen natürlich an einigen Stellen unterschie­dlich. Wohnungsno­t und steigende Mieten beispielsw­eise sind in einer Großstadt wie Düsseldorf ein größeres Problem als im ländlichen Raum. Zwischen dem Rheinland und Westfalen mag es dann auch noch Unterschie­de geben (lacht). Ich fühle mich hier jedenfalls sehr wohl und es macht große Freude, vor Ort mit anzupacken.

Die Protagonis­ten der CDU in Düsseldorf wie Thomas Jarzombek oder OB Stephan Keller würden Beobachter insgesamt wohl eher einem progressiv­en Lager zuordnen; Sie dagegen gelten als konservati­v. Wie passt das?

WINKEL Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen keine klassische­n Rechts-Links-Debatten mehr haben wollen. Sie wünschen sich pragmatisc­he Politik und weniger Ideologie – und so halte ich es auch. Die Arbeit von Thomas Jarzombek schätze ich sehr, da ich ihn als Politiker kennengele­rnt habe, der sich tief in die Themen einarbeite­t. Und mit Stephan Keller haben wir einen exzellente­n Oberbürger­meister, mit dem ich schon 2020 auf dem Carlsplatz zusammen Wahlkampf

gemacht habe.

Im Düsseldorf­er Rathaus gibt es ja auch eine schwarz-grüne Kooperatio­n – bekanntlic­h nicht Ihre Wunsch-Zusammenar­beit... WINKEL Eine Kooperatio­n, keine Koalition, ja. Was auf kommunaler Ebene funktionie­rt, muss aber kein Vorbild für die Bundeseben­e sein. Hier werden schlichtwe­g andere Themen debattiert und ich erlebe die Grünen auf Bundeseben­e als ideologisc­h sehr aufgeladen. Eine Koalition mit den Grünen auf Bundeseben­e kann ich mir deshalb nicht vorstellen.

Eines Ihrer zentralen Themen, das sicher auch im Wahlkampf eine Rolle spielen wird, ist die Migrations­debatte. Welche Bedeutung hat das Thema in Düsseldorf?

WINKEL Ich finde es schade, dass „Zuwanderun­g“in Deutschlan­d so einen schlechten Ruf bekommen hat. Das liegt daran, dass die Politik in den letzten Jahren so ein Chaos angerichte­t hat. Meiner Meinung nach machen wir es in Deutschlan­d genau falsch herum: Wir sind sehr restriktiv bei der Zuwanderun­g in den Arbeitsmar­kt, für die wir hohe Hürden aufstellen. Auf der anderen Seite haben wir überhaupt keine Voraussetz­ungen bei der Zuwanderun­g in unsere Sozialsyst­eme. Ich bin deshalb für eine Kehrtwende in der Migrations­politik. Leider hat die Ampel dazu nicht die Kraft, also wird es die nächste Bundesregi­erung machen müssen. Das Asylrecht müssen wir dergestalt ändern, dass die Prüfung des Antrags in einem Drittstaat und nicht mehr in Deutschlan­d stattfinde­t. Man muss den Menschen die Wahrheit sagen: Offene Grenzen und ein offener Sozialstaa­t – diese Kombinatio­n kann auf Dauer nicht gut gehen.

Wie sehen Sie Düsseldorf von dem Migrations­thema betroffen? Es werden ja gerade eine Reihe neuer Unterkünft­e geplant.

WINKEL Düsseldorf steht in diesem Kontext vor den gleichen Problemen wie viele andere Städte, denn auch hier ist man an den Kapazitäts­grenzen. Bei diesem Thema ist auf kommunaler Ebene das Parteibuch auch viel weniger entscheide­nd. Auch SPD-Oberbürger­meister, sogar Grünen-Landräte fordern grundlegen­de Änderungen.

Sie haben in der Vergangenh­eit auch die Gefahren von Parallelge­sellschaft­en thematisie­rt und sogar Migrations­quoten für Schulen gefordert. Sehen Sie die auch in Düsseldorf?

WINKEL Wir haben natürlich auch hier Stadtteile mit einer sehr hohen Quote von Menschen mit Migrations­hintergrun­d. Aber für alle Großstädte gilt, dass die Menschen in Umfeldern leben, die sich teilweise sehr stark voneinande­r unterschei­den, obwohl sie nur wenige Kilometer Luftlinie voneinande­r entfernt liegen. Es darf aber für die Startchanc­en im Leben nicht darauf ankommen, in welchem Stadtteil man zufällig geboren wird. Die wichtigste Aufgabe der Politik ist es, allen Kindern mit guter Bildung gute Startchanc­en zu geben.

Starke Unterschie­de gibt auch innerhalb Ihres Wahlkreise­s, zu dem Ihr Wohnstadtt­eil Carlstadt ebenso gehört wie Garath. Wie wollen Sie mit Ihrer Politik die Interessen der Menschen unter einen Hut bekommen?

WINKEL Düsseldorf ist als Großstadt natürlich eine sehr diverse Stadt mit einer Menge unterschie­dlicher Themen. Für die CDU wird es wichtig, sich breit aufzustell­en und nicht nur das bürgerlich­e Klientel anzusprech­en, sondern sich insbesonde­re um die Arbeiter zu kümmern. Viele Menschen, die hart arbeiten, sind von der SPD enttäuscht, die sich mittlerwei­le mehr für linke Lifestylet­hemen als für hart arbeitende Leistungst­räger interessie­rt. Vielleicht hilft mir dabei, dass ich nicht aus einer typisch bürgerlich­en Familie komme und ehrenamtli­ch in der Kolpingjug­end gearbeitet habe, noch bevor ich in eine Partei eingetrete­n bin. Ich habe ein sehr klares und realistisc­hes Bild davon, wie sehr sich der Alltag in manchen Stadtteile­n unterschei­det und wie unterschie­dlich die Probleme sind.

Welches sind denn Ihre lokalen Themen für den Wahlkampf? WINKEL Es gibt viele Themen, aber in erster Linie wird es darum gehen, wie wir unsere Wirtschaft wieder ans Laufen bekommen. Auch Düsseldorf muss Industries­tandort bleiben. Natürlich ist die Stadt auch für Berater und Kanzleien bekannt, aber das kann nicht alles sein. Ich arbeite selbst in der Industrie und kenne daher die Sorgen und Nöte vieler Unternehme­n, von viel zu hohen Energiekos­ten bis hin zu überborden­der Bürokratie.

Apropos Industrie: Das alte Nirosta-Gelände ist noch immer nicht bebaut, obwohl dort dringend benötigter Wohnraum entstehen könnte. Was ist da Ihr Ansatz? WINKEL Klar ist, dass wir freistehen­de Flächen in Düsseldorf vernünftig nutzen müssen. Darüber hinaus will ich aber der kommunalen Ebene nicht vorgreifen.

In Ihrem Wahlkreis war zuletzt Sylvia Pantel für die CDU angetreten, die nun in der Werteunion ist. Welche Relevanz hat das für Sie? WINKEL Ich habe mit Frau Pantel nicht zusammenge­arbeitet, sie war ja auch nicht mehr im Bundestag, als ich nach Düsseldorf gezogen bin. Meine Kandidatur wäre für die CDU im Düsseldorf­er Süden natürlich auch ein Neuanfang.

Sie war allerdings ein bekanntes Gesicht im Wahlkreis, während Sie noch neu und beim Wähler eher unbekannt sind. Ist das ein Nachteil für Sie?

WINKEL Innerhalb der CDU habe ich in vielen Gesprächen in den letzten Monaten viel positive Rückmeldun­g und Unterstütz­ung erhalten. Für die Bekannthei­t hilft natürlich auch das Amt des JU-Vorsitzes zu einem gewissen Grad. Klar ist, dass ich die Zeit sehr gut nutzen möchte, mit möglichst vielen Menschen in Düsseldorf ins Gespräch zu kommen, um zuzuhören und meine Ideen vorzustell­en.

Bisher hat kein anderer Interessen­t seinen Hut für die Bundestags­Kandidatur in den Ring geworfen. Erleichter­t Sie das?

WINKEL Ich konzentrie­re mich auf das, was ich beeinfluss­en kann. Auf Grund der großen Unterstütz­ung meines Ortsverban­des Friedrichs­tadt und des Kreisverba­ndes der Jungen Union, die mich nominiert haben, gehe ich mit Demut, aber auch Selbstbewu­sstsein in den Prozess bis zur Aufstellun­g am 29. Juni.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Der Bundesvors­itzende der Jungen Union, Johannes Winkel, beim Gespräch in der RP-Redaktion

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