Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Wie sich NRW-Firmen schützen
Lanxess erlebte bereits Spionage durch China. Henkel trifft Vorkehrungen.
Spionage für China ist auch in der Wirtschaft bekannt. Der Chemiekonzern Lanxess war Opfer eines Spähangriffs – durch einen leitenden technischen Angestellten, einen Deutschen chinesischer Herkunft. Der Mann verriet zwischen 2011 und 2013 in Mails Betriebsgeheimnisse an eine Person in China. Dabei ging es um ein Produkt, von dem Lanxess sagt, dass es „innovativ, aber noch nicht umsatzstark“sei. 2016 gründete der Mitarbeiter mit einem Partner gar eine eigene Firma zum Vertrieb des Produkts. Er flog auf, wurde von Lanxess fristlos entlassen und von der Staatsanwaltschaft Köln angeklagt. Lanxess konnte alle Verfahren wegen Diebstahls und der Weitergabe von Betriebsgeheimnissen gewinnen. „Der Mann hat sich allerdings dem Zugriff der deutschen Justiz entzogen, sein Aufenthaltsort ist unbekannt“, sagt ein Lanxess-Sprecher.
Lanxess wie andere Konzerne setzen auf Vorsorge. Bei Henkel etwa sind in einer Garderobenecke gegenüber vom Sitzungssaal des Vorstandes kleine Schließfächer eingebaut, wo Smartphones vor sensiblen Sitzungen eingeschlossen werden müssen. So sollen Lauschangriffe über die Geräte ausgeschlossen werden. Das soll einerseits vor dem Ausspähen durch ausländische Geheimdienste schützen, andererseits soll geheim bleiben, wenn Vorstand oder Aufsichtsrat sich mit möglichen Akquisitionen beschäftigt.
Besonders trifft die Sorge vor Spionage die Telefonkonzerne. Die Deutsche Telekom und Vodafone haben der Politik zugesichert, dass in die Kernnetze der neuen Mobilfunktechnik 5G keine Komponenten des chinesischen Anbieters Huawei eingebaut werden. Sicherheitsbedenken führten auch dazu, dass die Bundesregierung verhinderte, dass die Dortmunder Firma für Halbleitertechnik Elmos an einen chinesischen Konzern verkauft wurde. Und China wurde als Teilhaber eines Terminals im Duisburger Hafen hinausgedrängt, weil der Hafen Einflussnahme aus Fernost befürchtete.
„Generell gehört Industriespionage offensichtlich zum Instrumentenkasten des chinesischen Staates, um Zugang zu modernen Technologien zu bekommen“, sagt Jürgen Matthes, Außenwirtschaftsexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Diesem Ziel habe auch manche Firmenübernahme – etwa des Roboterherstellers Kuka – gedient. Zudem setze China deutsche Unternehmen vor Ort unter Druck, um Firmen oder Behörden Zugang zu Technologien zu ermöglichen, etwa in Joint Ventures. „Wenn die deutschen Firmen hier nicht mitmachen, hat China Möglichkeiten, ihnen den – formal bestehenden – Marktzugang zu erschweren“, erklärt Matthes. „Der Schutz von geistigen Eigentumsrechten hat sich in China zwar etwas verbessert, aber jenseits der geschriebenen Gesetze sieht die Praxis oft anders aus.“
Auch Matthes sieht Huawei kritisch: „Auch wenn Huawei beteuert, ein privates Unternehmen zu sein, könnte sich die chinesische Regierung die Möglichkeit verschaffen, Huawei für ihre Zwecke einzuspannen – sei es für Spionage oder, im Fall eines geopolitischen Konflikts mit China, sogar für Sabotage.“Da das Telekommunikations- und vor allem das 5G-Netz eine sehr kritische Infrastruktur darstelle, berge die Präsenz von Huawei ein hohes Risiko, meint der IW-Experte. „Die USA und viele europäische Staaten haben Huawei aus ihrem 5G-Netz verbannt oder haben einen graduellen Ausbau von Komponenten des Unternehmens angeordnet. Dieser Schritt ist auch in Deutschland überfällig – auch wenn China darauf mit Gegenmaßnahmen reagieren mag.“