Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
„Düsseldorf braucht eine eigene Oper“
Die FDP-Politikerin ist Vorsitzende des Freundeskreises der Oper. Sie steht hinter den Neubau-Plänen.
MONIKA LEHMHAUS Bei uns zuhause wurde immer gerne klassische Musik gehört, mein Vater liebte die Oper besonders. Als Kind habe ich also immer und überall Opern gehört, auch unterwegs im Auto, und daher gab es auch nie eine Schwelle zu überwinden. Es ist etwas Wunderschönes, Musik wiederzuerkennen, die man mit etwas Schönem verbindet. Dann habe ich auch noch in eine Familie eingeheiratet, in der Kultur und Musik ebenfalls ganz wichtig waren – das hat noch einmal mehr dazu beigetragen, dass ich die Liebe zur Oper auch nie verloren habe. Wir hatten nur eine kleine Pause in der Kindheit und Jugend unserer Kinder, als wir nicht so oft Opernbesuche genießen konnten.
Warum ist Oper aus Ihrer Sicht etwas Wertvolles?
LEHMHAUS Die Oper ist so schön, weil man sie bewusst genießt – und das habe ich auch immer so gelebt. Ich habe sie nie nebenbei konsumiert. Wenn wir in die Oper gegangen sind, war das etwas, auf das man sich gefreut hat, eine Zäsur im Alltag. man zelebriert den Abend und gönnt sich etwas. Natürlich gefällt einem nicht jede Inszenierung gut, aber es ist auch nie umsonst gewesen, wenn man anschließend sagt: Wir haben darüber diskutiert.
Sie sind jetzt Vorsitzende des Freundeskreises der Oper. Warum brauchen wir so etwas?
LEHMHAUS Ganz ehrlich: Das habe ich mich auch aktiv gefragt, als ich erstmals darauf angesprochen wurde – und ich habe auch mit der Intendanz darüber geredet. Aber inzwischen habe ich dazu ein klares Bild, denn es geht um viel mehr als nur darum, Geld zu sammeln – obwohl wir der Oper jedes Jahr einen sechsstelligen Betrag zur Verfügung stellen und damit einen wichtigen Beitrag leisten. Eigentlich geht es aber darum, Menschen zur Oper zu bringen. Denn ich sehe ja durchaus, dass in der aktuellen Debatte viele Menschen die Notwendigkeit einer Oper in Düsseldorf an sich in Frage stellen, und das macht mich nachdenklich. Ich würde mir sehr wünschen, das zu ändern, indem wir mehr Menschen den Wert und Reiz der Oper nahebringen.
Ist das denn überhaupt möglich, wenn viele gar kein Interesse daran haben? Laut einer Umfrage der Linken will sogar eine Mehrheit der Bürger kein neues Opernhaus...
LEHMHAUS Ich denke, dass es möglich ist, und ich habe sogar schon eine Strategie dafür. Als erstes müssen wir viel mehr junge Menschen ansprechen und das mit Opern, die altersgerecht sind und wirklich Spaß machen. Und Kinder- und Jugendopern bringen auch Eltern und andere Verwandte mit ins Haus. Auch für Erwachsene brauchen wir niedrigschwellige Events wie kürzlich das Open-Air-Event der Oper
im Rheinpark. Das kostete keinen Eintritt, man konnte einfach hinkommen, man musste nicht zwei Stunden durchhalten, wenn man nicht mehr bleiben wollte – und man musste auch nicht mäuschenstill sein. Ich wette, viele haben an diesem Abend gedacht, dass sie auch einfach mal in die Oper gehen könnten, und vielleicht machen es ja einige. Ich kann mir auch Maskenbälle in der Oper vorstellen oder Kurzprogramme. Wir brauchen einfach mehr Fantasie.
Warum hat sich die politische Debatte zur Oper so verschärft – liegt das vor allem an den so stark gestiegenen Kosten?
LEHMHAUS Das ist tatsächlich eine interessante Frage. Denn bei den Grünen gehe ich fest davon aus, dass sie die Oper ursprünglich wirklich gerne haben wollten, und sie haben ja auch die ersten Beschlüsse dahingehend mitgetragen. Aber
nachvollziehen kann ich die Kehrtwende nicht, denn wenn Kosten in solchen Zusammenhängen das große Argument wären, könnte man doch im Grunde niemals ein großes Leuchtturmprojekt beschließen, vom Rheinufertunnel bis zur Wehrhahn-Linie. Baukosten steigen ja eigentlich immer.
Gerade steigen sie aber besonders stark...
LEHMHAUS Das ist mir bewusst, aber es ist auch unehrlich zu sagen, dass dadurch soziale Projekte gefährdet würden – denn das ist nicht der Fall. Es ist in der Natur des Haushaltes, das wir für unterschiedliche Themen unterschiedliche Töpfe haben, und natürlich müssen sich das Bildungswesen und der Sport nicht sorgen, dass für sie nichts mehr übrig bleibt. Der Sport ist ja ein anderes großes Herzensthema von mir, insofern mache ich mir über so etwas durchaus Gedanken.
Das Finanzthema macht Ihnen also keine Sorgen?
LEHMHAUS Das alles bedeutet nicht, dass die Kosten ausufern sollten – ich will nur deutlich machen, dass es schon immer so war, dass man Dinge gegeneinander abwägen muss. Als Düsseldorf 1956 elf Jahre nach dem Krieg die Oper wiedereröffnet hat, konnte sich die Stadt das eigentlich auch nicht leisten. Aber den Menschen war klar, dass das ein Zukunftsprojekt ist, auf das man als Stadt stolz sein kann – und zwar auch denen, die vielleicht nicht unbedingt selbst hingehen wollten. Auch heute ist es so, dass Düsseldorf eine Oper auch als Anziehungspunkt braucht – und als Landeshauptstadt des bevölkerungsreichsten Bundeslandes auch nicht darauf verzichten sollte.
Es gibt aber auch die, die sagen: Wir haben in unserem Ballungsraum genug Opern und bräuchten nicht unbedingt eine eigene.
LEHMHAUS Das wäre schon deshalb nicht klug, weil unsere Oper vom künstlerischen Niveau her weit über vielen anderen Häusern im Umkreis liegt. Ich gehe auch auf Reisen gerne in die Oper und bin überzeugt, dass wir in Düsseldorf mit vielen anderen Häusern in Europa gut mithalten können. Viele Kultur-Touristen kommen nicht zuletzt für einen Opernbesuch in die Stadt – und dass eine Oper ein gutes Argument für den Städtetourismus ist, ist ziemlich unbestritten. Wir haben an anderen großen Projekten in der Welt gesehen, dass ein architektonisch spannendes Opernhaus eine große Strahlkraft entwickeln kann.
Der Standort an der Heinrich-Heine-Allee gilt inzwischen als gesetzt. War das auch immer Ihr Favorit, oder hätten Sie sich auch etwas anderes vorstellen können?
LEHMHAUS Als Idee fand ich auch eine Oper im Hafen sehr reizvoll, dort hätte man sicherlich tolle Dinge umsetzen können. Aber letztlich sehe ich den alten Standort als ideal an, weil die Oper hier bestens angebunden ist und außerdem Teil eines Kulturrings ist, in dem man alles fußläufig erreicht. Die Debatte um den Hofgarten scheint mir da etwas zu harsch. Natürlich ist er absolut schützenswert, aber gleichzeitig entsteht hier die Chance, ein bestehendes Kulturdenkmal mit einem neuen zu verbinden. Und damit auch auf die Altstadt abzustrahlen, denn ob man dort in 30 Jahren mit dem Slogan „Längste Theke der Welt“noch ein tolles Argument hat, ist auch fraglich.
Die ersten Entwürfe, die man für diesen Standort gesehen hat, waren vielen zu hoch und zu wuchtig. Wie fanden Sie sie?
LEHMHAUS Mich hat das auf den ersten Blick auch erschreckt, das wirkte ganz schön gewaltig. Und tatsächlich soll die Fläche der Oper bei einem Neubau gegenüber der alten Oper ja enorm wachsen. Ich denke
aber, dass man das auf eine Weise hinbekommen kann, die beispielsweise nicht die Wirkung des nahen Dreischeibenhauses beeinträchtigt – und es wird ja auch einiges an Flächen unterirdisch entstehen. Ich freue mich sehr darauf, wenn wir entsprechende Entwürfe zu sehen bekommen. So etwas kann ein echtes Wahrzeichen für eine Stadt werden, und das fehlt uns noch.
Was benötigt ein neues Opernhaus, um erfolgreich zu sein?
LEHMHAUS Neben einem guten Programm und Ensemble, was beides ja schon vorhanden ist, brauchen wir mehr Anziehungspunkte, beispielsweise wünsche ich mir sehr ein Restaurant. Von vielen anderen Dingen haben wir uns ja im Laufe der Debatte verabschiedet und uns beispielsweise klargemacht, dass die Oper nicht Bühnen für alles bieten muss, für das wir schon Orte haben. Wichtig ist aus meiner Sicht aber, dass wir Aufenthaltsqualität über den ganzen Tag haben – und dass es auch Plätze in der Oper gibt, an denen man auch sein kann, wenn man einfach nur ein wenig sitzen und die Aussicht genießen will. Und an denen man nicht einmal unbedingt etwas konsumieren muss, einfach Plätze der Begegnung.
Wird es bei der Abstimmung am Mittwoch denn eine Mehrheit für die Opern-Ausschreibung geben?
LEHMHAUS Ich denke, dass die SPD sich ihrer Verantwortung bewusst ist und bei der Stange bleiben wird. Ich kann die Ratskollegen auch verstehen, dass sie ihr Ja an eine Forderung geknüpft haben, die aus ihrer Sicht für ihre Wählerschaft besonders relevant ist – da ist nun der Oberbürgermeister dran. Man muss sich allerdings angesichts dieser Abstimmung fragen, was eigentlich die Rathaus-Kooperation noch soll. Wir bewegen uns auf eine Zukunft zu, in der der OB sich seine Mehrheiten für jedes Thema neu suchen muss.