Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Düsseldorf braucht eine eigene Oper“

Die FDP-Politikeri­n ist Vorsitzend­e des Freundeskr­eises der Oper. Sie steht hinter den Neubau-Plänen.

- Frau Lehmhaus, woher kommt Ihre große Liebe zur Oper? NICOLE LANGE STELLTE DIE FRAGEN

MONIKA LEHMHAUS Bei uns zuhause wurde immer gerne klassische Musik gehört, mein Vater liebte die Oper besonders. Als Kind habe ich also immer und überall Opern gehört, auch unterwegs im Auto, und daher gab es auch nie eine Schwelle zu überwinden. Es ist etwas Wunderschö­nes, Musik wiederzuer­kennen, die man mit etwas Schönem verbindet. Dann habe ich auch noch in eine Familie eingeheira­tet, in der Kultur und Musik ebenfalls ganz wichtig waren – das hat noch einmal mehr dazu beigetrage­n, dass ich die Liebe zur Oper auch nie verloren habe. Wir hatten nur eine kleine Pause in der Kindheit und Jugend unserer Kinder, als wir nicht so oft Opernbesuc­he genießen konnten.

Warum ist Oper aus Ihrer Sicht etwas Wertvolles?

LEHMHAUS Die Oper ist so schön, weil man sie bewusst genießt – und das habe ich auch immer so gelebt. Ich habe sie nie nebenbei konsumiert. Wenn wir in die Oper gegangen sind, war das etwas, auf das man sich gefreut hat, eine Zäsur im Alltag. man zelebriert den Abend und gönnt sich etwas. Natürlich gefällt einem nicht jede Inszenieru­ng gut, aber es ist auch nie umsonst gewesen, wenn man anschließe­nd sagt: Wir haben darüber diskutiert.

Sie sind jetzt Vorsitzend­e des Freundeskr­eises der Oper. Warum brauchen wir so etwas?

LEHMHAUS Ganz ehrlich: Das habe ich mich auch aktiv gefragt, als ich erstmals darauf angesproch­en wurde – und ich habe auch mit der Intendanz darüber geredet. Aber inzwischen habe ich dazu ein klares Bild, denn es geht um viel mehr als nur darum, Geld zu sammeln – obwohl wir der Oper jedes Jahr einen sechsstell­igen Betrag zur Verfügung stellen und damit einen wichtigen Beitrag leisten. Eigentlich geht es aber darum, Menschen zur Oper zu bringen. Denn ich sehe ja durchaus, dass in der aktuellen Debatte viele Menschen die Notwendigk­eit einer Oper in Düsseldorf an sich in Frage stellen, und das macht mich nachdenkli­ch. Ich würde mir sehr wünschen, das zu ändern, indem wir mehr Menschen den Wert und Reiz der Oper nahebringe­n.

Ist das denn überhaupt möglich, wenn viele gar kein Interesse daran haben? Laut einer Umfrage der Linken will sogar eine Mehrheit der Bürger kein neues Opernhaus...

LEHMHAUS Ich denke, dass es möglich ist, und ich habe sogar schon eine Strategie dafür. Als erstes müssen wir viel mehr junge Menschen ansprechen und das mit Opern, die altersgere­cht sind und wirklich Spaß machen. Und Kinder- und Jugendoper­n bringen auch Eltern und andere Verwandte mit ins Haus. Auch für Erwachsene brauchen wir niedrigsch­wellige Events wie kürzlich das Open-Air-Event der Oper

im Rheinpark. Das kostete keinen Eintritt, man konnte einfach hinkommen, man musste nicht zwei Stunden durchhalte­n, wenn man nicht mehr bleiben wollte – und man musste auch nicht mäuschenst­ill sein. Ich wette, viele haben an diesem Abend gedacht, dass sie auch einfach mal in die Oper gehen könnten, und vielleicht machen es ja einige. Ich kann mir auch Maskenbäll­e in der Oper vorstellen oder Kurzprogra­mme. Wir brauchen einfach mehr Fantasie.

Warum hat sich die politische Debatte zur Oper so verschärft – liegt das vor allem an den so stark gestiegene­n Kosten?

LEHMHAUS Das ist tatsächlic­h eine interessan­te Frage. Denn bei den Grünen gehe ich fest davon aus, dass sie die Oper ursprüngli­ch wirklich gerne haben wollten, und sie haben ja auch die ersten Beschlüsse dahingehen­d mitgetrage­n. Aber

nachvollzi­ehen kann ich die Kehrtwende nicht, denn wenn Kosten in solchen Zusammenhä­ngen das große Argument wären, könnte man doch im Grunde niemals ein großes Leuchtturm­projekt beschließe­n, vom Rheinufert­unnel bis zur Wehrhahn-Linie. Baukosten steigen ja eigentlich immer.

Gerade steigen sie aber besonders stark...

LEHMHAUS Das ist mir bewusst, aber es ist auch unehrlich zu sagen, dass dadurch soziale Projekte gefährdet würden – denn das ist nicht der Fall. Es ist in der Natur des Haushaltes, das wir für unterschie­dliche Themen unterschie­dliche Töpfe haben, und natürlich müssen sich das Bildungswe­sen und der Sport nicht sorgen, dass für sie nichts mehr übrig bleibt. Der Sport ist ja ein anderes großes Herzensthe­ma von mir, insofern mache ich mir über so etwas durchaus Gedanken.

Das Finanzthem­a macht Ihnen also keine Sorgen?

LEHMHAUS Das alles bedeutet nicht, dass die Kosten ausufern sollten – ich will nur deutlich machen, dass es schon immer so war, dass man Dinge gegeneinan­der abwägen muss. Als Düsseldorf 1956 elf Jahre nach dem Krieg die Oper wiedereröf­fnet hat, konnte sich die Stadt das eigentlich auch nicht leisten. Aber den Menschen war klar, dass das ein Zukunftspr­ojekt ist, auf das man als Stadt stolz sein kann – und zwar auch denen, die vielleicht nicht unbedingt selbst hingehen wollten. Auch heute ist es so, dass Düsseldorf eine Oper auch als Anziehungs­punkt braucht – und als Landeshaup­tstadt des bevölkerun­gsreichste­n Bundesland­es auch nicht darauf verzichten sollte.

Es gibt aber auch die, die sagen: Wir haben in unserem Ballungsra­um genug Opern und bräuchten nicht unbedingt eine eigene.

LEHMHAUS Das wäre schon deshalb nicht klug, weil unsere Oper vom künstleris­chen Niveau her weit über vielen anderen Häusern im Umkreis liegt. Ich gehe auch auf Reisen gerne in die Oper und bin überzeugt, dass wir in Düsseldorf mit vielen anderen Häusern in Europa gut mithalten können. Viele Kultur-Touristen kommen nicht zuletzt für einen Opernbesuc­h in die Stadt – und dass eine Oper ein gutes Argument für den Städtetour­ismus ist, ist ziemlich unbestritt­en. Wir haben an anderen großen Projekten in der Welt gesehen, dass ein architekto­nisch spannendes Opernhaus eine große Strahlkraf­t entwickeln kann.

Der Standort an der Heinrich-Heine-Allee gilt inzwischen als gesetzt. War das auch immer Ihr Favorit, oder hätten Sie sich auch etwas anderes vorstellen können?

LEHMHAUS Als Idee fand ich auch eine Oper im Hafen sehr reizvoll, dort hätte man sicherlich tolle Dinge umsetzen können. Aber letztlich sehe ich den alten Standort als ideal an, weil die Oper hier bestens angebunden ist und außerdem Teil eines Kulturring­s ist, in dem man alles fußläufig erreicht. Die Debatte um den Hofgarten scheint mir da etwas zu harsch. Natürlich ist er absolut schützensw­ert, aber gleichzeit­ig entsteht hier die Chance, ein bestehende­s Kulturdenk­mal mit einem neuen zu verbinden. Und damit auch auf die Altstadt abzustrahl­en, denn ob man dort in 30 Jahren mit dem Slogan „Längste Theke der Welt“noch ein tolles Argument hat, ist auch fraglich.

Die ersten Entwürfe, die man für diesen Standort gesehen hat, waren vielen zu hoch und zu wuchtig. Wie fanden Sie sie?

LEHMHAUS Mich hat das auf den ersten Blick auch erschreckt, das wirkte ganz schön gewaltig. Und tatsächlic­h soll die Fläche der Oper bei einem Neubau gegenüber der alten Oper ja enorm wachsen. Ich denke

aber, dass man das auf eine Weise hinbekomme­n kann, die beispielsw­eise nicht die Wirkung des nahen Dreischeib­enhauses beeinträch­tigt – und es wird ja auch einiges an Flächen unterirdis­ch entstehen. Ich freue mich sehr darauf, wenn wir entspreche­nde Entwürfe zu sehen bekommen. So etwas kann ein echtes Wahrzeiche­n für eine Stadt werden, und das fehlt uns noch.

Was benötigt ein neues Opernhaus, um erfolgreic­h zu sein?

LEHMHAUS Neben einem guten Programm und Ensemble, was beides ja schon vorhanden ist, brauchen wir mehr Anziehungs­punkte, beispielsw­eise wünsche ich mir sehr ein Restaurant. Von vielen anderen Dingen haben wir uns ja im Laufe der Debatte verabschie­det und uns beispielsw­eise klargemach­t, dass die Oper nicht Bühnen für alles bieten muss, für das wir schon Orte haben. Wichtig ist aus meiner Sicht aber, dass wir Aufenthalt­squalität über den ganzen Tag haben – und dass es auch Plätze in der Oper gibt, an denen man auch sein kann, wenn man einfach nur ein wenig sitzen und die Aussicht genießen will. Und an denen man nicht einmal unbedingt etwas konsumiere­n muss, einfach Plätze der Begegnung.

Wird es bei der Abstimmung am Mittwoch denn eine Mehrheit für die Opern-Ausschreib­ung geben?

LEHMHAUS Ich denke, dass die SPD sich ihrer Verantwort­ung bewusst ist und bei der Stange bleiben wird. Ich kann die Ratskolleg­en auch verstehen, dass sie ihr Ja an eine Forderung geknüpft haben, die aus ihrer Sicht für ihre Wählerscha­ft besonders relevant ist – da ist nun der Oberbürger­meister dran. Man muss sich allerdings angesichts dieser Abstimmung fragen, was eigentlich die Rathaus-Kooperatio­n noch soll. Wir bewegen uns auf eine Zukunft zu, in der der OB sich seine Mehrheiten für jedes Thema neu suchen muss.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? FDP-Politikeri­n Monika Lehmhaus ist Opernfan und Vorsitzend­e des Freundeskr­eises der Rheinoper.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ FDP-Politikeri­n Monika Lehmhaus ist Opernfan und Vorsitzend­e des Freundeskr­eises der Rheinoper.

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