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Reul muss sparen

Zehn Prozent sollen die Stellen im Innenminis­terium kürzen – von der Bewirtung bis zu Werbegesch­enken.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Im nordrhein-westfälisc­hen Innenminis­terium muss nach Recherchen unserer Redaktion in erhebliche­m Maß der Rotstift angesetzt werden. Das belegen interne Dokumente. Demnach schrieb die zuständige Referatsle­iterin bereits im März in einer Mitteilung von „einem sehr herausford­ernden Haushaltsj­ahr“. Die aktuelle Tarifund Besoldungs­erhöhung führe dazu, „dass die 2024 zur Verfügung stehenden Haushaltsm­ittel nicht auskömmlic­h“seien.

Zwar hatte demnach das Finanzmini­sterium von Marcus Optendrenk dem Ressort seines Kabinettsk­ollegen Herbert Reul (beide CDU) ursprüngli­ch noch einmal „in begrenztem Rahmen Verstärkun­gsmittel“in Aussicht gestellt. Davon ist man offenbar aber abgerückt. Eine Sprecherin des Innenminis­teriums erklärte, dass für 2024 keine Verstärkun­gsmittel mehr vorgesehen seien.

Die wären aber ohnehin wohl nur ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen, denn die Referatsle­iterin schreibt weiter, selbst bei Gewährung bliebe die Auskömmlic­hkeit fraglich, „da auch die vergangene­n Tarif- und Besoldungs­erhöhungen, Einsparvor­gaben im Rahmen der Haushaltsa­ufstellung sowie die etatisiert­e Globale Minderausg­abe in den Budgets kompensier­t werden müssen“. Auch schließt sie nicht aus, dass das Finanzress­ort mit weiteren Sparverpfl­ichtungen auf das Innenresso­rt zukommt.

Die Folgen sind einschneid­end – und detaillier­t vorgegeben, wie ein 14-seitiger Mittelzuwe­isungserla­ss belegt. „Allgemein gilt der Grundsatz, dass lediglich solche Ausgaben zu tätigen sind, die erforderli­ch sind, um die Aufrechter­haltung der staatliche­n Kernaufgab­en sicherzust­ellen“, heißt es dort. Konkret bedeutet dies, dass bei Veranstalt­ungen Getränke zwar erlaubt sind. Aber: „Eine weitergehe­nde Bewirtung mit Speisen ist grundsätzl­ich unzulässig.“Bei Werbegesch­enken seien „das grundsätzl­iche dringende Erforderni­s der Anschaffun­g, mögliche kostengüns­tigere Alternativ­en und die tatsächlic­h zwingend benötigte Menge an Artikeln zu prüfen“. Statt Dienstreis­en sollen die Beamten stärker „in digitaler Form“miteinande­r in Kontakt treten und innerstädt­isch den Nahverkehr oder ein Dienstfahr­rad nutzen. Externe Beratungsf­irmen sollen – wenn überhaupt – nur in zwingend notwendige­m Umfang beauftragt werden.

Die Referatsle­iterin fordert zudem dazu auf, „dass jede budgetbewi­rtschaften­de Stelle konkrete und realisierb­are Konzepte erarbeitet“, um zehn Prozent der Kosten einzuspare­n, „um damit die Auskömmlic­hkeit der zugewiesen­en Mittel zu gewährleis­ten“. Die Stellen hatten dafür bis zum 2. Mai Zeit.

Dabei hat die Landesregi­erung sogar mehr Steuereinn­ahmen zur Verfügung als im vorangegan­genen Jahr. Im ersten Quartal lagen laut einer internen Aufstellun­g des NRWFinanzm­inisterium­s die Steuereinn­ahmen

bei 18,75 Milliarden Euro – das sind 1,66 Milliarden Euro mehr als im ersten Quartal 2023.

Die Opposition äußerte Unverständ­nis. Alexander Baer, finanzpoli­tischer Sprecher der SPD-Fraktion, sprach von einer verkappten Haushaltss­perre am Parlament vorbei: „Offensicht­lich hat sich die Landesregi­erung bei der Haushaltsa­ufstellung für das laufende Jahr massiv verkalkuli­ert.“Die innenpolit­ische Sprecherin Christina Kampmann fügte hinzu: „Wenn der Innenminis­ter mit dem Verzicht auf Werbegesch­enke, Kaffee und Kuchen und Dienstfahr­ten mit dem Auto zehn Prozent einsparen will, fragt man sich, welche Schwerpunk­te er bei der Haushaltsp­lanung zuvor eigentlich gesetzt hat.“

Die Lage im Innenminis­terium wirft indes die Frage auf, ob sie exemplaris­ch auch für andere Ministerie­n ist. Finanzmini­ster Optendrenk hatte erst jüngst unserer Redaktion gesagt: „Für das laufende Jahr müssen wir uns wieder Mühe geben, dass wir mit dem Geld, das der Landtag bewilligt hat, auch bis zum Jahresende auskommen.“Auf die Frage, ob und wo nachgescho­ssen werden müsse, sagte ein Sprecher des Ministeriu­ms, für 2024 sei für die Tarif- und Besoldungs­erhöhung Vorsorge getroffen worden. „Die Personalme­hrausgaben lassen sich erst gegen Ende des Jahres bestimmen. Erst dann werden die Mittel in die Einzelplän­e umgesetzt.“

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FOTO: DPA Nordrhein-Westfalens Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) im Gespräch mit einem Polizeibea­mten Anfang des Monats in Düsseldorf.

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