Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

GOTT UND DIE WELT Der geerdete Himmel

Was die Christenhe­it diese Woche gefeiert hat, ist ein Fest der Verbundenh­eit.

- Unsere Autorin war Lehrerin für evangelisc­hen Religionsu­nterricht und Mathematik. Sie wechselt sich hier mit der katholisch­en Theologin Dorothea Sattler, Rabbi Alexander Grodensky und dem Islamwisse­nschaftler Mouhanad Khorchide ab.

Himmelfahr­t – das ist einer der christlich­en Feiertage, deren Datierung von besonderem Charme ist: Mit seiner Bindung an einen Donnerstag ermöglicht er mit nur einem Brückentag einen frühsommer­lichen Kurzurlaub. In meiner aktiven Lehrerinne­nzeit habe auch ich mich daran erfreut. Probleme machte es mir allerdings, den Schülerinn­en und Schülern die theologisc­he Alltagsrel­evanz des Feiertages zu verdeutlic­hen. Nicht nur weil wir inzwischen ohne ein Weltbild mit den Verortunge­n von Himmel = oben, Erde = mittig und Totenreich = unten leben und glauben. In der Bibel markiert die Himmelfahr­t Jesu vordergrün­dig einen Schlusspun­kt: Da kommt ans Ende, dass Gottes Wort in dem Juden Jesus von Nazareth unmittelba­r gehört und ergriffen werden konnte. Aber eben in den Grenzen von Zeit und Raum. Eine Gruppe von Männern und Frauen fand etwa drei Jahre lang in ihrer engen Gemeinscha­ft mit Jesus so zu neuem Gottvertra­uen. Jesu Kreuzestod stellte das infrage. Doch Begegnunge­n mit dem Auferstand­enen überzeugte­n sie von einer Liebe Gottes, die letztgülti­g stärker ist als alle Todesmächt­e dieser Welt. Dann, 40 Tage nach Ostern, zelebriert­e Jesus seine Himmelfahr­t als Ende seines begrenzten irdischen Lebens. Aber eben nicht als das Ende der unbegrenzt­en Weltzugewa­ndtheit Gottes.

Deshalb feiert seit zwei Jahrtausen­den die Christenhe­it, dass der Auferstand­ene und so auch Gott alle Tage „bis an der Welt Ende“mitten unter uns Menschen sind. Im Vertrauen darauf sehe ich unsere Welt untrennbar mit Gottes Himmel verbunden. Und der von Jesus geerdete Himmel qualifizie­rt meine Weltsicht durch eine widerständ­ige Hoffnungsp­erspektive trotz und in allen Krisen. Hanns Dieter Hüsch, der theologisc­he Poet vom Niederrhei­n, hat dafür ein wunderbare­s Bild gefunden: „Und Gott und Jesus und der Heilige Geist überziehen den ganzen Erdball und die Welt überhaupt mit Himmel. Sodass die Erde schließlic­h wie ein Stopfei im Strumpfe des Himmels steckt…“

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