Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Aus Opfern sollen Täter werden
Täglich begleiten uns Bilder und Berichte von Tod und Zerstörung aus dem Gazastreifen. Die Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung ist katastrophal. Es ist wahr: Die Menschen dort leiden brutal unter den Angriffen der israelischen Armee gegen Stellungen der Hamas. Zu verblassen scheinen hingegen die aufwühlenden Aufnahmen vom erbarmungslosen Massaker, das die radikalislamische Terrororganisation vor sieben Monaten, am 7. Oktober vergangenen Jahres, bei ihrem Überfall auf Israel angerichtet hat – obwohl das Ausmaß an Grausamkeit die Grenzen des Vorstellbaren sprengte. Das Vergehen der Zeit aber haben die schlimmsten Feinde Israels bewusst ins Kalkül gezogen. Es ist wie so oft in diesen emotional aufgeheizten Tagen: Aus Opfern sollen Täter werden.
An amerikanischen Universitäten und nun auch an deutschen scheint diese perfide Rechnung aufzugehen. Allerorten bringen sich Studentinnen und Studenten in Stellung, von denen sich vermutlich viele aufrichtig für das hehre Ziel einsetzen, dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten. Aber selbst diesen Wohlmeinenden müsste langsam klar sein, dass sie zugleich Teil eines bösen Spiels zu werden drohen. Es gibt ein paar Fragen, die gegenwärtig leider ausgeklammert werden: Warum schert die Hamas das Schicksal der eigenen Leute so wenig? Was geschah mit den Frauen, Männern, Kindern und Greisen, die als Geiseln genommen wurden?
Eine faire Analyse dessen, was derzeit im Nahen Osten passiert, kommt indes nicht ohne klare Antworten darauf aus. An Universitäten lernen Studentinnen und Studenten im besten Sinne, Sachverhalte mit der größtmöglichen Differenzierung zu betrachten. Sie sollten sich nicht zum Werkzeug antisemitischer Aktivisten machen lassen. Es ist nicht zuletzt Aufgabe der Lehrenden, dies zu verhindern.