Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Hunderttausende sind von Long Covid betroffen
Die Krankenkassen zahlen nicht für Medikamente, die außerhalb der Zulassung verordnet werden. Eine Arbeitsgruppe prüft seit Monaten.
Seit Beginn der Pandemie im Jahr 2020 haben sich Millionen Menschen in Deutschland ein oder mehrere Male mit Corona infiziert. Ein Teil von ihnen leidet seitdem an Long Covid. Was genau das ist, wie viele Menschen die Krankheit trifft und wie man sie behandeln kann, wird heftig diskutiert. „Bis heute kann die Forschung die Frage nicht beantworten, was genau Long Covid auslöst. Wir haben kein eindeutiges Krankheitsbild, keine speziellen Biomarker, aber eine Vielzahl von Symptomen“, erläutert Karin Maag vom Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Kassen (GBA). Für Betroffene habe das lange Leidenswege bedeutet und ein System, das auf sie nicht eingestellt war. Die Lage.
Zahl der Fälle Das Robert-KochInstitut (RKI) verweist auf eine Meta-Analyse aus Großbritannien, wonach die Häufigkeit von Symptomen mit Einschränkungen im Alltag nach vier bis zwölf Wochen zwischen 3,0 und 13,7 Prozent liegt. Nach zwölf Wochen leiden zwischen 1,2 und 4,8 Prozent der früheren Covid-Kranken noch an Symptomen. In einer Studie aus Deutschland werden 6,5 Prozent genannt, die sechs bis zwölf Monate nach einer Infektion noch Symptome haben, so das RKI. Das würde Hunderttausende Betroffene bedeuten. Zu den Symptomen zählen eingeschränkte Belastbarkeit (Fatigue), Konzentrationsund Gedächtnisprobleme (Brain Fog), anhaltende Atembeschwerden wie Kurzatmigkeit und Husten. Sie können einzeln oder in Kombination auftreten. Die Krankheit lässt sich schwer abgrenzen gegen andere wie das Chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS).
Behandlung Lange wurden Betroffene zwischen Institutionen hin und her geschickt. Gerade ist eine Richtlinie in Kraft getreten, die nun endlich die Versorgung einheitlich regeln soll: „Vorgesehen ist eine ärztliche Ansprechperson, in der Regel wird das ein Hausarzt sein“, erläutert Karin Maag. Dieser soll Diagnostik und Therapie koordinieren und wenn nötig Fachärzte einbeziehen. In besonders schweren Fällen stehe die spezialisierte ambulante
Versorgung in Hochschulambulanzen oder anderen Zentren zur Verfügung, so Maag.
Arznei Ein großes Problem ist, dass es keine Medikamente gibt, die zur Behandlung von Long Covid zugelassen sind. Patienten erhalten stattdessen Arznei „off label“verschrieben – diese zahlen die Krankenkassen in der Regel aber nicht. Im September hat der Bund eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die eine Liste mit Medikamenten erarbeiten soll, die für Long-Covid-Patienten auch außerhalb der Zulassung verordnet und von den Kassen bezahlt werden können. Doch die Arbeit schleppt sich dahin, eigentlich sollte es längst Ergebnisse geben. „Den Patienten kann eine solche Liste nur helfen, wenn sie auf einem soliden wissenschaftlichen Fundament steht“, meint das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Dazu würden jetzt Studien und praktische Erfahrungen ausgewertet, dann würden Experten entscheiden, welche Arznei auf die Liste komme. Für Betroffene ist das eine schwer auszuhaltende Experten-Bürokratie.