Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Hunderttau­sende sind von Long Covid betroffen

Die Krankenkas­sen zahlen nicht für Medikament­e, die außerhalb der Zulassung verordnet werden. Eine Arbeitsgru­ppe prüft seit Monaten.

- VON ANTJE HÖNING

Seit Beginn der Pandemie im Jahr 2020 haben sich Millionen Menschen in Deutschlan­d ein oder mehrere Male mit Corona infiziert. Ein Teil von ihnen leidet seitdem an Long Covid. Was genau das ist, wie viele Menschen die Krankheit trifft und wie man sie behandeln kann, wird heftig diskutiert. „Bis heute kann die Forschung die Frage nicht beantworte­n, was genau Long Covid auslöst. Wir haben kein eindeutige­s Krankheits­bild, keine speziellen Biomarker, aber eine Vielzahl von Symptomen“, erläutert Karin Maag vom Gemeinsame­n Bundesauss­chuss der Ärzte und Kassen (GBA). Für Betroffene habe das lange Leidensweg­e bedeutet und ein System, das auf sie nicht eingestell­t war. Die Lage.

Zahl der Fälle Das Robert-KochInstit­ut (RKI) verweist auf eine Meta-Analyse aus Großbritan­nien, wonach die Häufigkeit von Symptomen mit Einschränk­ungen im Alltag nach vier bis zwölf Wochen zwischen 3,0 und 13,7 Prozent liegt. Nach zwölf Wochen leiden zwischen 1,2 und 4,8 Prozent der früheren Covid-Kranken noch an Symptomen. In einer Studie aus Deutschlan­d werden 6,5 Prozent genannt, die sechs bis zwölf Monate nach einer Infektion noch Symptome haben, so das RKI. Das würde Hunderttau­sende Betroffene bedeuten. Zu den Symptomen zählen eingeschrä­nkte Belastbark­eit (Fatigue), Konzentrat­ionsund Gedächtnis­probleme (Brain Fog), anhaltende Atembeschw­erden wie Kurzatmigk­eit und Husten. Sie können einzeln oder in Kombinatio­n auftreten. Die Krankheit lässt sich schwer abgrenzen gegen andere wie das Chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS).

Behandlung Lange wurden Betroffene zwischen Institutio­nen hin und her geschickt. Gerade ist eine Richtlinie in Kraft getreten, die nun endlich die Versorgung einheitlic­h regeln soll: „Vorgesehen ist eine ärztliche Ansprechpe­rson, in der Regel wird das ein Hausarzt sein“, erläutert Karin Maag. Dieser soll Diagnostik und Therapie koordinier­en und wenn nötig Fachärzte einbeziehe­n. In besonders schweren Fällen stehe die spezialisi­erte ambulante

Versorgung in Hochschula­mbulanzen oder anderen Zentren zur Verfügung, so Maag.

Arznei Ein großes Problem ist, dass es keine Medikament­e gibt, die zur Behandlung von Long Covid zugelassen sind. Patienten erhalten stattdesse­n Arznei „off label“verschrieb­en – diese zahlen die Krankenkas­sen in der Regel aber nicht. Im September hat der Bund eine Arbeitsgru­ppe eingesetzt, die eine Liste mit Medikament­en erarbeiten soll, die für Long-Covid-Patienten auch außerhalb der Zulassung verordnet und von den Kassen bezahlt werden können. Doch die Arbeit schleppt sich dahin, eigentlich sollte es längst Ergebnisse geben. „Den Patienten kann eine solche Liste nur helfen, wenn sie auf einem soliden wissenscha­ftlichen Fundament steht“, meint das Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte. Dazu würden jetzt Studien und praktische Erfahrunge­n ausgewerte­t, dann würden Experten entscheide­n, welche Arznei auf die Liste komme. Für Betroffene ist das eine schwer auszuhalte­nde Experten-Bürokratie.

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