Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Viele Praxen finden keinen Nachfolger und viele Patienten keinen Allgemeinmediziner. Wie es trotzdem klappen kann.
Wer zum Studium auszieht oder neu in eine Stadt kommt, hat schnell ein Problem: Wie findet man einen Hausarzt? Denn längst nicht jede Praxis nimmt mehr neue Patientinnen und Patienten an, manche ist bereits ausgelastet mit der Versorgung ihrer Patienten.
Wie schwer ist es, einen neuen Hausarzt zu finden?
Es wird immer schwerer. „Die Zahl der Hausärzte schrumpft auch in städtischen Gebieten, entsprechend steigt die Arbeitsbelastung in den Praxen“, sagt Oliver Funken, Chef des Hausärzteverbands Nordrhein, zunehmend gebe es Probleme bei der Versorgung zu Hause. In Westfalen-Lippe fehlen 240 Hausärzte, teilt die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KV WL) mit. Im Rheinland fehlen 116 Hausärzte, so die KV Nordrhein. Das Problem wird sich verschärfen, denn absehbar gehen viele in den Ruhestand: 37 Prozent der 6400 Hausärzte im Rheinland sind über 60 Jahre alt. Allerdings gibt es keine feste Altersgrenze für niedergelassene Mediziner. „Schon heute sind 40 Prozent der Hausärzte in Westfalen-Lippe über 60 Jahre alt. Das zeigt die Dringlichkeit des Nachwuchsproblems“, heißt es auch bei der KV WL. Vor allem treffe es den ländlichen Bereich, da sich nicht genug junge Mediziner für eine eigene Praxis entscheiden.
Wie finden junge Menschen und Zugezogene einen neuen Hausarzt?
Der Rat der KV Nordrhein: Grundsätzlich sollten Versicherte geeignete Praxen vor Ort persönlich oder telefonisch kontaktieren, um mögliche Behandlungskapazitäten erfragen. „In dringenden medizinischen Fällen hilft oftmals die kollegiale Vermittlung. Das heißt: Patienten können Hinweise auf alternative Praxen in der Region erhalten, die noch über freie Kapazitäten verfügen“, sagt Christopher Schneider von der KV Nordrhein. Wichtig sei es, eine Bindung einzugehen, rät Hausarzt Funken. Man sollte Anfragen an mehrere Praxen richten, auch mit dem Ziel, sich dort in eine hausärztliche Versorgung einzuschreiben. Das sind spezielle Programme der Krankenkassen.
Wie funktioniert die Termin-Servicestelle?
Die Termin-Servicestelle (TSS) ist über die kostenlose Nummer 116 117 rund um die Uhr erreichbar. Sie vermittelt bei Bedarf einen Termin bei einem Haus- oder Facharzt sowie Psychotherapeuten – Letzteres insbesondere im Fall einer Überweisung mit medizinischer Dringlichkeit. „Dann erhalten Erkrankte einen Termin innerhalb von vier Wochen. Es besteht allerdings kein Anspruch auf einen Wunschtermin bei einem Wunscharzt“, betont Schneider. Auch kann es längere Anfahrtswege geben. Ein dauerhaftes Behandlungsverhältnis könne die TSS nicht vermitteln.
Müssen Ärzte Notfälle zwingend behandeln?
Generell dürfen Ärzte – außer in Notfällen – neue Patienten ablehnen, betont die KV WestfalenLippe.
„Sofern eine Praxis ihre Belastungsgrenze als erreicht ansieht, kann sie prinzipiell die Aufnahme weiterer Patienten ablehnen“, sagt auch Schneider. Aber: „Im Fall akuter gesundheitlicher Notfälle darf kein Vertragsarzt eine Behandlung ablehnen, dies ergibt sich auch schon aus der ärztlichen Berufsordnung.“Die Einschätzung, ob eine Notsituation vorliege, obliege dem Arzt.
Gibt es für Praxen zusätzliches Geld für Neupatienten?
Bis 2022 gab es ein Extrahonorar, wenn Praxen neue Patienten annahmen. Diese Regelung hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aber nicht verlängert. „Die Streichung der Neupatienten-Regelung zum Januar 2023 hatte die gesamte Vertragsärzteschaft erheblich kritisiert. Um die Situation der Praxen und Patienten wieder nachhaltig zu verbessern, bräuchte es nun vor allem eine vollständige Entbudgetierung im hausärztlichen Versorgungsbereich“, fordert die KV Nordrhein.