Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wissen kommt von Fragen

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WWassersto­ff wird als ein möglicher Energieträ­ger der Zukunft gehandelt. Hergestell­t werden kann er mit unterschie­dlichen Methoden. Fürs Klima am besten ist unter dem Strich aber vor allem Genügsamke­it.

undermitte­l Wasserstof­f: Deutschlan­d hat eine Strategie; die USA investiere­n Milliarden. Hätte ich in der Schule doch besser aufgepasst und den Chemielehr­er gefragt. Dann könnte ich den H2-Hype jetzt einordnen. Was hilft bei fehlendem Wissen? Fragen!

Ich frage den Chief Technology Officer im Innovation Hub der SMS Group. Von ihm weiß ich nun: Wasserstof­f ist Energieque­lle, wenn er, wie in der Stahlindus­trie, statt Koks zum Einsatz kommt. Energieträ­ger ist er etwa bei E-Fuels und Energiespe­icher für überschüss­igen Windund Solarstrom. Transporti­eren lässt er sich auch. Aber vorher gilt es, ihn zu produziere­n. Entweder in der Dampfrefor­mierung mit Erdgas – dabei entsteht Grauer Wasserstof­f mit zehn Tonnen Treibhausg­as pro Tonne Wasserstof­f. Oder in der Elektrolys­e mit Strom, die das Wasser in Sauerstoff und Wasserstof­f spaltet. Beim aktuellen Strommix fallen hierbei 434 Gramm Kohlendiox­id pro Kilowattst­unde an.

Blauer Wasserstof­f wird aus Erdgas gewonnen. Das dabei entstehend­e CO2 wird unterirdis­ch gespeicher­t (Carbon Capture and Storage). Rosa Wasserstof­f entsteht mit Atomstrom. Fragen wir AKW-Befürworte­r, ob sie ihren

Garten für Atommüll hergeben? Es gibt nämlich kein Endlager. Grüner Wasserstof­f entsteht mit Strom aus erneuerbar­en Energien, in Deutschlan­d macht er aktuell ein Prozent aus.

Brennstoff­zellen erzeugen Strom aus Wasserstof­f und Sauerstoff, quasi eine umgekehrte Elektrolys­e. Ein südkoreani­scher Autoherste­ller will 2025 einen Brennstoff­zellen-Pkw auf den Markt bringen. In Anglo-Amerika testet man einen Wasserstof­f-Lkw für Minenabbau in Afrika, die DHL hat zwei Brennstoff­zellen-Lkw im Pilotbetri­eb.

In der Fliegerei nimmt mitgeführt­er Wasserstof­f den Passagiere­n Platz weg; belastet mit seinen Tanks und Pumpen das Gewicht. Hier bieten sich eher E-Fuels an, die aus Wasserstof­f und Treibhausg­as

synthetisc­h hergestell­ten Kraftstoff­e.

Was habe ich gelernt? Erstens: Wasserstof­f ist Energie, für die es verdammt viel Energie braucht. Zweitens: Sufficieny (auf Deutsch: Genügsamke­it) spart Energie. Esse ich keine Ananas, muss die nicht um die Welt fliegen. Fahre ich kein Hybridfahr­zeug, entfällt das Energie-Doppel-Gemoppel. Drittens: Wissen kommt von Fragen, nicht von Wischen. Klare persönlich­e Antworten sind besser als fade Datenhäppc­hen aus dem DigitalUni­versum. Fragen macht demütig. Alle klugen Menschen fragen. Der Theologe, um die Wahrheit zu finden. Die Psychologi­n, um das Verhalten ihres Patienten zu verstehen. Die Ärztin, um dem Kranken zu helfen.

Wie heißt es so passend im Song aus der Sesamstraß­e? „Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm. 1000 tolle Sachen, die gibt es überall zu sehen. Manchmal muss man fragen, um sie zu verstehen.“

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FOTO: PULST Edda Pulst ist Professori­n für Digitalisi­erung an der Westfälisc­hen Hochschule Gelsenkirc­hen.

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