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Warum ich ein Swiftie bin
Die Hingabe der Anhängerschaft von US-Megastar Taylor Swift ist legendär. Ein Fan erzählt, warum sie die Sängerin schon in ihrer Kindheit bewundert hat und warum ihre Songtexte ihr Leben verändert haben.
Wegen Taylor Swift fühle ich mich weniger allein. Mit ihr bin ich Teil von etwas Großem – und groß ist die Welt rund um Taylor Swift. Als sie 2006 ihr erstes Album veröffentlichte, war ich noch ein kleines Kind. Ich bin ihrer Musik bereits begegnet, als ich noch zu jung war, um aktiv ein Fan zu sein. Doch seitdem war sie immer präsent, immer Teil der Charts, immer irgendwo um mich herum. Ich kann nicht genau sagen, wann ich in die Welt der Swifties eingetaucht bin. Wahrscheinlich war es irgendwo zwischen meinem ersten Liebeskummer und den immer größer werdenden Komplexen wegen meines Körpers. Mein Teenager-Ich hat nach Verständnis und Unterstützung gesucht und Taylor Swift gefunden.
Ihre Musik macht etwas mit mir, was die meisten anderen nicht schaffen. Oft finde ich meine Gedanken und Gefühle in ihren Songtexten wieder, noch bevor ich selbst so weit bin, sie auszusprechen. Taylor Swifts Texte sind eine Mischung aus Poesie, Geschichten und der ungefilterten Wahrheit. Dadurch, dass sie hauptsächlich autobiografisch schreibt und das auch offen kommuniziert, sind ihre Worte so nachvollziehbar und echt. Es fühlt sich nicht an, als würde sie krampfhaft versuchen, den Nerv der Zeit zu treffen. Sie schreibt über das, was sie begeistert oder auch zerreißt – einfach über ihr Leben. Und das ist mindestens genauso eine Achterbahn der Gefühle wie das der meisten. Zu fast jeder Situation, durch die ich in den letzten Jahren musste, gibt es einen passenden Taylor-Swift-Song, der mir das Gefühl gibt, nicht allein mit meinen Problemen zu sein: das erste Mal verliebt. Sich nicht richtig fühlen. Trauer. Herzschmerz.
In Interviews spricht Taylor Swift selten über ihr Privatleben, dadurch werden ihre Songs umso intimer, denn sie sind der einzige Einblick in ihr Leben. Als Taylor-Swift-Fan bekommt man den Schlüssel zu der unendlichen Welt der Swifties geschenkt. Eine Community, die so groß und bunt ist, die sich durch mehrere Generationen zieht und in den vergangenen Jahren durch Social Media immer stärker und präsenter wurde. Das Gefühl, mit so vielen Menschen auf der ganzen Welt die Begeisterung für eine Person zu teilen, ist unglaublich stärkend. Und Taylor Swift prägt dieses Fandom mit ihren Werten.
Für mich lebt sie einen modernen Feminismus vor, der Girlhood wieder cool macht und für die Unterstützung weiblicher Interessen steht. Wir leben in einer so männerdominierten Welt, dass es umso wichtiger ist, einen riesigen Star wie Taylor Swift als Vorbild haben zu können.
Dass sie eine unglaubliche Performerin ist, steht außer Frage. Die Konzerte ihrer „Eras“-Tour dauern mehr als drei Stunden, sie spielt 44 Songs aus all ihren Alben. Dazu ist fast jeder Schritt durchchoreografiert, jede „Era“hat eine andere Inszenierung. Sie muss Stimmbänder aus Stahl haben, um so viele Shows in kürzester Zeit durchzuhalten. Obwohl jedes Konzert bis auf die Minute durchgeplant ist, baut sie eine persönliche Bindung zu den Fans auf. Und sie interagiert mit dem Publikum, auch außerhalb ihrer Tour.
Auf Social Media reagiert sie immer wieder auf Posts von Fans und erzählt in Interviews davon, wie sie wieder die verrücktesten Theorien über ihre Songs im Internet gesehen hat, was uns Swifties das Gefühl gibt, dass sie uns sieht und wahrnimmt. Vor einigen Jahren hat sie sogar Fans dazu eingeladen, sich mit ihr zu treffen und gemeinsam, noch vor der Veröffentlichung, neue Songs zu hören. Diese Nahbarkeit ist absolut nicht selbstverständlich für einen Star mit einer so großen Reichweite. Sie gibt mir durch ihre privaten Texte das Gefühl, sie zu kennen. Und wer würde nicht gerne sein Idol kennenlernen?
Mir persönlich hat die „Reputation“-Era am meisten Kraft gegeben. Ich war 17, als das Album veröffentlicht wurde. Ich stand kurz vor dem Abitur und steckte mitten in einer Phase, in der ich von niemandem hören wollte, was ich zu tun oder zu lassen habe. Diese „Era“steht genau dafür – sich nicht von den Meinungen anderer unterkriegen zu lassen. Nach all dem Hate, den sie vorher bekommen hatte, ist sie mit „Reputation“nach einer Pause wieder zurückgekehrt und hat sich klar gegen Hass und Sexismus und für Gleichberechtigung positioniert. Gleichzeitig hat sie aber auch mit der alten Taylor abgerechnet und sich neu erfunden, was mich damals sehr geprägt hat und mir den Mut zur Veränderung gab.
Taylor Swift schafft Platz für unsere Gefühle und Gedanken, ohne dass wir sie aussprechen müssen. Von außen sehen viele Menschen wahrscheinlich nur Tausende junger Frauen, wie sie Freundschaftsarmbänder basteln, vor Stadien campen und einen Popstar feiern – doch für Swifties ist sie ein Vorbild, das wir nie suchen mussten, weil es schon immer da war.
Autorin Laura Rukavina ist 23 Jahre alt und lebt in Düsseldorf. Sie studiert an der Robert-Schumann-Hochschule Musik und Medien im zehnten Semester mit dem Hauptfach Jazz-/Pop-Gesang.