Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Portugiesische Konsulin geht nach New York
Lídia Nabais war vier Jahre lang als Diplomatin in Düsseldorf und zuletzt auch Doyenne des Konsularischen Korps.
Es ist ein Sommer der Abschiede in der Düsseldorfer Diplomatie. Das Kommen und Gehen an sich gehört ja durchaus dazu im Diplomatenwesen: Mit den Generalkonsulinnen Lídia Nabais (Portugal), Pauline Kao (USA) und Iryna Shum (Ukraine) verlassen dieses Jahr jedoch in kurzer Zeit gleich drei Frauen Düsseldorf, die hier zu gern gesehen Gesichtern der Stadtgesellschaft geworden sind, die viel bewegt haben für ihre jeweiligen Landsleute, aber auch für Düsseldorf und für das Miteinander von Frauen. Lídia Nabais ist zudem nicht nur Generalkonsulin von Portugal in Nordrhein-Westfalen, sondern seit dem vergangenen Jahr auch als Doyenne die Wortführerin des konsularischen Korps.
„Dass ich diesen Sommer Düsseldorf verlassen werde, wusste ich schon, als ich das Amt der Doyenne übernommen habe“, sagt sie: „Trotzdem habe ich mich gefreut, diese schöne Aufgabe zu übernehmen und ihr meinen Stempel aufzudrücken.“Und das hat sie in den vergangenen Monaten beharrlich und fleißig getan, das konsularische Korps bei zahlreichen Gelegenheiten vertreten und mit Politikern an einen Tisch gebracht.
Die Aufgabe, sagt sie, sei nicht leicht gewesen, denn ihr Vorgänger Jakub Wawrzyniak (Polen) hatte sie zuvor ungewöhnlich lange innegehabt und sie quasi komplett neu definiert, sie fast wie einen zweiten Hauptjob gestaltet. „Er hat das großartig gemacht und damit tolle Dinge bewegt, aber uns war auch klar, dass man das nicht unbedingt in gleicher Weise so weiterführen kann“, sagt sie.
Lídia Nabais ist verheiratet, Mutter zweier Kinder und, wie sie lächelnd erzählt, Besitzerin einiger Hunde. Im September wird sie 25 Jahre im diplomatischen Dienst sein. Und das, obwohl die studierte Juristin nach dem Examen eigentlich gern Staatsanwältin werden wollte. Um die Wartezeit auf das zusätzlich nötige Studium zu überbrücken, habe sie sich im diplomatischen Dienst beworben, die Prüfung bestanden und
angefangen. „Ursprünglich wollte ich nur ein Jahr bleiben – aber dann war ich einfach begeistert von den höflichen und klugen Kollegen und der Weltoffenheit, die dort herrschte“, sagt sie lachend: „Es hat mir so gut gefallen, dass ich geblieben bin.“
Geholfen haben ihr wohl auch ihre Sprachkenntnisse, die sie schon als Kind und Jugendliche auszubauen begann. Auch Deutsch konnte sie schon, als sie im August 2020 nach Düsseldorf kam – auch wenn sie selbstkritisch betont, es sei eigentlich nicht sonderlich gut. (Was nicht stimmt.) Gelernt hatte sie es im Goethe-Institut: „Ich konnte schon Englisch, Französisch und Spanisch und wollte gerne eine exotischere Sprache lernen“, sagt sie: „Damals war
Deutsch die exotischste Sprache, die ich gefunden habe.“
Vor Düsseldorf hatte sie zuletzt im portugiesischen Außenministerium gearbeitet, davor in den portugiesischen Botschaften in Paris und in Algerien. Jede Station, sagt sie, sei etwas Besonderes, so manche aber auch ganz anders, als man es von außen erwarten würde. So hätten sich Familie und Freunde sehr gesorgt, als sie nach Algerien ging, das wegen der zahlreichen Anschläge in den 1990er-Jahren während des Bürgerkrieges als gefährliches Pflaster galt. „Aber wegen der starken Militärpräsenz habe ich mich dort im Grunde sicherer gefühlt als in Paris, wo ich in wenigen Jahren gleich mehrere Anschläge erlebt habe.“
Mit Düsseldorf wird in ihrer Erinnerung zwangsläufig auch die Corona-Pandemie verbunden bleiben, denn als sie im August 2020 hier ankam, war das Leben ein ganz anderes als heute. „Die erste Phase war wegen der vielen Beschränkungen auch nicht im klassischen Sinne produktiv, aber ich habe auf diese Weise die Stadt bei vielen Spaziergängen bestens kennenlernen können“, sagt sie: „Außerdem brauchte mich da unsere Community natürlich besonders.“
Auf ihre Landsleute in NRW und ganz Deutschland ist sie sehr stolz – sie seien bestens integriert, gleichzeitig pflege die ältere Generation noch die portugiesischen Traditionen: „Beispielsweise grillen sie auch
hier von Mai bis Oktober Sardinen“, sagt sie schmunzelnd. „Und ich sehe auch immer sehr viele Deutsche bei den portugiesischen Festen, es wird dort viel Deutsch gesprochen.“Freilich wird so auch zur immer größeren Herausforderung, ihre Sprache hier lebendig zu halten: „Viele Portugiesen hier in NRW heiraten keine Landsleute und sprechen deshalb zu Hause auch eher eine andere Sprache. Deshalb arbeiten wir auch daran, portugiesisch wieder in mehr Schulen anzubieten und die Sprache stärker zu fördern.“
Mitnehmen wird sie aus Düsseldorf aber auch die Gemeinschaft der Diplomatinnen und Diplomaten, besonders aber der Frauen untereinander. Die weiblichen Mitglieder des konsularischen Korps sind in einer Whatsapp-Gruppe eng im Austausch und treffen sich auch im echten Leben immer wieder, um Themen gemeinsam voranzutreiben. Bei Veranstaltungen sieht man sie zusammenstehen und gemeinsam lachen. „Wir haben immer wieder vorgelebt, wie Frauen-Solidarität funktioniert, und ich habe echte Freundinnen gefunden.“
Zum Abschluss hat sie noch einmal ein Highlight vor sich – die anstehende Fußball-Europameisterschaft, bei der sie ihrem Heimatland große Chancen ausrechnet. Erst recht, wenn sie selbst sich im Stadion aufhält, wie sie augenzwinkernd anmerkt: „Ich sehe mich als großen Glücksbringer für unser Team“, sagt Lídia Nabais. Gegen Ende ihrer Station
in Paris habe sie noch die Euro 2016 als letztes großes Event dort begleitet – „und wir wurden prompt Europameister.“Entsprechend groß sind die Erwartungen, dass sie Düsseldorf mit einem ähnlichen Paukenschlag verlassen kann.
Bis dahin ist das Turnier für sie und die anderen Generalkonsuln aus Teilnehmerländern aber noch mit viel Arbeit verbunden. Sie befassen sich mit der Sicherheit in den Stadien und in den Fan Zones, in denen auch die Fans aus ihren Ländern erwartet werden, und organisieren die Stadien-Besuche der Politiker aus ihrem Land und ihre möglichen weiteren Termine.
Und dann der Abschied, über den man ehrlicherweise sagen muss, dass er bei aller Sympathie für Düsseldorf nicht zu schmerzhaft werden dürfte – denn es geht in ein echtes Abenteuer. Lídia Nabais wird politische Beraterin für ihr Land bei den Vereinten Nationen in New York. „Ich liebe die Stadt und freue mich sehr auf die neue Aufgabe, auch wenn ich Düsseldorf in den vergangenen Jahren sehr lieb gewonnen habe“, sagt sie. Und noch mehr freut sich wohl ihre 15-jährige Tochter, „das ist ja auch klar, ein Teenage-Girl in New York City“.
Für Diplomaten gehört ein Umzug alle paar Jahre zum Leben dazu, in der Weltmetropole allerdings ist die Wohnungssuche auch für sie eine Herausforderung. Die Mieten sind auch für jemanden, der aus Düsseldorf umzieht, noch einmal eine ganz andere Dimension – und Diplomaten als Mieter überraschenderweise gar nicht überall gern gesehen. „Da gibt es sogar Anzeigen, in denen steht: No Pets, no Diplomats“(Keine Haustiere, keine Diplomaten), erzählt die Generalkonsulin. Das liege zwar eher an reinen Passdiplomaten, die in Städten wie New York oder Paris in großer Zahl leben und mit denen mancher Vermieter schon Ärger hatte. Aber in der Folge wird es auch für sie und ihre Kollegen schwerer. Finden werde sie aber ganz sicher etwas, und die Vorfreude sei schon groß. Düsseldorf aber, verspricht sie, wird sie sicher im Herzen behalten.