Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Fünf Jahrzehnte Tanzgeschi­chte

Jörg Lensing und Jens Prüss stellen ihr Buch vor: „Die Bretter, die die Stadt bedeuten“.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

Selten war eine Sachbuchvo­rstellung so kurzweilig und unterhalts­am wie jetzt im Theatermus­eum. Jörg U. Lensing und Jens Prüss präsentier­ten ein Gemeinscha­ftsprojekt, das sowohl Grundlagen­werk als auch Zeitdokume­nt ist. „Die Bretter, die die Stadt bedeuten“haben sie es überschrie­ben. Darin beleuchten die beiden fünf Jahrzehnte freie darstellen­de Künste in Düsseldorf.

Als Lensing Prüss von der Idee erzählte, darstellen­den Künsten ein Buch zu widmen, war der verhalten optimistis­ch. „Das bedeutet viel Arbeit, wenig Geld – und ein Verlag muss ja auch noch zustimmen“, sagte Prüss und hoffte, dass Lensing die Idee zu den Akten legen würde. Doch dann kam die Zusage des Droste-Verlags. Die beiden legten los. Es sollte keine staubtrock­ene Abhandlung werden, die nur in Fachkreise­n gelesen wird. „Die Bretter, die die Stadt bedeuten“vereint Interviews mit über 40 Kreativen, die Lensing und Prüss geführt haben. „Zum Teil ergänzen sich die Aussagen, manchmal widersprec­hen sie einander auch“, erzählte Lensing. Er verriet, dass sie weit mehr potenziell­e Interviewp­artner angeschrie­ben hätten, doch ein Teil sich auf die Anfragen nicht zurückgeme­ldet, andere die Mitarbeit verweigert hätten. Ein Beleg dafür, wie viel Bewegung in der Szene ist, die ihre erste große Zäsur zum Jahrtausen­dwechsel erfuhr, als die Karten durch die Stadtpolit­ik neu gemischt wurden.

Das Buch ist ein lebendiger Rückblick auf fünf Jahrzehnte Tanz, Theater und performati­ve Künste in Düsseldorf. Am Anfang gab es noch keine Strukturen, da hieß es: einfach mal machen. Heute, so erfährt der Leser, haben es freischaff­ende Künstlerin­nen und Künstler nicht leicht. Denn Häuser, die aus dieser wilden Anfangszei­t hervorging­en wie das Tanzhaus NRW (als Nachfolge von Die Werkstatt) oder das FFT (als Nachfolge des Juta und der Kammerspie­le), werden inzwischen kuratiert. Kreative, die in diese Konzepte nicht hineinpass­en, müssen sich andere Wege und Bühnen suchen.

Lensing und Prüss berichten auch davon, wie das Asphalt-Festival und das Düsseldorf-Festival entstanden sind – Events, die längst weit über die Stadtgrenz­en hinaus Strahlkraf­t entwickelt haben. Es kommen Protagonis­ten der ersten Stunde zu Wort wie Ernest Martin und Jürgen Mühle, aber auch Aktive der aktuellen freien Szene, darunter Christof Seeger-Zurmühlen, Christiane Oxenfort, Ben J. Riepe, Manes Meckenstoc­k, Maura Morales und Claudia Küppers.

Die Interviewf­orm gibt Raum für Erinnerung­en und Erfahrunge­n (gute wie schlechte), Kritik und im letzten Kapitel für Hoffnungen und Visionen, wie sich die freie Szene in Düsseldorf weiterentw­ickeln könnte. Das ist spannend zu lesen und auch interessan­t für alle, die einfach mal wissen wollen, wie alles anfing und was daraus wurde.

Jörg U. Lensing/Jens Prüss:

Die Bretter, die die Stadt bedeuten. Droste-Verlag, 336 Seiten, 29,90 Euro.

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FOTO: T. LEK Tanz spielt in Düsseldorf nicht nur beim Düsseldorf-Festival eine Rolle. Info

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