Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
So funktionieren Fahrtenbücher
Wer ein Fahrtenbuch führt, dokumentiert jede Fahrt akribisch. Den Sinn dahinter kennt aber längst nicht jeder.
Manche führen es freiwillig, um Steuern zu sparen, und anderen wird es auferlegt. Die Rede ist vom sogenannten Fahrtenbuch. Was es genau damit auf sich hat, erläutern ein Steuerexperte und zwei Verkehrsrechtsanwälte. Allein die Expertenauswahl deutet schon darauf hin, dass es grundsätzlich zwei Arten von Fahrtenbüchern gibt: Einmal kann es ein Hilfsmittel zur Steuerermittlung sein. Im Zusammenhang mit dem Verkehrsrecht kann das Führen eines solchen Buches aber auch eine Auflage sein. Dazu können Fahrzeughalter nach Verkehrsordnungswidrigkeiten oder Straftaten im Straßenverkehr verpflichtet werden. Und zwar immer dann, wenn der tatsächliche Täter nicht ermittelt werden konnte und Halter an der Aufklärung nicht mitgewirkt haben.
Aus der Sicht des Finanzamts ist die private Nutzung eines Firmenwagens ein sogenannter geldwerter Vorteil, für den Einkommensteuer entrichtet werden muss. Für diese Besteuerung gibt es zwei Wege der Ermittlung: Die sogenannte Ein-Prozent-Regelung oder die Fahrtenbuch-Methode, anhand derer die tatsächlichen Kosten aller Dienst- und Privatfahrten errechnet und entsprechend versteuert werden. Zuerst muss man sich fragen, wie hoch der private oder der betriebliche Nutzungsanteil eines Firmenwagens ist. Ob das Auto neu oder gebraucht gekauft wurde, ist ein wichtiger Faktor. Denn je älter der Firmenwagen, desto ungünstiger ist meistens die Ein-Prozent-Regelung. Oder ob man ein E-Auto oder Plug-in-Hybrid als Firmenwagen nutzt. Beide werden steuerlich begünstigt.
Als Faustregel gilt: „Ein hoher betrieblicher Nutzungsanteil
spricht eher für das Fahrtenbuch, ein hoher privater Nutzungsanteil für die Ein-Prozent-Regelung“, erklärt Carsten Nicklaus vom Deutschen Steuerberaterverband (DStV). Bei Einzelunternehmern und Personengesellschaften muss die betriebliche Nutzung mindestens 50 Prozent betragen, sonst ist die Ein-Prozent-Regelung nicht anwendbar.
Grundsätzlich muss jede einzelne Fahrt notiert werden. Unterteilt wird in berufliche Fahrten und private Fahrten, die Wege von der Wohnung zum Betrieb und gegebenenfalls sogenannte Familienheimfahrten. Immer muss man aufschreiben: Datum, Kilometerstand am Anfang und Ende der Fahrt, gefahrene Kilometer, Zielort. Bei beruflichen Fahrten sollte die genaue Adresse
eingetragen werden und der Gesprächspartner. „Das Ganze muss in gebundener Form sein – Excel-Tabellen und Lose-Blatt-Sammlungen gehen nicht, damit im Nachhinein Seiten nicht ausgetauscht oder manipuliert werden können“, erklärt Carsten Nicklaus. Korrekturen sind erlaubt, müssen aber offen und transparent sein und erkennen lassen, was ursprünglich eingetragen wurde.
Es gibt auch digitale Fahrtenbücher. Entweder hat der Fahrer eine Handy-App, auf der er seine Fahrten selbstständig protokolliert. Oder er sucht sich einen Anbieter mit einem sogenannten On-Board-Diagnose-Modul mit GPS und LTE-Verbindung. Das ist ein Stecker, der mit der Fahrzeugelektronik verbunden wird und sich von dort Fahrtdaten holt, die auf dem Server des
Anbieters gespeichert werden. Auch hier ist wichtig, dass man nicht im Nachhinein manipulieren kann. Dafür müssen die Anbieter digitaler Fahrtenbücher gewisse Anforderungen erfüllen, nur dann gelten sie als „revisionssicher“. Das bedeutet, dass die Vollständigkeit und Unveränderbarkeit der relevanten Dokumente vom Finanzamt geprüft werden kann.
Es darf nicht lückenhaft sein und muss alle genannten Angaben enthalten. Wer die handgeschriebene Version bevorzugt, kann im Schreibwarenhandel ein Fahrtenbuch kaufen. Darin sind in der Regel alle Kategorien vorgedruckt. „Einfach brav ausfüllen und leserlich schreiben, dann ist man auf der sicheren Seite“, sagt Nicklaus.
Nun zum Fahrtenbuch, das als Auflage der Verwaltungsbehörden bei bestimmten
Verkehrsordnungswidrigkeiten verhängt wird. „Es geht um Verstöße im fließenden Verkehr, bei denen der tatsächliche Fahrer am Ende nicht ermittelt werden kann“, sagt ADAC-Clubjurist Stephan Miller. Die Fahrtenbuchauflage muss dann aber trotzdem verhältnismäßig sein – das ist sie in der Regel, wenn der zugrunde liegende Verstoß mit einem Punkt bewährt ist. Ist die Ordnungswidrigkeit geringfügig, kann die Auflage nur bei einer extremen Häufung eines Vergehens angewendet werden.
Das Rechtsprinzip dahinter: Künftigen, nicht nachvollziehbaren Verstößen mit diesem Fahrzeug soll vorgebeugt werden. Bei einem Firmenfuhrpark kann das auch mehrere Fahrzeuge betreffen. Der juristische Knackpunkt ist: „Der Halter hat an der Aufklärung nicht mitgewirkt – hier geht es in der Rechtssprechung darum, ob der Fahrzeughalter eine gewisse Kontrolle darüber hat, wer sein Fahrzeug nutzt“, erklärt Thomas Noack, Verkehrsrechtsanwalt aus Berlin.
Der Halter muss in der Lage sein, den Personenkreis zu benennen, der in einem gewissen Zeitraum Zugriff auf das Fahrzeug hatte und er ist zur Auskunft verpflichtet. Noack nennt ein Beispiel aus dem Kanzleialltag: Der Sohn, der noch in der Probezeit des Führerscheins ist, wurde geblitzt. Als Halter hat der Vater eine Anhörung bekommen. Es ist dann völlig legitim zu sagen, er sei nicht am Steuer gesessen, auf sein Fahrzeug hatten außer ihm seine Frau und sein Sohn Zugriff. Der Halter benennt beide mit Namen und Adresse. Damit hat er bei der Aufklärung ausreichend mitgewirkt. Dass der Halter vielleicht sogar weiß, wer fuhr, spielt keine Rolle.
Die Behörde ist verpflichtet, den wirklichen Fahrer zu ermitteln. Sie kann nicht einfach behaupten, der Halter sei gefahren und ihn dann mit einer Fahrtenbuchauflage belegen. „Und in der Regel gilt, dass die Behörde innerhalb von zwei Wochen den Halter anhören muss, um ihm die Chance zu geben, sich zu erinnern, wer am besagten Tag gefahren ist“, erklärt Thomas Noack.
In vielen Bundesländern sind es sechs Monate, in denen man ein Fahrtenbuch führen muss. In Berlin, laut Thomas Noack erfahrungsgemäß ein Jahr. Gesetzlich ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Notiert werden müssen laut Stephan Miller: Name, Vorname, Anschrift des Fahrzeugführers, Kennzeichen, Datum und Uhrzeit des Fahrtbeginns und Uhrzeit des Fahrtendes, dazu noch die Unterschrift des Eintragenden. Und das sofort bei Fahrtbeginn und -ende.