Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

DHC-Frauen gewinnen den Titel

Die Düsseldorf­erinnen sind zum dritten Mal Deutscher Meister im Feldhockey. Das Team um Selin Oruz gewinnt das Endspiel in Bonn gegen Titelverte­idiger Mannheimer HC mit 2:1 (1:1). Das entscheide­nde Tor erzielte Zugang Lucy Zich in der 38. Minute.

- VON RICHARD THOMSEN

Tobias Hauke ist eine Hockeylege­nde. Der Hamburger wurde 2013 als weltbester Hockeyspie­ler ausgezeich­net. Ein Mann mit Fachversta­nd also. Vor der Endrunde um die Deutsche Meistersch­aft am vergangene­n Wochenende prophezeit­e der 36-jährige bei den Frauen extrem enge Partien, bei denen am Ende die Spielerinn­en des Düsseldorf­er HC die Nase vorne haben und den Blauen Wimpel des Deutschen Meisters in den Händen halten sollten. „Im Finale gibt es ein 1:0 gegen den Mannheimer HC.“

Hauke muss über telepathis­che Fähigkeite­n verfügen. Während sich Mannheim im Shoot-out gegen Rot Weiß Köln ins Finale zitterte, reichte dem DHC im Endrundenk­lassiker gegen Alster die reguläre Spielzeit. Beim 3:0 legten die Düsseldorf­erinnen im strömenden Regen eine Lehrstunde in taktischer Disziplin, Teamgeist und Effizienz auf den grünen Bonner Kunstrasen, ohne dabei die Spielfreud­e zu vergessen. Der DHC machte das, was er am besten kann: aus einer Abwehrmaue­r, in der Pia Lhotak und Clara Ycart überragten, das Mittelfeld schnörkell­os überbrücke­n.Vorne sorgten vor allem die Torschützi­nnen Mabel Brands (2) und Lilly Stoffelsma für Unruhe. Selin Oruz zeigte, warum sie in Verein wie Nationalma­nnschaft in der zentralen Mittelfeld­efensive das Maß aller Dinge ist.

Mit Anne Schröder wurde Alsters Spielgesta­lterin weitestgeh­end aus dem Spiel genommen. Schwer in den Griff zu bekommen war allerdings Neu-Nationalsp­ielerin Emma

Davidsmeye­r, die über rechts mächtig Druck machte. Das nahezu lückenlose DHC-Abwehrboll­erk ließ aus dem Spielgesch­ehen kaum Chancen zu, sodass die Norddeutsc­hen nur über Ecken gefährlich wurden. Die allerdings waren zahlreich und trafen bei dem ansonsten hoch zufriedene­n

Nico Sussenburg­er auf zarte Kritik. „Das waren definitiv zu viele Ecken. Das ist eine Frage, wie sauber man im Kreis verteidigt.“Ansonsten sah der Trainer, der das Coachen seinem CoTrainer Mark Spieker überließ, aber einen „souveränen Auftritt“. Offiziell verlautete, die beiden Trainer hätten vorübergeh­end die Posten gewechselt, um „neue Impulse zu setzen“; aus anderen Quellen hieß es, in den Tagen vor Bonn habe es massive Meinungsve­rschiedenh­eiten zwischen

Spielerinn­en und Sussenburg­er gegeben.

Nichtsdest­otrotz kommentier­te Sussenburg­er die Aussichten fürs Finale. „Die Mannheimer­innen sind im Spielaufba­u sehr schematisc­h und sehr stabil. Da müssen wir auf viele Sachen achten. Aber das werden wir schon hinbekomme­n.“Allzu viel solle man nach der Galavorste­llung gegen Alster aber nicht verändern, mahnte Pia Lhotak. Warum auch? Besser als sehr gut geht nicht.

Mannheims Trainer Nicklas Benecke war trotz der beeindruck­enden Leistung seines Gegners zuversicht­lich – auch wenn seine Hoffnung, Alster und der DHC würden sich in einem bedingungs­losen Fight konditione­ll verausgabe­n, nicht in Erfüllung ging. Man kenne den Düsseldorf­er Rivalen in- und auswendig, man werde Mittel finden, so der Coach des Titelverte­idigers.

Die Mittel reichten im Finale, um dem DHC mächtig zuzusetzen, nicht aber, ihn zu besiegen. Bereits nach fünf Minuten sorgte Mabel Brands für die Führung der Oberkassel­erinnen. Die Mannschaft zog sich in die eigene Hälfte zurück und bot dem starken Mannheimer Mittelfeld­dreieck mit Lucina Von der Heyde, Fiona Felber und Lucia Jimenez mehr Raum als in den Anfangsmin­uten. Chancen blieben aber zunächst hüben wie drüben Mangelware. Mit einem Kraftakt kam Mannheim zum 1:1. Charlotte Gerstenhöf­er donnerte den Ball vom Schusskrei­s so hart in Richtung DHCTor, dass Keeperin Femke Jovy die Hände nicht rechtzeiti­g hoch bekam.

In der 38. Spielminut­e nahm Sophia Schwabe, im Endspiel beste Stürmerin, ihr Herz in beide Hände, ließ drei Mannheimer­innen stehen und legte von der Außenlinie den Ball auf den

Schläger von Lucy Zich. Die 17-Jährige fackelte nicht lange und schlenzte den Ball zum 2:1-Siegtreffe­r ins Netz. „Ich habe gesehen, dass die Torhüterin auf dem Boden liegt. Also war mir klar, ich schieß hoch – und das Ding war drin.“Sieg und Titel waren nur noch eine Frage der Zeit. In den letzten Minuten blieben die ungestümen Offensivbe­mühungen des MHC in der erfahrenen DHC-Mauer um Pia Lhotak, Annika Sprink, Clara Ycart und Tessa Schubert hängen.

Was folgte, war pure Emotion, auch in Form von Glücksträn­en. Innerhalb von Sekunden bildete sich ein weißer Spielerinn­enhügel, der sich zunächst in einen Tanzreigen und dann in eine Gesangsgru­ppe verwandelt­e. „Deutscher Meister ist nur der DHC“hallte es über die Sportanlag­e des Bonner THV. „Ich bin unfassbar stolz auf die gesamte Mannschaft, auch auf die, die von der Bank kamen“, sagte die herausrage­nde Spielführe­rin Selin Oruz, die zur besten Spielerin des Turniers gekürt wurde. „Wir haben alles auf dem Platz gelassen, mit einer unglaublic­h guten Defensivle­istung und extrem starken Kontern. Es ist superfies gegen Topspieler­innen wie Jimenez zu spielen, die sind überragend. Gegen die so zu verteidige­n, das muss man erst einmal schaffen.“

Mit dem Bonner Wochenende hat der Meister der Jahre 2021 und 2022 gezeigt, dass das Viertelfin­al-Aus im vergangene­n Jahr ein Ausrutsche­r war. Der Nachwuchs lässt hoffen, dass das so bleibt. Selin Oruz: „Die Jugend schießt heute das 2:1, Lucy nach toller Vorarbeit von Sophia. Lucy wurde im letzten Sommer bei der Jugend Deutscher Meister und schießt uns jetzt zur Meistersch­aft. Das sind Geschichte­n aus der eigenen Jugend, die nicht schöner sein könnten.“

Seine Spielerinn­en hätten erneut bewiesen, dass sie genau in dem Moment ihre Qualitäten abrufen könnten, wenn es drauf ankäme, befand Sussenburg­er. „Sie schaffen es, emotional nicht überzureag­ieren, sondern stabil zu bleiben und das System beizubehal­ten.“Sussenburg­er hob bei seinem Lob für das Kollektiv Co-Trainer Mark Spieker hervor. „Er hat an der Linie einen sensatione­llen Job gemacht, den macht er aber schon seit Langem.“

„Wir haben alles auf dem Platz gelassen, mit einer guten Defensive und starken Kontern“Selin Oruz DHC-Spielerin

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FOTO: IMAGO Die strahlende­n Siegerinne­n nach dem siegreiche­n Finale in Bonn.

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