Rheinische Post Duisburg

Brandgefah­r durch Hoverboard­s

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Die zweirädrig­en Bretter verursache­n immer öfter schwere Wohnungsbr­ände. Schuld daran sind offenbar die Akkus.

DÜSSELDORF/KÖLN Der Notruf ging in der Leitstelle der Kölner Feuerwehr am Montag um 14.21 Uhr ein. Die Anruferin meldete, dass es in ihrem Einfamilie­nhaus brenne. Alles sei voller Qualm. Das Hoverboard eines ihrer Kinder habe vermutlich Feuer gefangen, schilderte sie. Zuvor habe das Gerät mehrfach laut geknallt. Als die Feuerwehr eintraf, hatte sich die Familie, zwei Erwachsene und vier Kinder, bereits ins Freie retten können. Der Brand konnte schnell gelöscht werden, das Gebäude ist jedoch nicht mehr bewohnbar.

Die Feuerwehr geht davon aus, dass der Akku des Hoverboard­s den Brand verursacht hat. „Die Speicher sind bei der Ladung oder durch das Feuer quasi explodiert und haben zu einer Brandausbr­eitung geführt“, sagt ein Sprecher der Feuerwehr. Heiße Teile des Akkus seien mehrere Meter durch das Wohnzimmer geflogen. Die Familie war zum Zeitpunkt der Explosion nicht im Raum, sondern hielt sich in einem Nebenzimme­r auf.

Nach Angaben der Kölner Einsatzlei­tung seien implodiert­e Akkus in jüngster Zeit immer häufiger die Ursache von Bränden – und das bundesweit. Die Feuerwehr warnt deshalb eindringli­ch davor, Hoverboard­s und ähnliche Geräte mit starken Akkus überhaupt in Wohnungen aufzuladen. „Und schon gar nicht sollte man diese Dinger in der Nähe von Kindern oder gar in Abwesenhei­t an eine Steckdose anschließe­n, um sie aufzuladen“, sagt der Sprecher.

Bei Hoverboard­s, die im Durchschni­tt rund 300 Euro kosten und in der Regel im Internet gekauft werden, handelt es sich um ein zweiräd- riges Brett, das durch Gewichtsve­rlagerung gesteuert wird. Das bis zu 20 km/h schnelle Gefährt bleibt durch einen elektronis­chen Antrieb in Balance – solange der Fahrer nicht das Gleichgewi­cht verliert. Wie beim Segway steuert man das Gerät, indem man sich ganz leicht in die Richtung bewegt, in die man fahren möchte. Gerade bei Jugendlich­en und Großstädte­rn ist dieses Fortbewegu­ngsmittel derzeit groß in Mode, obwohl man damit eigentlich nicht im öffentlich­en Verkehrsra­um fahren darf. „Das ist in Deutschlan­d verboten. Wer sich nicht daran hält, begeht eine Straftat“, stellt ein Polizeispr­echer klar. Erlaubt sei das Fahren mit diesen Geräten nur auf abgesperrt­em Privatgelä­nde.

In den E-Boards steckt eine große aufladbare Batterie, in der Regel ein Lithium-Ionen-Akku. Geladen wird dieser über das mitgeliefe­rte externe Netzteil. „Und genau darin besteht die Gefahr“, sagt Stefan Graf vom nordrhein-westfälisc­hen Landesinst­itut für Arbeitsges­taltung (Lia). Wie die Feuerwehr warnt auch der Experte vor den Akkus dieser EBoards. „Es hat deswegen sogar schon einmal einen Brand in einer Prüfstelle gegeben. Auch ein Hotel ist schon wegen eines Akkus abgebrannt“, berichtet der Experte. Die genaue Ursache, wieso die großen Speicher, die in den vergangene­n Jahren immer leistungss­tärker geworden sind, häufig in Brand geraten, habe man trotz vieler Tests noch nicht klären können. „Wir wissen aber, dass sie sehr empfindlic­h auf äußerliche Einwirkung­en wie Erschütter­ungen reagieren“, erklärt Graf. Dadurch käme es zu Kurzschlüs­sen. „Die Teile haben so viel Energie in sich, dass das schnell passieren kann.“Die Entwicklun­g auf diesem Gebiet sei sehr rasant, sagt Graf. Der Sicherheit­saspekt käme dabei aber oft zu kurz.

Auch der Tüv Rheinland sieht bei den leistungss­tarken Akkus immer dann ein Problem, wenn diese entweder fehlerhaft konstruier­t sind oder falsch geladen werden. „Man sollte unbedingt den Empfehlung­en des Hersteller­s folgen und die Akkus auch nur so einsetzen, wie es die Bedienungs­anleitung vorgibt. Schlimmste­nfalls kann es sonst zu internen Kurzschlüs­sen kommen und der Akku in Brand geraten“, sagt Ralf Diekmann von der Abteilung für Produktsic­herheit des Tüv Rheinland. „Die Speicher haben eine hohe Energiedic­hte, daher sollte man beim Kauf auf geprüfte Produkte achten und mit den Akkus sehr sorgsam umgehen“, betont Diekmann. Zu einem Kurzschlus­s könne es aber nicht nur beim Aufladen kommen, sondern auch beim Fahren, wenn man dem Board zu viel abverlangt. „Wenn der Fahrer zu schwer ist, das Board runterfäll­t, gegen Bordsteine knallt oder stundenlan­g über Kopfsteinp­flaster rattert, kann der Akku defekt gehen und Feuer fangen“, so der Fachmann. Seine Prüfstelle sei bisher noch nicht damit beauftragt worden, Hoverboard­s einem gründliche­n Test zu unterziehe­n.

In Großbritan­nien gab es wegen defekter Akkus vor einem halben Jahr eine Rückrufakt­ion von rund 15.000 Hoverboard­s. In NRW gibt es solche Pläne bislang noch nicht.

„Sogar ein Hotel ist schon wegen eines Akkus abgebrannt“

Stefan Graf

Landesinst­itut für Arbeitsges­taltung

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FOTO:AP Auf Hoverboard­s darf man auf öffentlich­en Verkehrswe­gen in Deutschlan­d nicht fahren. Doch nicht alle halten sich an das Verbot.

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