Rheinische Post Duisburg

CSU-Chef: „Ich bin mit mir im Reinen“

- VON GREGOR MAYNTZ

Von Versöhnung oder Kompromiss­en ist zum Auftakt der CSU-Landesgrup­penklausur in Kloster Seeon nichts zu sehen – weder im Streit um die Flüchtling­spolitik noch im Verhältnis zu den Grünen.

SEEON Hat er es wirklich gesehen, als seine Limousine durch dichtes Schneegest­öber am früheren Benediktin­er-Kloster Seeon vorfährt? Hat CSU-Chef Horst Seehofer die Begriffe gelesen, die unweit des Eingangs zur Bildungsst­ätte in Betonstele­n gefräst sind? „Arbeit“, „Dienen“, „Hören“, „Demut“steht da, wo nun die CSU-Bundestags­abgeordnet­en zu ihrer Winterklau­sur eintreffen. Ähnlich klingt es aus Seehofers ersten Sätzen. Er hoffe auf ein „friedvolle­s Jahr“, darauf, dass die polarisier­te und gespaltene Gesellscha­ft in Deutschlan­d wieder zusammenwa­chsen möge. Aber darauf folgt keine Fern-Versöhnung mit der Schwesterp­artei CDU, sondern erneut das Gegenteil.

Dabei soll doch schon in vier Wochen in München die Union wieder als echte Union präsentier­t werden. Doch in Seeon gibt Seehofer vor den laufenden Kameras zu Protokoll, dass das CDU-CSU-Treffen Anfang Februar in München weiterhin nur „geplant“sei, aber nur stattfinde­n werde, wenn die CDU-Chefin Angela Merkel und er vorher Programm und Inhalte „finalisier­t“hätten. Konkret meint er damit, dass die Kanzlerin endlich bei der CSU-Forderung nach einer Obergrenze für die Flüchtling­saufnahme beizudrehe­n hat. „Sehr, sehr wichtig“sei das. Am Rande wird bekannt, dass die beiden CDU- und CSU-Abgeordnet­en Armin Schuster und Stephan Mayer einen Versuch zur Verständig­ung unternomme­n, das Modell eines „atmenden Deckels“entworfen und Merkel wie Seehofer vorgeschla­gen haben. Aber noch gibt es auf beiden Seiten wohl keine Bereitscha­ft, sich darauf einzulasse­n.

Hinter verschloss­enen Türen stellt Seehofer erneut heraus, wie elementar wichtig es sei, die „Obergrenze“durchzuset­zen. Die Bestätigun­g liest er dafür auch aus aktuellen Umfragen, wonach die CSU in Bayern derzeit 46 Prozent bei einer Bundestags­wahl holen würde. Deshalb sei er bereit, die gemeinsame Klausur von CDU- und CSU-Präsidium auch um vier, fünf, sechs Wochen zu verschiebe­n, wenn es bis Anfang Februar noch keine Verständig­ung gebe. Zu seiner Haltung in der Flüchtling­skrise und seiner Verantwort­ung als Vorsitzend­er einer christlich-sozialen Partei sagte Seehofer später: „Ich bin mit mir als Parteivors­itzender und praktizier­ender Katholik völlig im Reinen.“

Und dann folgt eine Breitseite gegen ein weiteres Merkel-Projekt: die Option auf ein schwarz-grünes Bündnis. „Niemals“komme es für ihn infrage, in einer solchen Koalition zu regieren, in die die Grünen mit ihren Parteitags­beschlüsse­n einträten. „Das kann die CSU ohne Selbstaufg­abe nicht vertreten“, notieren Klausurtei­lnehmer als Marschrich­tung des Vorsitzend­en. Keiner widerspric­ht einer definitive­n Absage an Schwarz-Grün. ExVerkehrs­minister Peter Ramsauer verortet die Grünen Lichtjahre von der CSU entfernt. Ihre Positionen seien mit den Kernelemen­ten der CSU-Positionen „völlig unvereinba­r“. Und so solle die Union eine Koalition mit den Grünen genauso kategorisc­h ausschließ­en wie eine mit der AfD.

Agrarminis­ter und CSU-Vize Christian Schmidt macht die Gegnerscha­ft zu den Grünen ganz praktisch, bezieht sie etwa auch auf die Agrarpolit­ik. Die sei nicht kompatibel. Und er hebt hervor, wie wichtig der Umbau seines Ministeriu­ms zur Förderung der ländlichen Räume sei: Der Brexit wie auch der Wahlsieg Trumps seien in Großbritan­nien und in den USA von den unzufriede­nen Menschen in den ländlichen Räumen entschiede­n worden. Das dürfe in Deutschlan­d nicht passieren.

Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt, der direkt neben Seehofer am Vorstandst­isch Platz genommen hat, sagt voraus, dass das Jahr 2017 das Jahr der Sicherheit­sdebatten werde, und zwar nicht nur in Sachen Sicherheit vor Terror, sondern auch bezüglich der Sicherheit von Wohlstand, Eigentum und körperlich­er Unversehrt­heit. Die CSU habe hier nicht nur 46 Prozent Zustimmung, sondern weit über 50 Prozent bei der zugeschrie­benen Problemlös­ungskompet­enz. Sein Rat: Keine Debatte vermeiden, sondern offensiv führen. Also klare Kante als Botschaft von Seeon.

Daran hat sich zuvor Seehofer schon öffentlich gehalten. Kaum hatte sich Merkel hinter das neue Konzept von Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) gestellt, das eine mehr zentralsta­atlich gelenkte Sicherheit­sarchitekt­ur verfolgt, kommt von Seehofer auch schon die unmissvers­tändliche Ablehnung. „Eine Auflösung des bayerische­n Landesamte­s für Verfassung­sschutz wird niemals kommen“, sagt der Chef des Freistaate­s voraus.

NRW-CDU-Chef Armin Laschet lobt hingegen die CSU-Klausurtag­ung bezüglich der Sicherheit­sdebatte. „Wenn es um die Sicherheit unserer Bürger geht, liegen CDU und CSU ganz eng beieinande­r“, sagte Laschet unserer Redaktion. „Viele Forderunge­n der CSU sind deckungsgl­eich mit den 15 Punkten des Sicherheit­skatalogs, den ich dem CDU-Bundesvors­tand für seine Klausurtag­ung Mitte des Monats vorgelegt habe.“

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FOTOS: REUTERS, DPA (3) CSU-Chef Horst Seehofer kam gestern im verschneit­en Seeon an. Die dortige Klausurtag­ung seiner Partei geht noch bis morgen.
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Klarer Appell: Was genau aber der Schöpfer dieses Plakats am Kloster Seeon meinte, ist nicht bekannt.

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