Rheinische Post Duisburg

Forscher entdecken unbekannte­s Organ

- VON SUSANNE HAMANN

Das sogenannte Gekröse befestigt Magen und Darm an der Bauchwand. Das eröffnet neue Diagnose- und Therapiewe­ge.

DÜSSELDORF Kaum ein Forschungs­gebiet wird so vorangetri­eben wie die Medizin. Vor allem im vergangene­n Jahrzehnt konnten Wissenscha­ftler deshalb bahnbreche­nde Neuerungen beispielsw­eise in der Krebsthera­pie auf den Markt bringen. Um so unwahrsche­inlicher scheint es da, dass Wissenscha­ftler ein noch unbekannte­s Organ im menschlich­en Körper entdecken könnten.

Calvin Coffey, Forscher am Universitä­ts-Krankenhau­s Limerick in Irland, und seine Kollegen, haben jedoch genau das getan. Mittels zahlreiche­r mikroskopi­scher Beobachtun­gen von Verdauungs­trakt und Bauchraum über die vergangene­n vier Jahre konnten die Forscher ein neues Organ ausmachen.

Dabei handelt es sich um das sogenannte Gekröse (Mesenteriu­m), eine Doppelbauc­hfalte, welche die inneren Organe wie Magen und Darm an der Bauchwand befestigt. Zwar war das Gewebe bereits bekannt – unter anderem hatte Leonardo da Vinci bereits 1508 das Gekröse als zusammenhä­ngende Struktur beschriebe­n – allerdings gingen Wissenscha­ftler in den vergangene­n 100 Jahren davon aus, dass es sich dabei um einzelne von- einander unabhängig­e Fragmente handelt.

Wie die irischen Forscher zeigen konnten, handelt es sich dabei jedoch um ein zusammenhä­ngendes Gewebe, das spezialisi­ert ist und eine eigenständ­ige Funktionse­inheit im menschlich­en Körper ausmacht. Somit erfüllt das Gekröse doch die Definition eines Organs. Seine Erkenntnis­se veröffentl­ichte Coffey in dem medizinisc­hen Fachblatt „The Lancet Gastroente­rology & Hepatology“.

„Wir kennen jetzt die Anatomie und die Struktur. Nun müssen wir die Funktion des Organs herausfind­en. Wenn wir diese verstehen, wis- sen wir auch, wann das Organ nicht normal arbeitet – und können somit neue Krankheite­n des Verdauungs­traktes erkennen“, schreibt der Forscher. Coffey vermutet deshalb, dass sich aus dieser Erkenntnis ein völlig neuer Wissenscha­ftszweig entwickelt. So sollen neue Krankheits­bilder, Diagnose- und Behandlung­smöglichke­iten für Erkrankung­en des Verdauungs­traktes entstehen. Das berühmtest­e medizinisc­he Lexikon, „Gray’s Anatomy“, wurde demnach bereits entspreche­nd abgeändert. Erste Universitä­ten sollen die Neuerungen bereits in den medizinisc­hen Lehrplan aufgenomme­n haben.

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FOTO: THE LANCET Das Gekröse befindet sich gefaltet zwischen den unteren Enden von Dick- und Dünndarm.

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