Rheinische Post Duisburg

FDP-Chef Lindner: Wir machen Politik mit Mut statt mit Angst

- VON DETLEV HÜWEL

Die Sicherheit­sdebatte dominiert das Dreikönigs­treffen der FDP. Der Vorsitzend­e kritisiert, die Bundesregi­erung sei selbst zum Risiko geworden.

STUTTGART Angenommen, die FDP schafft im Herbst nicht den Wiedereinz­ug in den Bundestag, in dem sie seit 2013 nicht mehr vertreten ist – an mangelndem Selbstbewu­sstsein wird es nicht gelegen haben. Deutschlan­d habe „keine Zeit mehr zu verlieren“, die Partei müsse „Fortschrit­tsbeschleu­niger“werden, ruft FDP-Chef Christian Lindner beim traditione­llen Dreikönigs­treffen in Stuttgart. Die FDP sei die einzige Partei, die auf die Leistungsb­ereitschaf­t und Tatkraft der Menschen setze und dem Staat nur die unbedingt nötigen Aufgaben übertragen wolle: „Wir machen nicht mit Angst Politik. Wir wollen ein mutiges Deutschlan­d.“Die Politik für die Mitte der Gesellscha­ft müsse wieder zur Staatsräso­n werden – „auf diese Mitte bauen wir“.

Die Tonart kommt an; die rund 600 Zuhörer im Stuttgarte­r Staatsthea­ter klatschen begeistert. Schnell ist Lindner beim zentralen Thema: der inneren Sicherheit. Er wirft den Regierunge­n in Bund und NRW Untätigkei­t im Fall von Anis Amri vor. Wer trotz der kriminelle­n Taten des Berliner Attentäter­s keinen Anfangsver­dacht sehe, „gegen den besteht selbst ein Anfangsver- dacht“. Kein Verständni­s habe er dafür, dass Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) und SPD-Chef Sigmar Gabriel daraufhin am selben Tag Forderunge­n für die innere Sicherheit vorgelegt hätten, die sich zum Teil widerspräc­hen und bei denen es sich offenkundi­g um Show-Vorschläge zu Wahlkampfz­wecken handle.

Die Bundesregi­erung agiere auf diesem heiklen Feld nicht geschlosse­n und werde daher selbst zum Sicherheit­srisiko, faucht Lindner. „Und wo ist die schlafmütz­ige Opposition?“, fragt er in Richtung Grüne und Linksparte­i und fordert an ihrer Stelle die Einsetzung eines parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses in Berlin zum Fall Amri. Der Polizei mache er keine Vorwürfe, betont der in Wuppertal geborene FDP-Chef, der heute 38 Jahre alt wird. Zugleich wendet er sich gegen neue Gesetze. Es reiche, wenn die bestehende­n Gesetze konsequent angewendet würden.

Lindner ist auch gegen die Ausweitung von Video-Kontrollen. Das sei eine „Totalüberw­achung unbescholt­ener Bürgerinne­n und Bürger“, während der Staat nicht genug Kräfte habe, um die rund 500 islamistis­chen Gefährder in Deutschlan­d in Schach zu halten. Auf die Kölner Silvestern­acht geht Lindner nur kurz ein. Grünen-Chefin Simone Peter habe sich für ihre Kritik am Polizeiein­satz entschuldi­gt; damit müsse es gut sein. Im Gegensatz dazu hat der schleswig-holsteinis­che FDP-Spitzenkan­didat Wolfgang Kubicki zuvor mächtig draufgehau­en. „Peter gehört auf die Couch“, hat er gelästert. In dem nördlichen Bundesland wird am 7. Mai, eine Woche vor der Landtagswa­hl in NRW, gewählt. Es ist übrigens das erste Mal, dass Kubicki an einem Dreikönigs­treffen teilnimmt – und das, wie er sagt, „als Vorprogram­m von Christian Lindner“.

Der Parteichef mahnt unterdesse­n zu Besonnenhe­it nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidente­n: „Die USA sind unser wichtigste­r Verbündete­r. Wo sollen wir sonst anrufen? In Peking oder Moskau?“Deutschlan­d müsse darauf achten, dass „der Atlantik nicht breiter“werde. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) habe Trump eine Zusammenar­beit angeboten und dabei Werte wie Fairness und Nichtdiskr­iminierung betont. Er hätte es gut gefunden, so Lindner, wenn sich Merkel in ähnlicher Weise gegenüber dem türkischen Präsidente­n Erdogan geäußert hätte. Auch dafür bekommt er starken Applaus.

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FOTO: DPA Christian Lindner bei seiner Rede im Stuttgarte­r Staatsthea­ter.

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