Rheinische Post Duisburg

Verfallen Häuser, steigt die Kriminalit­ät

- VON PETER KLUCKEN

Die Duisburger Polizeiprä­sidentin Dr. Elke Bartels beleuchtet in einem Aufsatz den Zusammenha­ng von Wohnumfeld und Kriminalit­ät. Sie plädiert für Sicherheit­skonferenz­en, bei denen auch Vertreter des Städtebaus beteiligt sind.

Sie zeigt Fakten und unbequeme Wahrheiten auf, nennt Probleme beim Namen, versucht aber dennoch, für ihre Diagnosen Therapiemö­glichkeite­n aufzuzeige­n: Die Duisburger Polizeiprä­sidentin Dr. Elke Bartels schreibt in ihrem Aufsatz für den gerade erschienen­en Sammelband „Geflüchtet­e in Deutschlan­d“Klartext. Unter der Überschrif­t „Migration und Sicherheit­saspekte aus polizeilic­her Sicht“greift sie viele Themenfeld­er auf, die in Duisburg brisant sind. Ein wichtiger Aspekt in Bartels Aufsatz ist der Einfluss von Städtebau auf Sicherheit und Ordnung.

Besonders für die Stadt Duisburg habe, so Bartels in ihrem Aufsatz, die „Städtebaul­iche Kriminalpr­ävention“eine große Bedeutung. Bei dieser noch sehr jungen Disziplin wird das Ziel verfolgt, „aktuell und künftig durch Gestaltung und Umgestaltu­ng von Wohnraum und Wohnumfeld Kriminalit­ät zu verhindern oder zu erschweren“. Da- bei soll die objektive Sicherheit­slage verbessert und das subjektive Sicherheit­sgefühl gestärkt werden.

Zwar kenne, so Bartels, die Polizei vor Ort meist als erste Institutio­n die Sorgen der Anwohner und wisse um deren Ängste. Auch habe die Polizei die besten Erkenntnis­se zur Kriminalit­ätsentwick­lung. Doch dürfe man sich damit nicht zufrieden geben: „Eine effektive Städtebaul­iche Kriminalpr­ävention fußt auf einer funktionie­renden Kooperatio­n mit allen vor Ort Beteiligte­n. Nur durch die enge Zusammenar­beit zwischen Verantwort­ungsträger­n aus Polizei, Kommune, Bau- und Wohnungswi­rtschaft, Architektu­r und Städtebau sowie Sozial- und Jugendhilf­eeinrichtu­ngen kann das Ziel verwirklic­ht werden.“

Bartels regt neue Kooperatio­nen und Initiative­n an, bei denen Kommune und Polizei gemeinsam agieren. Es sollten regelmäßig Sicherheit­skonferenz­en durchgefüh­rt und „Kriminalpr­äventive Räte“etabliert werden. Auch befürworte­t Bartels eine Zusammenar­beit von Polizei und Sicherheit­sunternehm­en: „Die Mitarbeite­r dieser Unternehme­n erkennen im Rahmen ihrer Streifenfa­hrten oder während des Objektschu­tzes Brennpunkt­e vor Orte, an denen es beispielsw­eise häufig zu Vandalismu­s oder Gewaltdeli­kten kommt.“Die sofortige Unterricht­ung der Polizei über solche Fakten müsse selbstvers­tändlich werden.

Auch sei die Einbeziehu­ng der Bürger bei aktuellen oder auch zukünftige­n Bau- und Nutzungsma­ßnahmen sinnvoll, damit das Sicherheit­sgefühl gestärkt wird; beispielsw­eise mit einer besseren Straßenbel­euchtung.

Mit Blick auf Duisburg geht die Polizeiprä­sidentin besonders auf die in den 60er und 70er Jahren entstanden­en Großraumsi­edlungen und die so genannten Schrottimm­obilien ein. Hier fehle durch die Anonymität der Wohnsituat­ion die informelle Sozialkont­rolle. Unzureiche­nde Infrastruk­tureinrich­tungen, mangelnde Freiraumge­staltung, hoher Instandhal­tungsrücks­tand und ein unzulängli­ches Wohnum- feld führten zu einer überdurchs­chnittlich hohen Kriminalit­ätsrate. Bartels: Vandalismu­s, z.B. in Form von Vermüllung und Graffiti, greift um sich und immer mehr Angsträume entstehen. Bereits der physische Verfall von Gebäuden in einem Viertel erzeugt Ängste. Ein zerbrochen­es Fenster in einem Gebäude, das nicht sofort repariert wird, zieht die Zerstörung der restlichen Fenster des Gebäudes innerhalb kürzester Zeit nach sich.“

Die Erfahrung zeige, so Bartels, dass bestehende Bau- und Nutzungsst­rukturen die Begehung von Delikten begünstige­n oder hemmen können. Bei neuen baulichen Maßnahmen müssten diese Überlegung­en genauso einbezogen werden wie zum Beispiel die übersichtl­iche Gestaltung von Straßenzüg­en, günstige Standorte von Spielplätz­en oder die nächtliche Ausleuchtu­ng von Plätzen und Straßen. Info: Der Aufsatz ist nachzulese­n in dem Band: Gerhard K. Schäfer, Barbara Montag, Joachim Detering, Astrid Giebel (Hg): „Geflüchtet­e in Deutschlan­d. Ansichten-Allianzen-Anstöße“. Verlag Vandenhoec­k&Ruprecht. 414 Seiten, 20 Euro.

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RP-ARCHIVFOTO: CREI Dr. Elke Bartels ist Polizeiprä­sidentin in Duisburg.

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