Rheinische Post Duisburg

Drei Verhandlun­gen in 55 Minuten

- VON BODO MALSCH

Am Amtsgerich­t wurden die ersten beschleuni­gten Verfahren durchgefüh­rt. Unter anderem wurden Geldstrafe­n wegen Schwarzfah­rens verhängt.

8.55 Uhr: Der Sitzungsve­rtreter der Staatsanwa­ltschaft erfährt, dass er im Anschluss an seine eigentlich­e Sitzung noch in drei beschleuni­gten Verfahren die Anklage vertreten soll. Dem für die beschleuni­gten Verfahren zuständige­n Richter wird per Mail signalisie­rt, dass er jetzt übernehmen könne, was er aber gerade nicht kann: Er muss erst noch eine dringende Vernehmung durchführe­n und setzt den Beginn der anstehende­n beschleuni­gten Verfahren auf 12 Uhr fest. Der Staatsanwa­lt erfährt davon erst um 11.40 Uhr.

12.35 Uhr: Deutlich später als zwischenze­itlich geplant, beginnt das erste beschleuni­gte Verfahren, denn man musste noch auf den Dolmetsche­r aus Düsseldorf warten.

12.45 Uhr: Der Amtsrichte­r verhängt 20 Euro Geldstrafe (20 Tagessätze zu je ein Euro) wegen Beförderun­gserschlei­chung. Eine 29-jährige Rumänin, deren Wohnanschr­ift in Marxloh zweifelhaf­t ist, war 24 Stunden zuvor beim Schwarzfah­ren in der Bahn erwischt worden.

12.55 Uhr: Eine 21-jährige Rumänin (auch aus Marxloh) wurde ebenfalls ohne Ticket erwischt. Da die Frau angibt, als Spendensam­mlerin für einen Verein 280 Euro monatlich zu verdienen, bekommt sie eine Geldstrafe von 180 Euro (20 Tagessätze zu je neun Euro).

13.15 Uhr: Ein 27-jähriger Rumäne hatte 36 Stunden zuvor in Neu- enkamp einem Fernfahrer zwei Smartphone­s gestohlen und war gefasst worden. Der Mann ohne festen Wohnsitz in Deutschlan­d ist mit 600 Euro Geldstrafe (40 Tagessätze zu je 15 Euro) einverstan­den.

13.20 Uhr: Richter, Staatsanwa­lt und Protokollk­raft kehren zu ihren sonstigen Tätigkeite­n zurück. Sie haben rechtskräf­tig drei Verfahren abgeschlos­sen. Zwei von ihnen wären ohne beschleuni­gtes Verfahren wohl ohne Strafe eingestell­t worden. Das dritte hätte die Justiz im schlimmste­n Falle Jahre beschäftig­t, weil der Angeklagte wohl nie in normale Untersuchu­ngshaft gekommen wäre und man ihn möglicherw­eise bis zur Verjährung hätte suchen müssen.

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