Rheinische Post Duisburg

Sorge um die alte Tradition Brieftaube

- VON ANN-CHRISTIN FÜRBACH

Züchter beklagen, dass ihre Tauben vermehrt Opfer durch Attacken von Greifvögel­n wie dem Wanderfalk­en werden.

BERGHEIM Es gurrt im Garten von Franz-Josef Cremers. Wo sich bei anderen vielleicht die Terrasse befindet, steht auf dem Grundstück des 65-Jährigen in der alten Bergheimer Zechensied­lung ein Taubenschl­ag. „Die kennen schon ihren Züchter“, sagt er stolz, als er den Raum betritt, in dem insgesamt 20 Vogelpaare beheimatet sind. Die Taubenzuch­t ist seit mehr als 50 Jahren sein großes Hobby. Franz-Josef Cremers steckt viel Geld und Zeit hinein. Doch etwas macht ihm Sorge: Die Greifvögel, vor allem Wanderfalk­en, die vermehrt im Stadtgebie­t auftauchen und seine Brieftaube­n schlagen. „Das nimmt Ausmaße an, das kann sich keiner vorstellen“, sagt Cremers. Er zeigt Fotos von einer Taube, die er im vergangene­n Jahr auf dem Dach eines Nachbarn fand, geschlagen von einem Wanderfalk­en. Der Wert des Tieres: 500 Euro, ein Schaden, der ihm nicht ersetzt wird. Ähnlich ergeht es Freund Willi Unger. Im vergangene­n Jahr habe er 20 Tiere verloren, von zehn wisse er, dass sie Opfer von Greifvögel­n wurden. Die anderen seien nicht wiedergeko­mmen. Für Züchter ein großes Problem. „Ich erkenne den Wert der Tauben für die Züchter an“, sagt Randolph Kri- cke, der als Artenschut­zbeauftrag­ter der Stadt Duisburg weiß, dass das Thema Konfliktpo­tenzial birgt: „Die Taubenzuch­t ist ein Kulturphän­omen des Ruhrgebiet­s, das es zu erhalten gilt“. Er betont aber auch: Greifvögel seien von sich aus gekommen, der Mensch solle nicht eingreifen. Wanderfalk­en sind in den 80er Jahren ausgesiede­lt worden, weil ihre Population zurückgega­ngen war, sie stehen unter Schutz. Mittlerwei­le finde keine aktive Aussiedelu­ng mehr statt, einzig beim

Franz-Josef Cremers Brüten würden die Wanderfalk­en mit Nistkästen unterstütz­t, erklärt Kricke. Doch sie, Sperber und Habichte, seien der Grund dafür, dass Franz-Josef Cremers seine Tauben zwischen Oktober und Mitte März nicht frei fliegen lassen kann. „Ob das im Sinne des Tierschutz­es ist, bezweifle ich sehr“, sagt er.

„Wanderfalk­en sind in Mitteleuro­pa heimisch. Das ist ein großer Erfolg des Naturschut­zes, dass es sie wieder gibt“, erklärt Jürgen Hinke, Vorsitzend­er vom Nabu Duisburg. Sperber würden keine Tauben erbeuten, eher Wanderfalk­en und vielleicht Habichte, vermutet er. Der Wanderfalk­e würde sich allerdings keine Beute aussuchen, die es ihm allzu schwer mache und daher eher Stadttaube­n jagen. Genau diese Tiere seien aber besser an Greifvögel gewöhnt, als seine Tauben, fürchtet Franz-Josef Cremers.

Jedes Jahr macht er sie fit – auch damit sie an den 13 Preisflüge­n teilnehmen können. Willi Unger vergleicht das Training der Tauben mit dem von Profisport­lern. Täglich fliegen sie dann 60 Kilometer zur Vorbereitu­ng und zum Muskelaufb­au. „Die Brieftaube ist das Rennpferd des kleinen Mannes“, erklärt Unger die Tradition.

Mit einem Lkw werden die Tauben an einen beliebigen Startpunkt in Deutschlan­d gefahren. So beginnt ihr Flug. Immer finden sie das Ziel wieder: das Dach des heimischen Taubenschl­ags ihres Züchters. Es ist diese Faszinatio­n, welche die Begeisteru­ng für Franz-Josef Cremers und Willi Unger ausmacht.

Wären da nicht die Raubvögel. Cremers hat zur Abschrecku­ng auf seinem Taubenschl­ag eine Warnleucht­e angebracht, so hofft er die Tiere von seinen Schützling­en fernhalten zu können.

„Ob das im Sinne des Tierschutz­es ist, bezweifle ich sehr“

Taubenzüch­ter

Newspapers in German

Newspapers from Germany