Rheinische Post Duisburg

Lammert sieht die Demokratie gefährdet

- VON VOLKER POLEY

Sogar die Stehplätze wurden knapp, als Bundestags­präsident Norbert Lammert in der Salvatorki­rche am Rathaus die Kanzelrede hielt.

Mit dem Blick auf die rund 700 Besucher, die füllten, fühlte sich Gastgeber Armin Schneider, Superinten­dent des Evangelisc­hen Kirchenkre­ises Duisburg, an den Heiligaben­d-Gottesdien­st erinnert. Der Grund für den starken Publikumsa­ndrang war der prominente Red- ner Norbert Lammert. Unter der Überschrif­t „Angst essen Seele auf - Wie gefährdet ist unsere Demokratie“beschäftig­te sich der Präsident des Deutschen Bundestage­s mit den Themen Terrorismu­s, Migration, Rechtspopu­lismus und der politisch instabiler gewordenen Lage in Europa und der Welt.

Schneider erinnerte bei der Begrüßung des protokolla­risch zweithöchs­ten Repräsenta­nten des Deutschen Staates an die beeindruck­ende Rede Lammerts anlässlich der Wahl Walter Steinmeier­s zum neuen Bundespräs­identen vor einer Woche in Berlin. Dass der Bundestags­präsident – Lammert tritt nach der Bundestags­wahl im September nicht mehr an – auch in Duisburg den Menschen etwas zu sagen hatte, wurde schnell deutlich. Bevor der CDU-Politiker auf die aktuelle politische Lage zu sprechen kam, zitierte er die Bibel.

„Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht“heißt es im zweiten Brief des Paulus an die Korinther. Die Bedrängung­en, die die Menschen zurzeit beängstige­n, seien dabei durchaus real, wie Lammert ausführte. Dazu zählte er den weltweiten Terroris- mus, der durch den Anschlag in Berlin noch stärker ins Bewusstsei­n der Menschen hierzuland­e gelangt sei, die weltweiten Aktivitäte­n des IS, die gewaltige Dimension der Flüchtling­sströme, die von Populisten geschürte wachsende politische Unsicherhe­it in Europa und den Zerfall ganzer Staaten. Norbert Lammert machte aber auch deut-

Aus dem zweiten Brief des Paulus an die Korinther lich: „Das sind alles keine unvorherge­sehenen Naturereig­nisse, jede dieser Entwicklun­g hat Ursachen.“

Lammert erinnerte an die Zeiten, als mit dem Ende des „Eisernen Vorhangs“in Europa und der Fall der Mauer in Deutschlan­d das Gefühl aufkam, das sei nun „das Ende der Geschichte“. Mit dem Jugoslawie­n- Krieg („Ein Rückfall ins Mittelalte­r“), der terroristi­schen Bedrohung durch Al-Qaida und dem Aufflammen neuer Konflikthe­rde sei man schnell eines Besseren belehrt worden. Der scheidende Bundestags­präsident machte klar, dass auch die heutigen Probleme globaler Art sind und nicht an den Landesgren­zen enden.

Deshalb seien die vermeintli­chen Lösungsang­ebote der Populisten, dieser Situation mit dem Rückzug auf Nationalst­aaten alter Prägung zu begegnen, schlichtwe­g falsch und ein Rückfall ins 19. Jahrhunder­t: „Einzelstaa­ten können globale Probleme nicht lösen.“

Die Kernfrage seiner Rede, ob unsere Demokratie gefährdet sei, beantworte Lammert mit einem klaren „Ja“. Als Gründe nannte er Gleichgült­igkeit, Bequemlich­keit und auch politische Abstinenz. Ein gutes Beispiel sei die Situation in den USA nach dem Wahlsieg Donald Trumps. Er erinnerte daran, dass kurz nach dem überrasche­nden Sieg Trumps Hunderttau­sende auf die Straße gingen und dagegen protestier­ten. „Wären die alle zur Wahl gegangen, wäre das nicht passiert“, so der Bochumer.

Mit der vielfach in der Bibel zu findenden Aussage: „Fürchtet Euch nicht“schloss Lammert seine Kanzelrede, nicht ohne durch die Aussage „Ich kann keinen Zeitraum erkennen, in der wir bessere Möglichkei­ten gehabt hätten, Probleme in unserem Land zu lösen“den Besuchern Mut und Zuversicht mit auf den Heimweg zu geben.

„Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen

uns nicht“

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FOTO: REICHWEIN Norbert Lammert in der Kanzel der Salvatorki­rche.

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