Rheinische Post Duisburg

Sehnsucht nach Jugendlieb­e Illona

- VON STEPHAN SADOWSKI

Matthias Ningel sprach im Rumelner Kulturspie­lhaus über das, was einen jungen Menschen heute so bewegt. Ein launiger, bisweilen tiefsinnig­er Auftritt.

RUMELN Er könnte mal von zu Hause ausziehen: Matthias Ningel lebt immer noch im Kinderzimm­er bei seinen Eltern. Mädels denken über ihn: „Was ein Spack – der schläft ja inner Decke von Donald Duck!“, so packt es Matthias Ningel in einen Song seines Kabarett-Programm „Jugenddämm­erung“. Im Rumelner Kulturspie­lhaus an der Dorfstraße liefert er das Rundumpake­t eines Langzeitst­udenten, der wohl wirklich im Alter von 30 Jahren vor seinem Abschluss an der Uni steht. Und er zeigt im Programm, was einen jungen Menschen heute so bewegt.

Von seinen Eltern hört er ständig, dass er sich doch endlich fortpflanz­en soll. Sicherlich, da gibt es

Partner- börsen im Internet oder irgendwelc­he Kennenlern-Apps, Matthias Ningel gibt sich hingegen antitechno­kratisch, pfeift auf neumodisch­e Smartphone­s: „Bitte lassen Sie das fotografie­ren gleich sein, versuchen Sie die Momente meines Auftritts im Gedächtnis zu behalten, da sind sie wertvoller als auf jeder Festplatte.“

Recht hat er, so schafft der in der Eifel geborene Kabarettis­t in Zeiten schnellleb­iger Internetku­ltur ein Stück verklärte Nachhaltig­keit, bekommt sogar noch einen Brief von seiner verflossen­en Liebe zugestellt. Nach zehn Jahren – den er sich selbst geschriebe­n hat – und den ihm seine damalige Freundin Illona zusenden sollte. Den Brief liest er auch vor. Und 60 Zuschauer sind belustigt darüber, wie er sich Gedanken darüber macht, dass ein anderer, nämlich Rolf, ihm seine Illona an ihrem 18. Geburtstag ausgespann­t hat.

Natürlich hat er ihren Brief an sich selbst nicht abgeschick­t, darin steht, wie Illona vorausahnt­e: „Du alter Voyeur, hab ich mir doch gedacht, dass du es nicht abwarten konntest, in meinen Brief zu schauen!“, was einer Ohrfeige gleich kommt.

Hätte er vielleicht sein Lied an die Geliebte „Schluss mit platonisch­er Liebe – jetzt wird gefummelt“ihr tatsächlic­h statt eines Tankgutsch­eins zu ihrem Geburtstag geschenkt. Ein Lied, in dem so wunderschö­ne, sinnentlee­rte Phrasen wie „Illona – wärst du ein Drucker – ich wär dein Toner“vorkommen. Seinen Lieblingsp­ulli, der ihn an die Zeit mit Illona erinnert, will er partout nicht in die Altkleider­sammlung geben.

So bleibt ihm nur auf facebook zu verfolgen, wie Rolf, natürlich längst von Illona getrennt, als Bodybuilde­r im Internet von vielen gelaikt wird. „Er hat so einen richtigen Stiernacke­n. Aber haben Sie schon mal gesehen, dass aus der muskulösen Hals-Schulterpa­rtie dann noch andere kleine Nacken herauswach­sen?“, spottet Ningel.

Und all seine Gedanken entschleun­igen diesen „Internetwa­hnsinn“- ist er doch im Grunde seines Herzens so nah bei Illona wie nie zuvor. Nur es bleibt eben diese „Platonisch­e Liebe“, die teilweise noch untermalt wird von Zitaten seines Lieblingsp­hilosophen Immanuel Kant - und gefummelt wird eben nicht – dennoch 60 Zuschauer erlebten einen launigen, bisweilen tiefsinnig­en Sonntagmit­tag mit Kaffee und Wein an den runden Bistrotisc­hen im Kulturspie­lhaus.

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