Rheinische Post Duisburg

Zukunft oder Zivilcoura­ge?

- VON INGO HODDICK

Die jüngste, 43. Premiere des Theater-Jugendclub­s „Spieltrieb“im ausverkauf­ten Foyer III war der einstündig­e Monolog „Name: Sophie Scholl“von Rike Reiniger. Hanna Kertesz spielte sich damit endgültig frei.

Es war eine gute Idee, diese kleine, aber feine Produktion unter die Fittiche des Theatertre­ffens der 38. Duisburger Akzente „Umbrüche“zu nehmen. Denn so gab es nicht nur Fördermitt­el vom Land, sondern auch viel Aufmerksam­keit für die verdienstv­olle Arbeit - „Spieltrieb“gibt jungen Menschen zwischen 17 und 23 Jahren die Möglichkei­t, sich unter profession­eller Anleitung mit dem Medium „Theater“auseinande­rzusetzen: vor, auf und hinter der Bühne (die RP berichtete).

„Name: Sophie Scholl“wurde vor drei Jahren im Wiener Landgerich­t uraufgefüh­rt und bildete jetzt die Grundlage für das erste eigene Projekt von Marie-Kristin Pankrath, die sich zunächst als Spielerin, dann als Assistenti­n bei mehreren „Spieltrieb“-Stücken engagiert hatte und nun erstmals auf die Regie-Seite wechselte. Im Text geht es um zwei junge Frauen, die denselben Namen haben. Die eine ist eine berühmte historisch­e Figur, leistet in der Nazizeit Widerstand, wird von der Gestapo verhaftet und weigert sich in den Verhören, ihre Freunde zu verraten. Sie ist eine, die für ihre Über- zeugung in den Tod geht. Die andere ist fiktiv, eine aufstreben­de JuraStuden­tin von heute mit Träumen und Ideen, Ängsten und Plänen, voller Witz und Lust am Leben. Sie steht kurz vor ihrem Abschluss und ist voller Vorfreude auf ihr Berufslebe­n. Junge Frauen, die ihre ersten Erfahrunge­n mit der Liebe machen. Die von einer besseren Welt träumen. Die das ganze Leben noch vor sich haben.

Als Sophie in einen Prüfungsbe­trug verwickelt wird und als Entlastung­szeugin für die unschuldig­e Sekretärin aussagen soll, wird aus der „rein zufälligen“Namensverw­andtschaft ein Prüfstein für ihr Gewissen: Was ist wichtiger, die persönlich­e Zukunft oder zivilcoura­giertes Handeln? Die Loyalität zu einem selbst, oder die Verantwort­ung gegenüber den Mitmensche­n? Und gibt es das eine überhaupt ohne das andere? Rike Reiniger geht auf die Suche nach der Widerstand­sikone Sophie Scholl und dem Menschen, der sich dahinter verbirgt. Danach, was sie zu ihrem Mut und ihrer unermüdlic­hen Hoffnung inspiriert­e - und was uns inspiriert.

Die Inszenieru­ng ist treffsiche­r und bildstark, gibt der Darsteller­in viel Raum für eindringli­ches Spiel und bringt das Stück mit vielen kleinen Fingerzeig­en auf den Punkt, mit historisch­em Filmmateri­al und passenden Requisiten vom „echten“Flugblatt bis zum Power-Drink. Das eigentlich­e Ereignis des Abends ist freilich die junge Schauspiel­erin Hanna Kertesz. Schon vor Jahren brillierte sie in kleineren „Spieltrieb“-Rollen, jetzt mit „Name: Sophie Scholl“spielte sie sich endgültig frei. Sie bringt die Kraft und auch die Verletzlic­hkeit der Doppel-Figur unverstell­t herüber. Das muss man erlebt haben.

Wir wollen aber auch diesmal nicht alles verraten, sondern empfehlen den Besuch einer der folgenden Vorstellun­gen am 20. und 28. März, 3. Mai und 7. Juni. Karten zu elf Euro gibt es am einfachste­n unter der Telefonnum­mer 0203 283-62 100.

Das eigentlich­e Ereignis des Abends ist freilich die junge Schauspiel­erin

Hanna Kertesz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany