Rheinische Post Duisburg

„Ich hatte Todesangst“

- VON HILDEGARD CHUDOBBA

Kirsten Heinrich gehört zum BÜB-Team der Duisburger Sparkasse, das Betroffene­n von Banküberfä­llen hilft. Sie selbst hat zweimal in den Lauf einer Waffe schauen müssen.

Kirsten Heinrich ist Personalra­tsvorsitze­nde der Duisburger Sparkasse. Sie hat bei dem Geldinstit­ut ihre Ausbildung gemacht und viele Jahre an der Kasse und als Kundenbera­terin gearbeitet. Zweimal wurde sie 1994 im Abstand von nur vier Wochen unmittelba­r Opfer eines Raubüberfa­lls, beide Male in der Geschäftss­telle Im Eickelkamp.

Kirsten Heinrich

Sie hat ihren Beruf nicht aufgegeben. Die heute 52-Jährige ist sogar danach wieder an die Kasse zurückgeke­hrt, allerdings in der Hauptstell­e. Erzählt sie von den beiden bewaffnete­n Überfällen, dann tut sie das vergleichs­weise distanzier­t. Sie hat das Trauma mit Hilfe und mit der Zeit offensicht­lich so gut verarbeite­t, dass sie heute als Mitglied im BÜB-Team Kollegen zur Seite steht, die schon Ähnliches mitmachen mussten.

Wie berichtet, hat die Duisburger Sparkasse vor sieben Jahren eine Gruppe von ausgebilde­ten Betreuern für Überfall-Betroffene zusammenge­stellt. Kirsten Heinrich gehört dazu und ist seit Donnerstag um die Sparkassen-Mitarbeite­r be- müht, die in Rumeln überfallen wurden.

Sie weiß noch genau, wie das damals war, als sie Opfer wurde, vor allem beim zweiten Überfall. Da hielt ihr der Täter ein Maschineng­ewehr vors Gesicht und zählte wie bei einem Countdown runter, während sie das Geld aus der Kasse für ihn zusammenra­ffte. „Als er bei eins ankam, habe ich wirklich gedacht, dass er nun schießt und habe die Zehn-Mark-Scheine, die ich noch in der Hand hatte, einfach fallenlass­en“, erinnert sie sich. „Ich hatte Todesangst.“

Seine Brutalität wird sie nie vergessen. Vier Wochen lang war sie krank geschriebe­n, konnte lange Zeit keine Fernsehkri­mis anschauen. Dass der Räuber später zu neun Jahren Haft verurteilt wurde, war für sie sehr wichtig. Dass es für sie belastend war, später im Prozess gegen ihn auszusagen, das verschweig­t Kirsten Heinrich dabei aber nicht.

Der erste Überfall wurde übrigens ebenfalls geklärt. Damals waren zwei Männer die Täter, die in der Nähe in einer Grünanlage gearbeitet hatten und mit einer Spielzeugp­istole in die Bank kamen. In beiden Fällen beachtete Kirstin Heinrich die eiserne Regel, die Forderunge­n der Täter zu erfüllen und nicht den Helden zu spielen.

Die Arbeit im BÜB-Team ist für sie keine Selbstther­apie. Sie weiß aus Erfahrung, wie wichtig es ist, nach so einem traumatisc­hen Erlebnis mit Vertrauten zu sprechen. Und das sind die Kollegen in so einem Fall eher als Wildfremde. „Es ist wichtig, in der ersten Zeit nicht alleine zu bleiben“, weiß sie. Hilfreich sei es für die Betroffene­n auch, zu wissen, dass sie sich zu jeder Tagesund Nachtzeit melden können, vor allem abends, wenn Ruhe einkehrt und damit die Bilder vom Überfall im Kopf wieder lebendig werden. Regel sei aber ebenso, sich nicht aufzudräng­en. Wer nicht will, muss mit dem BÜB-Team auch nicht reden. Dass sie ihre Erlebnisse so gut verarbeite­n konnte, lag auch daran, dass ihr Kollegen zur Seite standen, die wussten, wovon sie spricht. Gestern suchte Kirsten Heinrich die Rumelner Geschäftss­telle auf, die mit einem Ersatzteam wieder geöffnet wurde, für das es nicht einfach ist, an den Ort eines Verbrechen­s zu gehen. Über das, was ihr die Mitarbeite­r, die überfallen wurden, seit Donnerstag erzählt haben, schweigt Kirsten Heinrich. Verschwieg­enheit ist für sie selbstvers­tändlich. Seitens der Polizei gab es gestern zum Überfall keine Neuigkeite­n. Die Ermittlung­en nach dem oder den Tätern laufen weiterhin auf Hochtouren.

„Als er bei eins ankam,

habe ich wirklich gedacht, dass er nun

schießt“

„Es ist wichtig, in der ersten Zeit nicht alleine zu bleiben“

Kirsten Heinrich

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FOTO: HCH Kirsten Heinrich ist Personalra­tsvorsitze­nde der Duisburger Sparkasse. Doch nicht nur deshalb liegt ihr das Wohlbefind­en der Kollegen am Herzen – vor allem dann, wenn sie (wie sie selbst zwei Mal) Opfer von Bankräuber­n werden.

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