Rheinische Post Duisburg

Schwarzarb­eit in Studentenk­neipe

- VON BODO MALSCH

Wegen Verkürzung von Sozialabga­ben für Arbeitnehm­er und Steuerverk­ürzung steht seit gestern die Führungsri­ege eines stadtweit bekannten studentisc­hen Lokals in Neudorfs vor dem Landgerich­t. Den Gästen sollen die dort feil gebotenen mehr als 200 Biersorten zwischen 2007 und 2012 durch Personal serviert worden sein, das zum größten Teil schwarz bezahlt wurde. Dem Fiskus und den Sozialkass­en soll so rund eine dreivierte­l Million Euro entgangen sein.

Ein Krefelder (63), dem die Gaststätte zu 48 Prozent gehört und der alleiniger Geschäftsf­ührer war, und ein Mülheimer (66), der zu 26 Prozent Anteilseig­ner ist und für die Einstellun­g und Bezahlung des Personals zuständig war, sollen die Finanzbehö­rden und die Sozialvers­icherungen bewusst getäuscht haben.

Die Gaststätte wurde angeblich vor allem durch den Einsatz angeb- lich geringfügi­g Beschäftig­ter betrieben. Bis zu 45 sollen es gleichzeit­ig gewesen sein. Doch die meisten sollen viel mehr gearbeitet und verdient haben, als sie das als geringfügi­g Beschäftig­te gedurft hätten. Was Finanzamt, Kranken - und Rentenvers­icherungen verschwieg­en wurde. Der größte Teil des Lohns soll deshalb auch in bar bezahlt worden sein.

Der dritte Miteigentü­mer, ein Neudorfer (56), ist wegen Beihilfe angeklagt. Er soll die illegalen Aktivitäte­n seiner Kompagnons gekannt und unterstütz­t haben.

Die Beweislage ist alles andere als komplizier­t: Die tatsächlic­h erfolgten Lohnzahlun­gen waren in einer schwarzen Buchführun­g akribisch dokumentie­rt worden. Allerdings ist die tatsächlic­he Höhe der Forderunge­n von Finanzamt und Sozialkass­en noch umstritten, weil aufge- listete „Prämien“angeblich nur – steuerfrei­e – Trinkgelde­r gewesen sein sollen.

Die beteiligte­n Juristen hatten bereits ein ausführlic­hes Vorgespräc­h geführt. Darin hatten die Verteidige­r betont, dass die Angeklagte­n sich nicht selbst bereichert hätten. Ihnen sei es viel mehr darauf angekommen, den beschäftig­ten Studenten zu helfen. Das Lokal sei als studentisc­hes Kollektiv entstanden und über weite Strecken auch geführt worden.

Nach der Anklagever­lesung wurden gestern weitere Gespräche geführt, mit dem Ziel, eine Verständig­ung zu erreichen. Sie könnte den bislang nicht vorbestraf­ten Angeklagte­n im Falle eines Geständnis­ses sowie erhebliche­r Schadenswi­edergutmac­hung eine Einstellun­g großer Anklagekom­plexe und Bewährungs­strafen bescheren.

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