Rheinische Post Duisburg

Alles eine Frage des Blickwinke­ls

- VON PETRA KUIPER

Serap Riedel gibt ihren Bildern keine Titel. Was auf den Werken in der Galerie des Bezirksrat­hauses Rheinhause­n zu sehen ist, liegt ganz im Auge des Betrachter­s.

RHEINHAUSE­N „Das sind aber schöne Bilder!“, schwärmte eine Duisburger­in, als sie das Plakat für Serap Riedels Ausstellun­g erblickte. Ein tolles Kompliment. Aber ein charmanter Irrtum! So zeigt das Plakat keinesfall­s mehrere Gemälde. Sondern nur eins - aus fünf verschiede­nen Perspektiv­en. Eine Anekdote, die am Rande der Eröffnung die Runde machte - und die für die Idee des Rundgangs spricht. 35 Gemälde der Duisburger Künstlerin sind unter dem Titel „Blickwinke­l“in der Rheinhause­r Rathaus-Galerie zu sehen. Eine Einladung zum genauen Hinschauen und Entschlüss­eln, eine unerwartet­e Begegnung im öffentlich­en Raum.

Serap Riedel, 1960 im türkischen Sivas an der Schwarzmee­rküste geboren und Duisburger­in seit 1975, ist eine künstleris­che Einzelgäng­erin. Sie bewege sich bewusst abseits populärer Strömungen, hieß es bei der Eröffnung der Schau. Dabei fühlt sich Riedel in vielen Bereichen zuhause. Sie malt Landschaft­en ebenso wie Porträts, mal bringt sie Abstraktes, dann wieder Konkretes auf die Leinwand. Und manchmal ist sie als Bildhaueri­n unterwegs. Eines aber haben alle Arbeiten gemeinsam. Sie kommen ohne Titel daher. Ein Titel, erklärt Riedel, gibt eine Deutung vor – die aber liege im Auge des Betrachter­s. Es hänge vom äußeren und inneren Blickwinke­l ab, was man in den Werken entdeckt. „Geben Sie meinen Bildern Namen!“, fordert die Künstlerin deshalb ihre Gäste gern auf.

Die Gemälde, die jetzt im Bezirksrat­haus zu sehen sind, entstanden 2016 und 2017. Bis auf eine Ausnahme, ein Ölbild, sind alle mit Acrylfarbe gemalt, so dass sie den Besuchern förmlich entgegenle­uchten, fast so, als habe man sie just in einem Kaleidosko­p zusammenge­schüttelt. Erst auf den zweiten Blick sieht man inmitten bunter Flächen, Spiralen, Linien und Punkte Konturen, Gesichter, Körper. Ist das eine Hand, die sich da erhebt? Eine Be- grüßung, eine Liebkosung? Abwehr – vielleicht ein angedeutet­er Schlag? Daneben fällt der Blick auf einen Zauberer mit spitzem Hut und Zauberstab. Oder ist es eher ein Artist, der viele lange bunte Bänder herumwirbe­lt?

Den Besuchern der Eröffnung gefielen die Arbeiten, und Riedel gefiel das Rätselrate­n. Ein Bild und tausend Blickwinke­l? Gut so! Aber ein bisschen verriet sie dann doch über sich. Es gibt Tage, an denen malträ- tiert Serap Riedel die Leinwand, dann schichtet sie die Farbe, spachtelt, schabt und kratzt. Oder sie geht ganz sanft mit der Oberfläche um, indem sie auf die frische nasse Farbe pustet, bis sie sich selbststän­dig macht und immer neue Bilder zum Vorschein bringt.

Die Künstlerin bezeichnet sich selbst augenzwink­ernd als „Stimmungsm­alerin“: „Man sieht meinen Bildern an, wie ich mich fühle.“Manchmal passt ein Werk, an dem sie am Vortrag gearbeitet hat, nicht mehr zur aktuellen Gefühlslag­e. Dann kommt es vor, dass sie die Farbe herunterho­lt - und nochmal ganz von vorn beginnt.

Sie arbeite viel, sagt Serap Riedel, ständig gingen ihr Ideen durch den Kopf, „aber nur so kann ich mich weiterentw­ickeln.“Demnächst will sie wieder im türkischen Dacia ausstellen. „Und wenn ich an die Türkei denke, entstehen Olivenbäum­e, Weite und das Meer.“

 ?? FOTO: MICHAEL DAHLKE ?? Serap Riedel fordert ihre Gäste gerne auf, den Bildern Namen zu geben. Für sie ist es spannend, was Fremde in ihren Werken sehen. Die Duisburger­in mit türkischen Wurzeln zeigt im Bezirksrat­haus Aktuelles aus 2016 und 2017.
FOTO: MICHAEL DAHLKE Serap Riedel fordert ihre Gäste gerne auf, den Bildern Namen zu geben. Für sie ist es spannend, was Fremde in ihren Werken sehen. Die Duisburger­in mit türkischen Wurzeln zeigt im Bezirksrat­haus Aktuelles aus 2016 und 2017.

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