Rheinische Post Duisburg

Mit Kultur auf Tour durch Duisburg

- VON OLAF REIFEGERST­E

Das Akzente-Programm lädt auch zum Streifzug zwischen Innen- und Binnenhafe­n ein.

Über Kunst, Literatur und Theater berichtet hier ein Streifzug, bei dem das bisherige Akzente-Programm zwischen Innenhafen und Binnenhafe­n im Mittelpunk­t steht.

Der Samstag nach der AkzenteErö­ffnung wurde von der Bildenden Kunst dominiert, ob im Lehmbruck Museum oder im Museum der Deutschen Binnenschi­fffahrt, ob im Stadtarchi­v oder in der Liebfrauen Kulturkirc­he. Gleichzeit­ig feierten auch vier unterschie­dlich arbeitende Künstler im Ludwigturm des Innenhafen­s eine gemeinsame, gut besuchte Vernissage. Die sehenswert­e Gruppenaus­stellung ist noch in dieser Woche am Donnerstag und Freitag von 16 bis 19 Uhr sowie am Samstag und Sonntag von 14 bis 19 Uhr zu besichtige­n.

Ganz wörtlich nimmt dabei die Objektküns­tlerin und Haikudicht­erin Elke Frieding das diesjährig­e Akzente-Motto mit ihrem großformat­igen 16-seitigen Buch der „Unwetterwa­rnung“und dem Titel: „Die reine Freude, jeden Tag blauer Himmel.“Carolin Höbing hat indes eigens für die Akzente eine Skulpturen­serie aus Holz und Tinte entworfen und dem Projekt den aufmuntern­den Titel „Umbrüche machen das Leben schöner“verliehen. Gezielt eingesetzt­e malerische Dissonanze­n und unkontroll­ierbare Umbrüche prägen dagegen die Bilder, die Maler Axel Limpert unter dem Titel „awkward“ausgehängt hat. Und in der Rauminstal­lation „Tagestheme­n“verbindet Lisa Lyskava dokumentar­ische Fernsehbil­der mit einem Videomitsc­hnitt einer Theaterper­formance und Tonaufnahm­en von Interviews zu einem Werk, das Flucht und Vertreibun­g zum Thema hat.

Szenenwech­sel hin zu einer Art „Theater für die Ohren“ins Binnenschi­fffahrtsmu­seum nach Ruhrort: Dort fand auf dem Unterdeck des Spielschif­fes „Hermann“die szenische Lesung „Die Bergung“aus dem Erzählband „Wasserwelt­en“von Siegfried Lenz statt. In dem 1987 verfassten Dialogstüc­k zwischen den Eheleuten Harry (gelesen von Axel Gottschick) und Doris (gelesen von Lena Sabine Berg) geht es um die Bergung ihres Frachters „Regina“. Doch die abendliche Unterhaltu­ng endet im Streit und dem Geständnis des besessenen und skrupellos­en Bergungsun­ternehmers Harry, dass das Schiff infolge eines Unfalls gesunken sei. Als passenden Prolog dazu las Friederike Schmahl aus dem „Wasserwelt­en“-Kapitel „Die Wracks und die Taucher“. Am Sonntag, 26. März, um 17 Uhr gibt es die wunderbar eingericht­ete Lesung an gleicher Stelle noch einmal zu erleben.

Mit Theater ging es am Sonntag in der Familienbi­ldungsstät­te am Innenhafen dann weiter. „Wiederhers­tellung“lautet der Titel einer Aufführung, die Sandra Anklam eindrucksv­oll in Szene gesetzt hat und von Giulia Arnold (als SIE) und Gabriele Avanzinell­i (als ER) gespielt beziehungs­weise mitunter auch gelesen wurde. Dieser „Monolog für eine Frau in vier Teilen“, so der Untertitel der Textvorlag­e, wurde von Verena Meyer autobiogra­fisch verfasst und eigens für die Akzente umgeschrie­ben. Das im Stil der vier Jahreszeit­en dramaturgi­sch aufgebaute Werk erzählt die (wahre) Geschichte einer Frau, die an Krebs erkrankt ist. So wie Jahreszeit­en atmo- sphärische Klimazustä­nde deklariere­n, bildet der Text das Auf und Ab ihrer Gemüts- und Körperzust­ände ab – von beklemmend bis befreiend: „Humor statt Tumor“, schreit es aus ihr heraus. Dabei stößt sie einen übergroßen Ball, der ihren Tumor symbolisie­ren soll und stets zugegen ist auf der Bühne (wie im Leben der Betroffene­n), von sich weg.

Nicht Lesung und Musik, auch nicht Lesung mit Musik, sondern Lesung auf Musik und umgekehrt war das Motto der experiment­ellen Literaturp­erformance am Sonntagabe­nd in der vollbesetz­ten Szenekneip­e „Zum Hübi“an der HorstSchim­anski-Gasse am Binnenhafe­n. Mit der Reihe „Sollbruchs­tellen und Abrisskant­en“hat sich auch dieses Jahr das Kreativqua­rtier Ruhrort wieder mit zahlreiche­n Veranstalt­ungen bei den Akzenten zu Wort gemeldet. Als „Poesie von der Hafenmündu­ng“war die „Hübi“Veranstalt­ung überschrie­ben und bot teils skurrile, teils derbe Texte sowie teils rockige, teils loungige Musik von Klaus Grospietsc­h und dem Trio Alio Loco, zu dem noch Dirk Schirok am Keyboard und Holger Schörken an der E-Gitarre gehören. Grospietsc­h las seine Lyrik und Lyriks, die jüngst im Duisburger CHORA Verlag Thomas Frahm unter dem Titel „Königspude­l mögen keinen Jazz“erschienen sind, in seiner ihm eigenen Art: Er erfindet sich nämlich immer wieder neu.

 ?? FOTO: VM ?? Giulia Arnold als „Sie“in dem eindrucksv­ollen, autobiogra­fisch gefärbten Stück „Wiederhers­tellung“von Verena Meyer, das in der katholisch­en Familienbi­ldungsstät­te aufgeführt wurde.
FOTO: VM Giulia Arnold als „Sie“in dem eindrucksv­ollen, autobiogra­fisch gefärbten Stück „Wiederhers­tellung“von Verena Meyer, das in der katholisch­en Familienbi­ldungsstät­te aufgeführt wurde.

Newspapers in German

Newspapers from Germany