Zeuge bleibt der einzige deutsche Box-Weltmeister
POTSDAM (sid) Eine tiefe Wunde über dem rechten Auge, Bissspuren auf dem Rücken und Frust über den Abbruch – Profiboxer Tyron Zeuge war trotz seines WM-Sieges gegen Isaac Ekpo nicht zum Feiern zumute. Der Berliner ätzte vielmehr über den unsauberen Stil des Nigerianers, der sich seinerseits verschaukelt fühlte. „Wenn man sich zwölf Wochen so intensiv vorbereitet hat und am Ende so ein Scheiß dabei rauskommt, ist das ärgerlich“, sagte Zeuge. Der Champion im Supermittelgewicht (bis 76,2 kg) hätte lieber anders gewonnen und war sauer auf Ekpo. „Er hält mich am Arm fest und versucht mir noch fünf-, sechsmal aufs Auge zu hauen“, sagte Zeuge.
Der 24-Jährige hatte in Runde drei durch einen Kopfstoß des zehn Jahre älteren Ekpo einen tiefen Cut am rechten Auge erlitten. Die Wunde brach immer wieder auf. In der fünften Runde wurde der Kampf abgebrochen und nach den Regeln des Weltverbandes WBA ausgezählt. Zeuge siegte einstimmig (49:46, 48:47, 49:47), musste aber noch im Krankenhaus behandelt werden.
Promoter Kalle Sauerland konnte sich ebenfalls nicht richtig freuen, auch wenn ihm der letzte deutsche Weltmeister in den großen Verbänden (WBA, WBO, WBC, IBF) erhalten geblieben war. „Catchen, Ringen, Beißen. Ekpo hat tatsächlich gebissen. Tyrons Rücken ist voll von Wunden“, erklärte der Manager und fühlte sich an die Ringschlacht von Evander Holyfield und Mike Tyson erinnert, „damals wusste Tyson auch nicht mehr weiter und biss Holyfield ins Ohr.“
Für Zeuges Trainer Jürgen Brähmer war der Fall klar. „Wir wollten boxen, der Gegner nicht“, urteilte der Ex-Champion. Trainer-Ikone Michael Timm, nun Assistent in Zeuges Ecke, sah den Titelverteidiger als Sieger. „Tyron war in den ersten beiden Runden der bessere Boxer. Damit ist sein Gegner nicht klargekommen. Deshalb sind bei ihm alle Sicherungen durchgebrannt.“
Das Ekpo-Lager ärgerte sich über das Ende. „Warum wurde der Kampf abgebrochen? Das Blut lief nicht in sein Auge“, wetterte Trainer Stacey McKinley. Sein Schützling sei kein schöner Boxer, eher ein Joe-FrazierTyp, aber er boxe regelkonform. „Ich sehe mich nicht als Verlierer. Für mich war es eine Aufgabe von Zeu- ge“, meinte Ekpo nach der dritten Niederlage im 34. Profikampf.
McKinley forderte lautstark einen Rückkampf. Noch im Ring hatte der Coach per Handy Kontakt mit Ekpos berühmtem Promoter Don King (85), um sich bei WBA-Chef Gilberto Mendoza zu beschweren. King, der frühere Manager von Muhammad Ali, musste wegen einer Lungenerkrankung in den USA bleiben. Sauerland lehnte einen Rückkampf ab. Der Brite Paul Smith, gegen Arthur Abraham schon zweimal nach Punkten unterlegen, sei nun ein Kandidat.