REISE&ERHOLUNG
sche Version besagt, der Bischof von Jerusalem habe das Kreuz 1231 nach Caravaca gebracht. Der religiösen Legende nach gelangte das Kreuz in jenem Jahr durch ein Wunder auf die maurische Festung, wo heute die barocke Basilika thront.
Damals herrschte noch der muslimische König Abu-Zeid im Süden Spaniens. Er forderte den gefangenen Priester Chirinos auf, ihm eine christliche Messe zu zeigen. Ohne das Symbol des Heiligen Kreuzes könne er dies nicht machen, entgegnete Chirinos dem maurischen Herrscher. In diesem Moment sollen zwei Engel vom Himmel herabgestiegen sein, um ihm das Lignum Crucis zu geben. Von der wunderbaren Erscheinung überwältigt, ließ sich Abu-Zeid taufen und konvertierte zum Christentum. Tatsache ist: Die Nachricht über die Heilige Reliquie verbreitete sich in Windeseile. Schon wenige Jahre später besetzten die Tempelritter Caravaca, um das Kreuz vor den muslimischen Feinden zu schützen.
Die Erzählungen, wie mit dem Kreuz Kranke geheilt sowie Dürren und Heuschreckenplagen bekämpft wurden, zogen nicht nur Pilgermassen an. Zahlreiche christliche Orden gründeten im 16. und 17. Jahrhundert Klöster in Caravaca. So beeindruckt die mittelalterliche Altstadt heute noch mit einem prachtvollen Kirchenensemble. Besonders die Renaissancekirche El Salvador sticht heraus. Darin wird eine weitere Reliquie aufbewahrt: ein Blutstropfen des heiliggesprochenen Papst Johannes Paul II.
„Das Kreuz von Caravaca ist auf der ganzen Welt bekannt, vor allem in Südamerika“, sagt Gloria Gómez Sánchez, Stadträtin für Tourismus. „Doch kaum jemand weiß, wo Caravaca liegt.“Das werde sich mit den Heiligen Jahren nun hoffentlich ändern. Im Heiligen Jahr 2017 will man die Besucher mit Konzerten, Ausstellungen, Theater und gastronomischen Volksfesten anlocken.
Die meisten Touristen kommen im Mai, um das über 600 Jahre alte Weinpferde-Fest und das Maurenund-Christen-Fest zu sehen, bei dem die alten Religionsschlachten nachgespielt werden. Doch nur wenige tausend echte Pilger verirren sich jährlich nach Caravaca. Massenaufläufe wie in Santiago de Compostela sind hier selbst im Heiligen Jahr nicht zu erwarten. Priester Sánchez Espin holt zu den Pilgermessen sogar die Reliquie aus dem Schrein, damit jeder Gläubige sie küssen kann, so gering ist der Andrang noch.
Um Caravaca als Pilgerort attraktiver zu machen, sollen in den kommenden Jahren bis zu neun verschiedene Pilgerrouten in der Region Murcia wieder gekennzeichnet werden. Sie gerieten in den vergangenen Jahrhunderten in Vergessenheit – auch der 900 Kilometer lange Camino de la Vera Cruz, der Weg zum Wahren Kreuz, der in Nordspanien bei Roncesvalles vom Jakobsweg abzweigt und bis tief in den Süden nach Caravaca führt.
Es handelt sich um Pilgerwege wie den bereits eingerichteten Camino del Levante, der über 120 Kilometer von Orihuela nach Caravaca verläuft. Der Weg führt durch wunderschöne mediterrane Landschaften mit Pinienwäldern, Weinfeldern und vorbei an sehenswerten Ortschaften wie Cehegín, dem zweifellos schönsten Dorf der gesamten Region. Die malerische Altstadt ist gespickt mit kleinen Palästen, Kirchen, maurischen Stadttoren und alten Adelshäusern.
Ein obligatorischer Stopp für alle Pilger und Reliquien-Touristen ist Mula. Im Kloster de la Encarnación hüten die Ordensschwestern neben einem Splitter des Jesus-Kreuzes, einer Kordel, mit der Christus ans Kreuz gebunden wurde, und einem Stein vom Kreuzigungsort sogar einen Dorn von Jesus Dornenkrone. Bis vor kurzem zeigten die Schwestern ihren Schatz nur ein einziges Mal im Jahr. Doch mit dem Heiligen Jahr konnte man die Nonnen überzeugen, die Reliquien permanent für die Pilger auszustellen.