Rheinische Post Duisburg

Neuer Höchststan­d an Verfahren am Duisburger Sozialgeri­cht

- VON ROSALI KURTZBACH

Nach wie vor werden in Duisburg zumeist Fälle im Hartz IV-Bereich verhandelt. Die Belastung der Richter nimmt zu.

Die Klagen nehmen nicht ab: Das Sozialgeri­cht Duisburg hat sich im vergangene­n Jahr erneut mit mehr Streitfäll­en beschäftig­en müssen, als zuvor. Die Zahl der Verfahren ist um 6,3 Prozent gestiegen und hat mit 13.343 Fällen, darunter sind 1632 Eilanträge, einen neuen Höchststan­d erreicht. Nach wie vor machen die Verfahren im Hartz IVBereich mit gut 42 Prozent einen Großteil der Eingänge aus. „Eigentlich“, so sagt Ulrich Scheer, Präsident des Sozialgeri­chtes, „haben wir damit gerechnet, dass das im zwölften Jahr nach der Einführung von Hartz IV abnimmt. Aber das Gegenteil ist der Fall.“

Allerdings müsse man die Fallzahlen differenzi­ert sehen. Denn vor allem in den Städten Duisburg und Essen, für die das Sozialgeri­cht neben Mülheim, Oberhausen und den Kreisen Kleve und Wesel zuständig ist, gebe es häufiger Probleme mit dem Jobcenter. Ein Grund seien rund 80 Gesetzesän­derungen, die es seit der Einführung von Hartz IV gegeben hat.

„Der SGB II-Bereich ist ein lebendiges Rechtsgebi­et“, sagt Ulrich Scheer. Nach wie vor geht es zumeist um die Frage eines angemessen­en Wohnraums für Hartz IVEmpfänge­r. „Wie hoch darf die Miete sein, was wird vom Jobcenter übernommen?“Es sind einige Faktoren, die dazu führen, dass die Jobcenter „jährlich Millionen neue Bescheide“verschicke­n, erklärt Scheer. Der Wohnraum wird teurer, Lebenssitu­ationen verändern sich. Manchmal sind es auch Fälle, die in kein Schema passen. Was ist, wenn es zeitlich eingeschrä­nkte Bedarfsgem­einschafte­n gibt, wenn das Kind von getrenntle­benden Eltern regelmäßig eine Woche bei der Mutter und eine bei dem Vater lebt? In den Ferien es aber ganz anders aussieht? „Was ist mit dem Wohnraum? Gibt es zwei Kinderzimm­er? Was ist mit den Fahrtkoste­n, wenn die Eltern in zwei Städten leben? Es gibt eine Vielzahl von Fragen“, nennt Markos Uyanik, Richter und Pressespre­cher am Sozialgeri­cht, nur ein Beispiel, das zeigt, wie komplex Fälle mitunter sind.

Über die Hälfte aller Klageverfa­hren hat das Sozialgeri­cht in weniger als zwölf Monaten entschiede­n, bei den Eilverfahr­en sind es im Schnitt sechs Wochen. Die 41 Richter am Sozialgeri­cht erledigen pro Jahr im Schnitt jeweils über 400 Fälle. „Damit liegen wir landesweit mit an der Spitze. Die Belastung für die Richter nimmt mit den steigenden Verfahren zu“, sagt Ulrich Scheer. Und das auch, weil die Fälle schwierige­r geworden seien. Für immer mehr Verfahren müssen Zeugen vernommen und Gutachten eingeholt werden. Das kostet Zeit – auch im Bereich der Rentenvers­icherungen. Nach Betriebspr­üfungen durch den Träger der Rentenvers­icherung werden von den Unternehme­n nicht selten mehrere hunderttau­send Euro an Beiträgen zur Sozialvers­icherung nachgeford­ert. „Oftmals steht hier die Existenz von Unternehme­n auf dem Spiel“, erklärt Scheer.

Mit zum Anstieg der Klageverfa­hren habe auch geführt, dass EU- Ausländer vermehrt Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht haben.

In Duisburg sind dies vor allem Bulgaren und Rumänen. „Auch wenn der Gesetzgebe­r mittlerwei­le reagiert hat und einen Anspruch auf Sozialhilf­e grundsätzl­ich ausschließ­t, ist aber angesichts vieler Bestandsfä­lle nicht mit einer Entlastung zu rechnen“, sagt Sozialgeri­chts-Präsident Ulrich Scheer, der sich oft „klarere Vorgaben des Gesetzgebe­rs“wünscht.

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