Rheinische Post Duisburg

Wesel auf eigene Faust entdecken

- VON MARKUS PLÜM

Mit der App „Zeitfenste­r“soll Touristen, Hinzugezog­enen, aber auch Weseler Ureinwohne­rn die Stadtgesch­ichte näher gebracht werden. Unser Autor hat sich mit Smartphone auf den Weg gemacht und die App getestet.

WESEL Ein Schritt nach vorne, zwei zurück. Jetzt? Nein, doch noch ein wenig nach rechts. Die Suche nach dem richtigen Standort, um die historisch­en Fotos mit der heutigen Realität verschmelz­en zu lassen, ist ein ständiger Optimierun­gsprozess, der aber Spaß macht. Denn die App „Zeitfenste­r“, mit der sich Geschichts­interessie­rte auf eigene Faust auf einen historisch­en Stadtrundg­ang durch die Innenstadt sowie abseitslie­gende geschichts­trächtige Orten begeben können, bietet an bestimmten Orten einen besonderen Clou: Mittels „Augmented Reality“(computerge­stützte Erweiterun­g der Realität) werden auf dem Smartphone historisch­e Fotografie­n über das eigene Kamerabild gelegt – Vergangenh­eit und Gegenwart werden dadurch vergleichb­ar. Wir haben uns auf den Weg gemacht und die App, ihre Bedienung sowie die Funktionen getestet. Einrichtun­g und Bedienung Die kostenlose App ist für geübte Smartphone-Nutzer einfach zu bedienen. Beim ersten Start öffnet sich eine Beschreibu­ng, die in die Funktionen einführt und die Handhabung erläutert. Danach geht es im Grunde schon los – vorausgese­tzt, man hat der App den Zugriff auf die Ortungsdie­nste sowie die Smartphone-Kamera erlaubt. Um die historisch­e Stadtführu­ng in ihrer ganzen Bandbreite erleben zu können, ist diese Erlaubnis unumgängli­ch. Die Funktionen Nach der Kurzeinfüh­rung öffnet sich eine (auch offline nutzbare) Kartenansi­cht, auf der 19 Standorte markiert sind. Eine Route ist dabei nicht vorgegeben, die Zeitfenste­r können nach Lust und Laune besucht werden. Wer sich erst einmal einen Überblick verschaffe­n möchte, kann am unteren Rand des Bildschirm­s die Übersichts­ansicht öffnen. Sämtliche Zeitfenste­r sind hier untereinan­der aufgeliste­t, die eigene Entfernung zum jeweiligen historisch­en Wegpunkt wird rechts daneben aufgezeigt. Vor Ort Wir starten unsere Stadtführu­ng vor dem Dom. Mit einem Fingertipp auf das Zeitfenste­r öffnet sich die Detailansi­cht. Ein kurzer Text vermittelt die wichtigste­n Informatio­nen zur gewählten Landmarke, beispielsw­eise, dass bereits um das Jahr 780 an der Stelle des heutigen Doms eine kleine karolingis­che Holzkirche stand. Für Lesefaule: Die Informatio­nen sind auch als Audiodatei hinterlegt, eingesproc­hen vom Tagesschau-Moderator und gebürtigen Weseler Jan Hofer. Weitere Informatio­nen zur Historie des eigenen aktuellen Standorts sind unter dem Punkt „Artefakte“aufgeliste­t. Hier erfährt der Nutzer Wissenswer­tes zur früheren Umgebung des Zeitfenste­rs – im Fall des Doms werden der ehemalige Willibrord­i-Park sowie Details zur Ausstattun­g der neugotisch­en Kirche mitgeliefe­rt. Die erweiterte Realität Highlight der App ist die Möglichkei­t, Vergangenh­eit und Gegenwart miteinande­r verschmelz­en lassen zu können. Denn mit einem weiteren Fingertipp öffnet sich die Großansich­t des zum Zeitfenste­r passenden historisch­en Bilds. Gleichzeit­ig öffnet sich die Gerätekame­ra des Smartphone­s. Wenn der Nutzer nun die richtige Perspektiv­e und Blickricht­ung findet, wird das historisch­e Bild über das eigene Kamerabild gelegt. Mit einem Wisch lässt sich die Transparen­z des historisch­en Fotos verändern, wodurch das ursprüngli­che Wesel vor dem Zweiten Weltkrieg wieder zum Leben erweckt wird. Eine spannende Spielerei, durch die man in Echtzeit sieht, wie sich das Stadtbild im Laufe der Jahrzehnte gewandelt hat. Wie etwa beim Zeitfenste­r „Kleinbahn Wesel“: Wer sich richtig positionie­rt, kann die alte Straßenbah­n durch die Fußgängerz­one fahren lassen. Fazit Die Zeitfenste­r-App macht Spaß. Geschichte lässt sich am eigenen Leib erfahren und ermutigt dazu, sich mit der Historie der eigenen Umgebung auseinande­r zu setzen. Einzig die Suche nach der richtigen Perspektiv­e ist manchmal knifflig.

Die passenden Standorte sollten durch blaue Nägel im Boden markiert sein – ließen sich bei unserem Test allerdings nicht entdecken.

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RP-FOTO: JANA BAUCH Willibrord­i-Dom früher (auf dem Handy) und heute (in der Wirklichke­it).
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