Saatbomben in Bissingheim geworfen
Demnächst wird’s bunt: So genannte Guerilla-Gärnter haben Wildblumen ausgesät, um Bienen zu helfen.
BISSINGHEIM Kornblume, Moschusmalve, Silberfingerkraut: Den Bissingheimern blüht so einiges. Samen von 40 Wildpflanzensorten haben Marcel Müller* und seine Mitstreiter in Bissingheim ausgebracht. Ein halbes Kilogramm Samen insgesamt – genug, um eine Fläche von 300 Quadratmetern zu begrünen und bunt zu blühen, verteilt übers Dorf. Müller und Co. wollen Bissingheim aufblühen lassen. Hippies, Blumenkinder, sind sie nicht; ihr Ziel: „Bienen und Hummeln das Leben einfacher zu machen.“Wenn dabei ein paar ungepflegte Ecken hübscher werden: umso besser.
Hauptsächlich aber geht’s ihnen um die Sache mit den Bienchen und Blümchen. Das Problem ist nur: Wo keine Blumen oder nur wenige Sorten, und die noch kultiviert, da haben’s die schwarz-gelben Summer und Brummer schwer. „Das, was ich im Gartenmarkt kaufe, ist oft ohne Nährstoffe für Insekten“, klärt Müller auf. Sieht zwar appetitlich aus, macht aber nicht satt. Anders die Wildkräuter und -blumen, die in Müllers Saatbomben stecken. „Die Blüten sind darauf ausgelegt, Insekten zu ernähren.“Und so haben die drei Samen dort verbuddelt, wo sie dran kamen, und Saatbomben geworfen, wo Hindernisse den Weg versperrten. 30 Meter weit sind ihre Geschosse aus Erde und Samen geflogen. Biologische Kriegsführung mit der Fletsche. Denn was Müller und seine Wild-Gärtner gemacht haben, ist nicht bei allen gern gesehen (und darum sein Name geändert). „Das Aussäen von Pflanzen kann ein Straftatbestand sein“, sagt Müller. Ärger mit der Stadt droht ihm aber nicht. „Bunt und grün finden wir schön“, sagt Sprecherin Susanne Stölting. Besonders bei Wildblumenwiesen, wild ausgesät, drückt die Stadt nicht etwa beide Augen zu, sondern schaut sogar wohlwollend hin. „Uns ist daran gelegen, dass die Stadt möglichst grün wird.“Kein Problem also, dass die Guerilla-Gärtner schwerpunktmäßig auf öffentliche Flächen gezielt haben.
Der Bombenleger präzisiert: „Verödete Grünflächen, um die sich keiner kümmert.“Wo, wie er sagt, höchstens einmal im Jahr der Rasenmäher kommt. Wenn überhaupt. Gute Voraussetzungen für die Wildpflanzen, um ins Kraut zu schießen. Müller findet: „Wenn sich die Stadt nicht kümmern kann, müssen es andere tun.“Gekümmert haben sich die drei jetzt auf ihre Art. Mit Saatbomben. Explodieren, also blühen, soll die bunte Munition in gut einem Monat. „Das geht los im Juni, Juli, bis in den Herbst rein.“Damit Bienen, Hummeln und was sonst noch so durch Bissingheim schwirrt, gut durch den Sommer kommen.
Und wenn die Blumen verblüht sind? Brauchen die Insekten trotzdem nicht die Köpfe hängen zu lassen. Zum einen hat Müller auch mehrjährige Pflanzen ausgebracht. Zum anderen soll die Saatbombenaktion nicht nur ein Strohfeuer gewesen sein – sondern die Initialzündung für weitere Blumen-Angriffe.