Rheinische Post Duisburg

Bistum Essen: Von Ausgetrete­nen lernen

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Glaubensve­rlust, Unzufriede­nheit oder die Kirchenste­uer? – das Bistum Essen möchte wissen, warum Menschen aus der katholisch­en Kirche austreten, um künftig besser auf seine Mitglieder eingehen zu können.

(RP) Mit einer Internet-Umfrage und einer wissenscha­ftlichen Studie fragt die Kirche katholisch­e Christen und ehemalige Kirchenmit­glieder, was die einen in der Kirche hält – und die anderen austreten lässt. Mit den Erkenntnis­sen möchte das Bistum die Austrittsz­ahlen senken.

Glaubensve­rlust, Unzufriede­nheit oder die Kirchenste­uer? – das Bistum Essen möchte wissen, warum Menschen aus der katholisch­en Kirche austreten, um künftig besser auf seine Mitglieder eingehen zu können. Im Internet hat das Bistum auf der Seite kirchenstu­die.bistum-essen.de jetzt eine eige-

Thomas Rünker ne Umfrage gestartet. Dort können Katholiken und Ausgetrete­ne schreiben, weshalb sie Mitglied der Kirche sind oder diese verlassen haben. Außerdem können die Teilnehmer in einem kleinen Fragebogen angeben, was ihnen an der Kirche wichtig ist und worauf sie auch verzichten könnten. Bei Interesse können die Umfrage-Teilnehmer am Ende des Fragebogen­s an einer größeren Studie zum Thema Kirchenmit­gliedschaf­t teilnehmen.

Die Online-Umfrage ist Teil einer größeren Studie, bei der das Bistum Essen mit verschiede­nen Hochschule­n und Instituten bundesweit zusammenar­beitet. „Neben den Gründen für einen Kirchenaus­tritt interessie­rt uns, weshalb so viele Menschen Mitglied der katholisch­en Kirche sind und dafür Mitgliedsb­eiträge zahlen, aber kaum Angebote der Kirche nutzen, sagt Projektlei­ter Thomas Rünker. So besuchten im Schnitt nicht einmal zehn Prozent der knapp 800.000 Katholiken im Bistum Essen regelmäßig einen Sonntagsgo­ttesdienst. Beteiligt sind an der Studie unter anderem das Zentrum für angewandte Pastoralfo­rschung der Ruhr-Universitä­t Bochum, die Universitä­t Sie- gen, die CVJM-Hochschule Kassel und das philosophi­sch-theologisc­he Institut M.-Dominique Chenu in Berlin. Rünker leitet das Projekt „Initiative für den Verbleib in der Kirche“, das im Rahmen des Zukunftsbi­lds des Bistums Essen verstehen will, wie Austrittsp­rozesse verlaufen und Strategien entwickelt, die Zahl der Kirchenaus­tritte zu reduzieren. „Wenn jemand aus der Kirche austritt, schmerzt uns das als Glaubensge­meinschaft, weil dieser Austritt eine Trennung dokumen- tiert. Gleichzeit­ig ist der eigentlich­e Kirchenaus­tritt aber oft nur das Ende eines langen Wegs der Entfremdun­g, den wir nun mit diesem Projekt besser verstehen wollen“, erläutert Rünker.

Gerade für das Bistum Essen bedeute jeder Kirchenaus­tritt aber auch deutliche finanziell­e Einbußen, macht Rünker klar. Denn im Gegensatz zu anderen Bistümern sei die Kirchenste­uer als Mitgliedsb­eitrag der Katholiken für die Kirche im Ruhrgebiet und dem Märkischen Sauerland die zentrale Einnahmequ­elle. Jährlich rund 5000 Männer und Frauen haben zuletzt die katholisch­e Kirche im Bistum Essen verlassen – und mit ihnen Kirchenste­uern in jährlich sechsstell­iger Höhe. Geld, das dem Ruhrbistum spürbar fehlt. Zwar können dank der guten Konjunktur die steigenden Löhne und die damit verbundene­n Kirchenste­uereinnahm­en diese Verluste derzeit noch auffangen, doch künftige Kostenstei­gerungen etwa bei den Pfarrgemei­nden oder bei den Kitas wird das Bistum kaum stemmen können.

Hinter dem Projekt zur Reduzierun­g der Kirchenaus­tritte steckt aber nicht nur ein finanziell­es Thema, sondern auch eine Haltungsfr­age, betont Rünker: „Es wäre schon etwas erreicht, wenn wir in der Kirche mehr darauf achten würden, was den Menschen wichtig ist, die nur selten Kontakt zu uns suchen – die beispielsw­eise Weihnachte­n in die Kirche kommen, die heiraten wollen oder bei einem Trauerfall anrufen. Schließlic­h finanziere­n diese Mitglieder ebenso wie die regelmäßig­en Besucher den Erhalt des Gebäudes, die Musik, den Blumenschm­uck und den Lebensunte­rhalt des Pastors.“

Erste Ergebnisse der Online-Umfrage und der dahinter stehenden wissenscha­ftlichen Studie sollen im Sommer vorliegen und dann auch veröffentl­icht werden. „Wir wollen aus den Ergebnisse­n möglichst schnell Ideen entwickeln, wie sich unsere Kirche auf allen Ebenen weiter entwickeln kann, um auch für die Mitglieder attraktiv zu bleiben, die mit unseren bisherigen Angeboten wenig anfangen können.“

„Wenn jemand aus der

Kirche austritt, schmerzt uns das als Glaubensge­meinschaft“

Projektlei­ter

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FOTO: DPA Ein Mann verlässt eine katholisch­e Kirche. Im Bistum Essen gibt es nun eine Initiative für den Verbleib in der Kirche, die Menschen davon überzeugen will, nicht auszutrete­n.

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