Die Marotten der Kollegen
Büroabteilungen sind Zweckgemeinschaften. Meist kann man sich nicht aussuchen, mit wem man zusammenarbeitet, acht Stunden und mehr und manchmal sehr viel näher beieinander als einem lieb ist. Da kann es passieren, dass Kollegen einfach nur nerven: dieses hemmungslose Niesen, dass man um die Tastatur des Mitarbeiters fürchten muss! Dieses laute Schneuzen (hoffentlich in ein stabiles Stofftaschentuch)! Dieses ständige Nasehochziehen! Aus dem Glas trinkt der ein oder andere ja auch nie, sondern nuckelt geräuschvoll wie ein Baby an der Flasche! Dieses Ächzen und Stöhnen um einen herum, wenn sich Leute erheben, räkeln oder in ihre Bürostühle fallen lassen! Einfach grässlich. Wie soll man da arbeiten?
Das Fatale daran: Die Urheber des Unbehagens scheinen keinen blassen Schimmer zu haben, was sie da tun und was sie da gerade anrichten, welche Aggressionen sie mit ihrem Verhalten bei anderen auslösen. Das Fatale daran ist aber auch, dass es ihnen oft genug keiner sagt.
Animositäten im Büro, die nicht angesprochen werden, haben ungeahntes Potenzial zu eskalieren. Andersherum gesagt: Harmonie im Büro ist ein Abfallprodukt geklärter Konflikte. Wenn es darum geht, Pro- bleme aus der Welt zu räumen, sind stets beide Seiten gefragt. Zunächst aber der, der sich ärgert: Ist er vielleicht zu empfindlich? Oder fällt die Reaktion auf Lappalien deshalb so gereizt aus, weil ein tiefergehender Grund vorliegt? Ist das Ausmaß des Verdrusses deshalb so groß, weil man zu lange geschwiegen hat?
Daher ist es wichtig, keine Strichlisten zu führen, sondern frühzeitig Laut zu geben, wenn einen etwas stört. Die Kunst liegt darin, dann nicht als Besserwisser, Oberlehrer oder Hüter von Dezibelzahlen aufzutreten. Freundlichkeit, Offenheit, eine Prise Humor wirken oft Wunder, etwa das Bekenntnis, etwas geräuschempfindlich zu sein. Oder schreckhaft. Und dem Kollegen, der immer aus der Flasche trinkt, könnte man einfach einen hübschen Becher schenken.