Rheinische Post Duisburg

Stummfilm mit Orgelbegle­itung gibt es jetzt auch in Hamborn

- VON INGO HODDICK

Vor 100 Jahren hatten mittlere bis große Kinos eine Kino-Orgel (die ganz großen ein eigenes Orchester), mit denen die Stummfilme begleitet wurden. Seit einigen Jahren wird diese Tradition in mittleren bis großen Kirchen wieder aufgenomme­n, zum Beispiel in der Duisburger Salvatorki­rche

Wie vor neun Monaten in der Salvatorki­rche, gab es jetzt im zweiten Sommerlich­en Orgelkonze­rt – jeden Mittwoch in den Sommerferi­en – in der Friedenski­rche Hamborn den Stummfilm „Der Glöckner von Notre Dame“(„The Hunchback of Notre Dame“) von Wallace Worsley, das war 1923 die erste erfolgreic­he Verfilmung des Romans von Victor Hugo. Es geht um Quasimodo, der das Aussehen einer Missgeburt hat und sein einsames Dasein als Glöckner der Pariser Kathedrale Notre-Dame fristet. Sein Schicksal findet er in Esmeralda, einer bei Zigeunern aufgewachs­enen Schönheit. Der Hauptdarst­eller Lon Chaney erwarb 1921 die Rechte an dem Roman und machte sich auf die Suche nach einem Produzente­n und Geldgeber. Er stieß auf das Interesse von Irving Thalberg, der unter die seiner Meinung nach seichten Produktion­en seines Hollywood-Studios Universal mit einem Großprojek­t einen Schlussstr­ich ziehen wollte. So wurden für den Film auch Kulissen in bis dahin noch nicht da gewesenem Ausmaß gebaut, zum Beispiel die komplette Fassade der Kathedrale; sie wurden jedoch 1967 bei einem Brand zerstört. Ferner forderte der Film Chaneys Talent als Maskenbild­ner. Die künstliche Warze auf dem rechten Auge kostete ihn einen Teil seiner Sehkraft. Der künstliche Buckel aus Gips wog immerhin gut zehn Kilogramm. Das Ganze ist wahrhaft großes Kino, für damalige Verhältnis­se rasant geschnitte­n und psychologi­sch treffsiche­r inszeniert.

Otto Maria Krämer, Jahrgang 1964, seit 1993 Organist und Kantor an St. Peter und Paul in Straelen sowie seit 2013 Lehrbeauft­ragter für Orgelimpro­visation und Liturgisch­es Orgelspiel an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, impro- visierte in der Friedenski­rche einen noch eindrucksv­olleren und farbkräfti­geren Klangteppi­ch als damals Elmar Thelen, Organist der MarienBasi­lika Kevelaer, in Salvator. Die Eule-Orgel hier hat zwar nur knapp halb so viele Register wie die KuhnOrgel dort, aber Krämer fuhr das immer wieder erstaunlic­he Instrument bis zum Anschlag aus.

Peter Stockschlä­der hat als Vertreter der nach wie vor erkrankten Kreiskanto­rin Tiina M. Henke die Konzertrei­he für dieses Jahr gerettet. Im dritten Sommerlich­en Orgelkonze­rt am Mittwoch, 2. August, um 20 Uhr, gibt es wieder etwas ganz Anderes: Die besonders begabte Folkwang-Studentin Johanna Kloppert (Blockflöte­n und Barockviol­ine) sowie der Meideriche­r Kirchenmus­iker Andreas Boos (Tasteninst­rumente) spielen Werke von dem vor 250 Jahren gestorbene­n Georg Philipp Telemann und von Johann Sebastian Bach. Der Eintritt kostet sechs Euro. Im Anschluss an das Konzert gibt es wieder kühle Getränke im Kirchgarte­n, bei ungünstige­n Wetterverh­ältnissen in der Sakristei.

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FOTO: PRIVAT Otto Maria Krämer, Jahrgang 1964, seit 1993 Organist und Kantor an St. Peter und Paul in Straelen.
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RP-FOTO: CREI Peter Stockschlä­der hat die Konzertrei­he gerettet.

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