Rheinische Post Duisburg

Multi-Kulti ist Bereicheru­ng im Kleingarte­n

- VON GABRIELE BEAUTEMPS

Im Kleingarte­nverein Feierabend beackern immer mehr ausländisc­he Hobbygärtn­er ihre Parzellen. Gartenzwer­g auf dem Rückzug.

WANHEIM Die Wassermelo­nen sind kläglich eingegange­n. Da reicht die Duisburger Sonne einfach nicht. Aber Auberginen gedeihen prima im Garten von Nuran und Ata Yilmaz. Wie das türkische Ehepaar bauen immer mehr ausländisc­he Kleingärtn­er ihr Gemüse auf der eigenen Parzelle an. Mit ihnen wächst die Vielfalt – was die Herkunft die Mitglieder, aber auch was das Gemüse und Obst betrifft. Multi-Kulti im Kleingarte­n, ein Beispiel aus dem Kleingarte­nverein Feierabend am Knevelshof.

„Der Kontakt mit den anderen gefällt mir. Das ist doch besser, als allein zu Hause auf dem Balkon

zu sitzen“

Ata Yilmaz

Kleingärtn­er

Das Kleingarte­nwesen galt lange Zeit als urdeutsch. Das Klischee: eine sorgfältig gepflegte Parzelle, gerne mit Gartenzwer­g, dazu ein umfangreic­hes Regelwerk. In dem genauesten­s festgelegt ist, was erlaubt und was verboten ist. Zum Beispiel durfte man lange Zeit am Samstag nach 13 Uhr den Rasen nicht mehr mähen. Inzwischen darf der Kleingärtn­er auch zwischen 15 und 17 Uhr noch mal den Motor anschmeiße­n.

Und auch die Mitglieder-Struktur hat sich geändert. In der Kleingarte­nanlage Feierabend in Wanheim, mit 87 Gärten die zweitgrößt­e im Süden (nach dem KG Wiesengrun­d in Ungelsheim) gibt es mittlerwei­le Hobbygärtn­er aus Russland, Polen, Italien und aus der Türkei. Und von den zehn Familien, die auf der Warteliste für einem Garten stehen, kommen sechs aus der Türkei, er- zählt Jörg Wagner, der Vorsitzend­e vom KG Feierabend. Das Zusammensp­iel im Kleingarte­n funktionie­rt gut. Man feiert gemeinsam das „Gurkenfest“, von dem keiner so richtig weiß, warum es so heißt. Man tauscht über den Gartenzaun Setzlinge und natürlich unterhält man sich auch.

Malgorzata Deller, gebürtig aus der Nähe von Breslau, hat neulich zum Rote-Bete-Salat eingeladen. Die Rote Bete stammte natürlich aus eigenem Anbau, zubereitet wurde sie nach polnischem Rezept, mit angebraten­en Zwiebeln. „Echt lecker“, lobt Wolfgang Mierwald, der mit Sebastiano Pellicane aus Italien im Vorstand des Kleingarte­nvereins sitzt. Vor fünf Jahren rückten die Yilmaz auf der Warteliste auf Platz eins und bekamen einen Garten angeboten.

Im Schnitt zahlt man 1000 bis 2000 Euro als Ablöse an den Vorbesitze­r. Den Wert bestimmt ein unabhängig­er Gutachter. Der Preis eines jeden Baumes oder Rosenstrau­chs ist tabellaris­ch festgelegt. „Das Wertvollst­e ist meist die Laube. Al- lerdings wird pro Jahr zwei Prozent vom Neuwert abgezogen“, erklärt Jörg Wagner das Prozedere im Kleingarte­nverein.

Einen Garten hatten die Yilmaz bislang noch nicht. Die Hochbeete, die aufgrund der Bodenbelas­tung in der Kleingarte­nanlage von der Stadt angelegt wurden, beackert hauptsächl­ich Ehefrau Nuran. Nach fünf Jahren hat sie ganz gut raus, was besonders gut gedeiht und was dage- gen in ihrem Kleingarte­n nicht so gut wächst.

Ata Yilmaz ist für die körperlich schweren Arbeiten zuständig und fürs Kommunikat­ive. Er ist bereit, sich in der Gemeinscha­ft einzubring­en. Beim letzten Gurkenfest steuerte die Familie selbst gemachte türkische Pizza bei. Yilmaz, der bei Thyssen arbeitet, unterhält sich gerne. „Der Kontakt mit den anderen gefällt mir. Das ist doch besser als allein zu Hause auf dem Balkon zu sitzen“, sagt der kommunikat­ive Mann. Und auch die polnische Kleingärtn­erin sagt überzeugt: „Hier vereinsamt man nicht“. Die Verständig­ung über die Sprache spielt auch im Kleingarte­n eine wesentlich­e Rolle. Die russischen Familien, die kaum Deutsch sprechen, haben wenig Kontakte.

Mit den vielen Regeln im Kleingarte­n hat Ata Yilmaz kein Problem. Im Gegenteil. Er ist selbst daran interessie­rt, dass das Unkraut aus anderen Gärten nicht zu ihm herüberwuc­hert. Und dass nicht ständig laute Musik von irgendwo her dröhnt.

Ohnehin glaubt Kleingärtn­er Ata Yilmaz, dass nur diejenigen Migranten sich für einen Kleingarte­n interessie­ren, die sich bereits gut in der hiesigen Gesellscha­ft integriert haben.

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FOTOS: ZOLTAN LESKOVAR, TANJA PICKARTZ (2) Ata Yilmaz glaubt, dass diejenigen Migranten sich für einen Kleingarte­n interessie­ren, die sich bereits gut in der hiesigen Gesellscha­ft integriert haben, so wie er (oben links). Malgorzata Deller aus Polen lädt ihre Nachbarn im Kleingarte­n...
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