Multi-Kulti ist Bereicherung im Kleingarten
Im Kleingartenverein Feierabend beackern immer mehr ausländische Hobbygärtner ihre Parzellen. Gartenzwerg auf dem Rückzug.
WANHEIM Die Wassermelonen sind kläglich eingegangen. Da reicht die Duisburger Sonne einfach nicht. Aber Auberginen gedeihen prima im Garten von Nuran und Ata Yilmaz. Wie das türkische Ehepaar bauen immer mehr ausländische Kleingärtner ihr Gemüse auf der eigenen Parzelle an. Mit ihnen wächst die Vielfalt – was die Herkunft die Mitglieder, aber auch was das Gemüse und Obst betrifft. Multi-Kulti im Kleingarten, ein Beispiel aus dem Kleingartenverein Feierabend am Knevelshof.
„Der Kontakt mit den anderen gefällt mir. Das ist doch besser, als allein zu Hause auf dem Balkon
zu sitzen“
Ata Yilmaz
Kleingärtner
Das Kleingartenwesen galt lange Zeit als urdeutsch. Das Klischee: eine sorgfältig gepflegte Parzelle, gerne mit Gartenzwerg, dazu ein umfangreiches Regelwerk. In dem genauestens festgelegt ist, was erlaubt und was verboten ist. Zum Beispiel durfte man lange Zeit am Samstag nach 13 Uhr den Rasen nicht mehr mähen. Inzwischen darf der Kleingärtner auch zwischen 15 und 17 Uhr noch mal den Motor anschmeißen.
Und auch die Mitglieder-Struktur hat sich geändert. In der Kleingartenanlage Feierabend in Wanheim, mit 87 Gärten die zweitgrößte im Süden (nach dem KG Wiesengrund in Ungelsheim) gibt es mittlerweile Hobbygärtner aus Russland, Polen, Italien und aus der Türkei. Und von den zehn Familien, die auf der Warteliste für einem Garten stehen, kommen sechs aus der Türkei, er- zählt Jörg Wagner, der Vorsitzende vom KG Feierabend. Das Zusammenspiel im Kleingarten funktioniert gut. Man feiert gemeinsam das „Gurkenfest“, von dem keiner so richtig weiß, warum es so heißt. Man tauscht über den Gartenzaun Setzlinge und natürlich unterhält man sich auch.
Malgorzata Deller, gebürtig aus der Nähe von Breslau, hat neulich zum Rote-Bete-Salat eingeladen. Die Rote Bete stammte natürlich aus eigenem Anbau, zubereitet wurde sie nach polnischem Rezept, mit angebratenen Zwiebeln. „Echt lecker“, lobt Wolfgang Mierwald, der mit Sebastiano Pellicane aus Italien im Vorstand des Kleingartenvereins sitzt. Vor fünf Jahren rückten die Yilmaz auf der Warteliste auf Platz eins und bekamen einen Garten angeboten.
Im Schnitt zahlt man 1000 bis 2000 Euro als Ablöse an den Vorbesitzer. Den Wert bestimmt ein unabhängiger Gutachter. Der Preis eines jeden Baumes oder Rosenstrauchs ist tabellarisch festgelegt. „Das Wertvollste ist meist die Laube. Al- lerdings wird pro Jahr zwei Prozent vom Neuwert abgezogen“, erklärt Jörg Wagner das Prozedere im Kleingartenverein.
Einen Garten hatten die Yilmaz bislang noch nicht. Die Hochbeete, die aufgrund der Bodenbelastung in der Kleingartenanlage von der Stadt angelegt wurden, beackert hauptsächlich Ehefrau Nuran. Nach fünf Jahren hat sie ganz gut raus, was besonders gut gedeiht und was dage- gen in ihrem Kleingarten nicht so gut wächst.
Ata Yilmaz ist für die körperlich schweren Arbeiten zuständig und fürs Kommunikative. Er ist bereit, sich in der Gemeinschaft einzubringen. Beim letzten Gurkenfest steuerte die Familie selbst gemachte türkische Pizza bei. Yilmaz, der bei Thyssen arbeitet, unterhält sich gerne. „Der Kontakt mit den anderen gefällt mir. Das ist doch besser als allein zu Hause auf dem Balkon zu sitzen“, sagt der kommunikative Mann. Und auch die polnische Kleingärtnerin sagt überzeugt: „Hier vereinsamt man nicht“. Die Verständigung über die Sprache spielt auch im Kleingarten eine wesentliche Rolle. Die russischen Familien, die kaum Deutsch sprechen, haben wenig Kontakte.
Mit den vielen Regeln im Kleingarten hat Ata Yilmaz kein Problem. Im Gegenteil. Er ist selbst daran interessiert, dass das Unkraut aus anderen Gärten nicht zu ihm herüberwuchert. Und dass nicht ständig laute Musik von irgendwo her dröhnt.
Ohnehin glaubt Kleingärtner Ata Yilmaz, dass nur diejenigen Migranten sich für einen Kleingarten interessieren, die sich bereits gut in der hiesigen Gesellschaft integriert haben.