Akkordeon-Orchester spielt in Frankreich
Die Musiker räumen mit Klischees auf und zeigen, was das Instrument alles kann.
WESTEN Manchmal sind zwei einfach füreinander bestimmt. Norbert Schneider ist so ein Fall. Wenn man ihn alleine trifft, dann scheint etwas zu fehlen. Nein, ausnahmsweise geht es an dieser Stelle nicht um eine Frau. Das Feuer in seinen Augen, das sich bei unserem Gespräch immer wieder bemerkbar macht, gilt der musikalischen Leidenschaft. Wie schade, Norbert Schneider hat sein Akkordeon diesmal nicht dabei. Denn wenn man ihn von seinem Instrument so schwärmen hört, dann möchte man ihn unbedingt spielen hören. Seine Lebensgefährtin wird das ganz sicher nachvollziehen können. Sie teilt auch diese Liebe mit ihm. Das markante Instrument hat die beiden zusammengeführt.
Dabei waren es wie so oft die Eltern, die dem Kind das Instrument einst nahelegten, da sie selber es nie spielen gelernt hatten. Das kennt nicht nur Norbert Schneider als Vorsitzender des 1950 gegründeten Akkordeon-Orchesters Rheinhausen, sondern auch seine Amtsvorgängerin, die jetzige Kassenwartin Renate Hahn. „Meine Eltern haben mir damals gesagt, du bekommst ein Akkordeon, aber du musst durchhalten.“Sie hat durchgehalten. Und wie! Seit 19959 ist Renate Hahn Mitglied im Rheinhauser AkkordeonOrchester. Und sie stimmt Norbert Schneider nickend zu, als dieser die Faszination in Worte kleidet: „Man kann mit diesem Instrument einfach alles spielen. Von der Klassik bis zur Moderne.“
Norbert Schneider und Renate Hahn sind zwei von insgesamt 66 Mitgliedern, die den Akkordeonverein am Leben halten. Dazu gehören nicht nur regelmäßige Proben und Auftritte, sondern immer mal wieder auch besondere Aktionen wie Konzertreisen. Eine Premiere gibt es für die Rheinhauser am 30. September. Zum ersten Mal wird es einen Austausch mit einem französischen Orchester geben. Die Duisburger reisen nach Mouveaux, ein Städtchen in der Nähe von Lille. „Wir fiebern der Reise entgegen“, sagt Norbert Schneider. Inklusive Partner werden sich 37 Personen auf die Reise machen. Nicht zu vergessen, dass jeder der 25 Spieler ein Koffer füllendes Instrument im Reisegepäck haben wird. 14 Kilo wiegt das aktuelle Akkordeon von Schneider.
Französisch spricht übrigens kaum einer der Rheinhauser Musi- ker. Was den ältesten Spieler Franz Nickisch mit seinen 83 Jahren nicht davon abhält, in einer französischen Gastfamilie zu übernachten. Das war sein Wunsch.Kommuniziert wird dann halt mit Händen, Füßen und der gemeinsamen Sprache der Musik.
Der Vorsitzende des AkkordeonOrchesters ist schon jetzt gespannt darauf, wie es wohl klingen wird, die Freude an der Musik mit den Franzosen zu teilen. Das Orchester von Mouveaux scheint ein spannender Verein zu sein, der zudem noch blutjung ist. Es wurde erst im April 2015 gegründet, besteht aus zwölf Akkordeonspielern und einer Schlagzeugerin und hat beim ersten Konzert eine „wilde Mischung“aus Lady Gaga bis Piazolla zum Besten gegeben. Die führende Frau des französischen Orchesters, das haben die Rheinhauser erfahren, schreibt ihre Stücke teilweise mitten in der Nacht und schickt sie sofort an alle Orchestermitglieder, damit sie sofort üben können.
Genau das richtige für den studierten Musiklehrer und leidenschaftlichen Akkordeonspieler Norbert Schneider. Da fangen die Augen doch gleich wieder an zu leuchten. „Ich liebe übrigens auch krumme Rhythmen“, sagt er, der gerne schräge Melodien wie die Filmmusik von „Mission Impossible“aus seinem Instrument herauskitzelt.