An der Berglehne in der Gemeinschaft
Ob alteingesessen oder neu zugezogen, Bewohner dieser Straße in Bissingheim werden von ihren Nachbarn mit offenen Armen empfangen. Man hilft sich dort gerne und feiert zusammen.
BISSINGHEIM In ihrer Straße sei es ein bisschen wie in der BaumarktWerbung, meinen die Bewohner der Berglehne in Bissingheim. Wenn einer sieht, dass der Nachbar mit der Schubkarre unterwegs ist, holt er seine auch raus. Sie feiern ein Fest in ihrer Straße, sich selbst und ihre Gemeinschaft. Denn die Nachbarschaft, die sich Birgit Goebbels, Guido Dietzel sowie Detlev und Kirsten Gottschlich teilen, zeichnet sich durch ein außergewöhnlich großes Gemeinschaftsgefühl aus.
Sie wohnen am Anfang, in der Mitte und am Ende der Straße. Seit kurzer Zeit, seit einigen Monaten
Guido Dietzel und schon immer. Birgit Goebbels (64) ist hier geboren. „Hier ziehen immer wieder junge Familien hin und alle sind bemüht, ein Miteinander hinzukriegen.“
Guido Dietzel wohnt seit elf Jahren in der Berglehne. Er zeigt den Sandkasten mit dem Klettergerüst in seinem Garten. „Als wir den angelegt haben, hatten wir zwölf Tonnen Sand gekauft. Wir haben den Grill angeschmissen und die Leute kamen mit ihren Schubkarren und Schaufeln. Abends war der ganze Sand verteilt.“Ein Zeichen für die Gemeinschaft in der Straße.
Seitdem toben nicht nur Dietzels Kinder, drei und fünf Jahre alt, über den hauseigenen Spielplatz. „Das ist hier ist immer noch Privatbesitz. Aber unsere Kinder bringen nach dem Kindergarten häufig ihre Freunde mit und damit ist der Nachmittag verplant“, sagt Dietzel.
In der Berglehne reiht sich Garten an Garten, Hecke an Hecke, Zaun an Zaun. Von Dietzels Klettergerüst ist es nur eine Gartenquerung zu einem großen Swimmingpool. Der Nachbarsjunge, den Dietzel eben noch freundlich grüßte, als er durch seinen Garten huschte, steht plötz- lich auf der anderen Seite des Zauns. „Wenn einer der Nachbarn mal weg muss, schmeißen wir die Kinder einfach über den Zaun und wissen, dass jemand auf sie aufpasst“, sagt Dietzel.
Wie die Berglehne tickt, haben Detlev und Kirsten Gottschlich kurz nach ihrem Einzug im vorigen Jahr erfahren. „Wir hatten während des Umbaus einen Wasserschaden in der Küche. Als sich das herumgesprochen hat, standen wildfremde Menschen vor der Tür, um uns zu helfen“, sagt Kirsten Gottschlich. „Wir haben uns dann vor kurzem – passend zum Thema Wasser – mit einer Pool-Party bei allen bedankt.“
Doch selbst nach einem halben Jahr in Bissingheim kenne sie noch nicht jeden hier. „Aber heute Abend um 23 Uhr sind wir bestimmt mit allen per Du“, meint sie und verabredet sich mit Birgit Goebbels, die sie beim Nachnamen nennt, auf ein Glas Wein.
Die Vier betonen, dass ihre Straße nur exemplarisch für viele weitere gute Nachbarschaftsverhältnisse stehe. Doch woran liegt es, dass hier jeder Zugezogene sofort willkommen geheißen wird? „Diese Offenheit ist ansteckend“, glaubt Dietzel.
„Als wir den angelegt haben, hatten wir zwölf Tonnen Sand gekauft“
Nachbar „Aber heute Abend
um 23 Uhr sind wir bestimmt mit
allen per Du“
Kirsten Gottschlich
Nachbar
„Mir hat man’s so beigebracht und deshalb mache ich es mit allen genauso. Das ist Dorfcharakter – und das ist positiv gemeint. Die Berglehne ist das Gegenteil von Anonymität“. Man bekomme immer schnell Hilfe angeboten. In Neudorf, wo sie vorher gelebt haben, sei das anders, ergänzt Kirsten Gottschlich.
Doch nicht jeder mag gleichermaßen in die Atmosphäre der Straße eintauchen. „So drei bis fünf Leute halten sich da raus, was auch völlig in Ordnung ist. Aber es schießt auch keiner quer, das ist sehr positiv“, meint Dietzel.
In drei Jahren feiert die ganze Siedlung Jubiläum – die Häuser werden 100 Jahre alt. „Es wird auf jeden Fall eine Feier geben“, sind sich die Bewohner sicher.