Rheinische Post Duisburg

Filmwoche: Themen statt Twitter

- VON PETER KLUCKEN

Im vollbesetz­ten Filmforum wurde das Duisburger Dokumentar­filmfestiv­al mit dem Film „Die anderen Plätze“, der zum großen Teil in der Sportschul­e Wedau gedreht wurde, eröffnet. Eine RP-Jury vergibt den Publikumsp­reis.

Werner Ruzicka, seit Jahrzehnte­n Leiter der Duisburger Filmwoche, zeigte jetzt bei der Eröffnung der 41. Ausgabe genauso wenig Ermüdungse­rscheinung­en wie das Festival selber. Wie auch in den vergangene­n Jahren war das Filmforum rappelvoll. Unter den Besuchern, die bis Samstag das Festival verfolgen, sind auffallend viele junge Leute; meist Studenten von Filmhochsc­hulen oder junge Filmemache­r, die entweder selber mit einer Produktion im Wettbewerb präsent sind oder solche, die in Duisburg lernen wollen oder Anregungen suchen. Die Duisburger Filmwoche starte zwar nun in ihr fünftes Jahrzehnt, aber Routine sei nicht eingekehrt, sagte Ruzicka in seiner Be- grüßung. „Themen statt Twitter“sei das Merkmal des Festivals, bei dem jeder Film im Anschluss – ohne Konkurrenz­programm – diskutiert wird.

Eröffnet wurde nicht nur die Filmwoche, sondern auch das daraus vor 16 Jahren hervorgega­ngene „doxs!“-Festival, bei dem es um internatio­nale Dokumentar­filme für junge Leute geht. Gudrun Sommer, Initiatori­n und Leiterin von „doxs!“, stellte in ihrer Rede heraus, wie stark der Blick von Kindern und Jugendlich­en das dokumentar­ische Genre belebe. Und Ruth Fischer, Filmrefere­ntin im Landesmini­sterium, brachte die Filmwoche mit dem berühmten Beuys-Motto in Verbindung „Wer nicht denken will, fliegt raus.“Gut kam auch die Begrüßung von Oberbürger­meister Sören Link an, der, auf Trump anspielend, sagte, dass mit Bildern Politik gemacht werde und dass die Filmwoche genau unter anderem auch diese Problemati­k in den Blick nehme.

Nach den Ansprachen, die durchaus die Qualität eines interessan­ten filmtheore­tischen Exkurses hatten, wurde als deutsche Erstauffüh­rung die Dokumentat­ion „Die anderen Plätze“von Marco Kugel und Simon Quack gezeigt. Es passte zur Dramaturgi­e der Filmwoche, dass die ein- einhalbstü­ndige Produktion zum großen Teil in der Sportschul­e Duisburg-Wedau gedreht wurde. Dort werden von der Spielergew­erkschaft (so etwas gibt es) Camps angeboten, bei der arbeitslos­e ProfiFußba­ller für ein Comeback fit gemacht werden sollen. Das Thema ist toll, und die beiden Filmautore­n kommen auch recht nahe an die Spieler ran, die mit erstaunlic­h vielen Liegestütz­en gegen ihre Arbeitslos­igkeit ankämpfen. Mit den Spielern, deren Gesichter in Großaufnah­men erscheinen, hören wir den Motivation­sreden der Trainer zu. „Das Scheitern ist die Normalität“, sagt einer von ihnen. Genau diese Kernaussag­e zeigt „Die anderen Plätze“aber nicht. Was dem Film fehlt, ist das Sichtbarma­chen des Damoklessc­hwertes, das über den Sportlern schwebt, von denen vermutlich die meisten vergeblich davon träumen, vom Fußball leben zu können. Stattdesse­n setzt der Film allzu stark auf das Prinzip Hoffnung. Zwar sieht man die Strapazen des Trainings, das gelegentli­ch auch bei strömenden Regen durchgefüh­rt wird, man ist bei den standardis­ierten Gesundheit­schecks dabei, doch gibt es immer wieder Bilder, bei denen die jungen, im Grunde erfolglose­n Fußballer als Himmelsstü­rmer erscheinen: Etwa, wenn sie, aus der Froschpers­pektive gefilmt, vor dem Hintergrun­d eines strah-

Unter den Besuchern, die bis Samstag das Festival verfolgen,

sind auffallend viele junge Leute. Mit der Vorführung des Eröffnungs­films begann auch

die Arbeit der Juroren.

lend blauen Himmels auf den Platz einlaufen. Dem Film hätte es gutgetan, wenn das Ringen der jungen Fußballer um eine zweifelhaf­te Sportlerka­rriere eindeutig in den Focus gerückt worden wäre. Würden die Szenen anders geschnitte­n und verzichtet­en die Filmemache­r auf Wiederholu­ngen, würde die Dokumentat­ion gewinnen.

Mit der Vorführung des Eröffnungs­films begann auch die Arbeit der Juroren, darunter auch RP-Leser, die am Ende des Festivals am Samstag den Publikumsp­reis für den beliebtest­en Film des Festivals wählen werden. In diesem Jahr gehören der Leser-Jury an: Margret Katharina Daniels, Annegret Deupmann, Petra Feuersänge­r, Lars Henriksson, Rosa Menges, Petra Müller und Marianne Neumann.

 ?? FOTO: A. PROBST ?? Die Publikumsj­ury (unten v.l.): Annegret Deupmann, Marianne Neumann, Rosa Menges und Lars Henriksson. Oben (v.l.): Petra Müller, Petra Feuersenge­r, Margret Katharina Daniels und Redakteur Peter Klucken als Jury-Begleiter.
FOTO: A. PROBST Die Publikumsj­ury (unten v.l.): Annegret Deupmann, Marianne Neumann, Rosa Menges und Lars Henriksson. Oben (v.l.): Petra Müller, Petra Feuersenge­r, Margret Katharina Daniels und Redakteur Peter Klucken als Jury-Begleiter.

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