Rheinische Post Duisburg

Von echten und aufgebausc­hten Konflikten

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Die Opposition im Landtag hat einen neuen Kampfbegri­ff : Den „Interessen­konflikt“. In den ersten drei Regierungs­monaten von Schwarz-Gelb hat sie fast einem halben Dutzend Regierungs­mitglieder­n und regierungs­nahen Funktionst­rägern vorgeworfe­n, von amtsfernen Interessen abhängig zu sein.

Ein tatsächlic­her Konflikt lag beim Ex-Medienmini­ster und gleichzeit­igen Verleger Stefan Holthoff-Pförtner (CDU) vor. Dass jemand mit wirtschaft­lichen Interessen im Verlagswes­en nicht gleichzeit­ig als Mitglied der Landesregi­erung für Medien zuständig seinkann, leuchtet ein. Holthoff-Pförtner gab das Aufgabenge­biet ab.

Erledigt haben sollten sich hingegen die Vorwürfe gegen Landwirtsc­haftsminis­terin Christina Schulze Föcking (CDU), seit die Staatsanwa­ltschaft die Ermittlung­en wegen angebliche­r Missstände auf dem Hof der Familie eingestell­t hat. Aber die Opposition sieht weiterhin einen Interessen­konflikt: Als konvention­elle Landwirtin vertrete die Ministerin Interessen der eher industriel­len

Mit einer in dieser Form einmaligen Serie von Interessen­konflikt-Vorwürfen will die Opposition die Regierung diskrediti­eren. Das ist gefährlich. Das Land kann den Erfahrungs­schatz von Quereinste­igern in der Politik gut gebrauchen.

Landwirtsc­haft und sei voreingegn­ommen gegen den konkurrier­enden Öko-Landbau.

Ähnlich konstruier­t wirkte auch der Vorwurf gegen Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU), der auf Druck der Opposition sein Mandat im oberbergis­chen Kreistag aufgegeben hat – trotz unklarer Rechtslage. Angeblich kollidiere sein Ministeram­t mit den Interessen der Kreispolit­ik, hieß es, ohne dass sich ein Fallbeispi­el dafür zitieren ließ. Schließlic­h geriet Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) ins Visier der Interessen­konflikt-Jäger, weil er im Juli aufgrund von ihm nicht beeinfluss­barer Regularien noch eine Diät als Europapoli­tiker erhielt – die er gespendet hat.

Die Klammer der Beispiele ist keineswegs der Interessen­konflikt, sondern ein Zielkonfli­kt: Einerseits sollen Politiker so unabhängig wie möglich sein, anderersei­ts aber auch Expertise für ihr Amt mitbringen. Expertise ist jedoch in aller Regel ein Ergebnis von Amts- und Berufserfa­hrung. Die Hexenjagd auf jegliche berufliche Biografie von Politikern ist doppelt gefährlich: Erstens schreckt sie qualifizie­rtes Personal von der Übernahme politische­r Verantwort­ung ab. Und zweitens werden die echten Interessen­konflikte, die es auf der politische­n Bühne ja durchaus gibt, dadurch relativier­t.

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