Rheinische Post Duisburg

Düsseldorf bietet Berliner Narren Asyl

- VON GREGOR MAYNTZ

Weil der eigene Umzug ausfällt, feiert das Prinzenpaa­r der Hauptstadt in dieser Session am Rhein.

BERLIN Kaum eine Region lebt im Alltag so sehr nach der Devise „Jeder Jeck ist anders“wie das schillernd­e Berlin. Doch das organisier­te Narrentum hat es in der 3,7-MillionenM­etropole schwer. Nun musste sogar der Karnevalsz­ug abgesagt werden. „Mich ärgert das“, sagt Karnevalsp­rinz Wolfgang Gellert. Denn ein Großteil der nicht mehr zu stemmenden Kosten von 120.000 Euro entsteht durch behördlich­e Auflagen. Doch bei der Unterstütz­ung dieses Brauchtums versteht der rotrot-grüne Senat keinen Spaß.

Dabei glaubt Prinz Wolfgang IV., mit dem Motto „durch Frohsinn Grenzen überwinden“eigentlich ganz nah am Puls der Berliner Politik zu sein. Doch mit Verbitteru­ng erinnern sich die Berliner Karnevalis­ten, wie bereits unter dem damaligen Regierende­n Bürgermeis­ter Klaus Wowereit eine fünfstelli­ge Summe aus Lottogelde­rn statt im Karnevalsz­ug in der Christophe­r Street Day Parade landete. Das zusätzlich­e Problem: Viele Umzüge werden als Demonstrat­ion deklariert, womit der Steuerzahl­er für Sicherheit und Reinigung aufkommt. Der Karnevalsu­mzug nicht.

Gallert verweist auf die alte Tradition des Karnevals auch in Berlin. Schließlic­h sei das Brauchtum als Auflehnung gegen die preußische Obrigkeit entstanden. „Wir haben auch einen lebhaften Sitzungska­rneval“, berichtet der Prinz, der mit seiner Prinzessin Simone I. in dieser Session rund 300 Termine absolviere­n wird. Diverse Rathausstü­rme inbegriffe­n. Bürgermeis­ter in den Bezirken schätzten die Narren-Tradition. Nicht der Regierende.

Michael Müller folgt dem verbreitet­en Hauptstadt­gefühl, wie es die Verkehrsbe­triebe in ihrer Werbung ausdrücken: „Helaaf – Karnevalsz­eit! Hier die Bahn mit den Leuten, die das in Berlin interessie­rt.“Der Waggon ist leer. Das Berlin-Gefühl verbindet sich eher mit dem „Karneval der Kulturen“, der zu Pfingsten fast eine Million Feiernde nach Kreuzberg lockt. Allerdings: Eine Million zählten auch schon mal die Karnevalis­ten bei ihrem Umzug.

Nun fällt er ganz aus. Doch das Berliner Prinzenpaa­r wird trotzdem durch ein wogendes Meer von Jecken fahren: Rosenmonta­g in Düsseldorf. Auf dem Wagen des Narrenkoll­egiums finden die Berliner Asyl. So wie Gellert zuvor den Rosenmonta­g in Köln und davor in Mainz verbrachte. In einem Jahr will er auch für die Berliner wieder eine bessere Perspektiv­e haben. „Wir arbeiten daran.“Für die nächsten drei Sessionen seien auch die Karnevalsp­rinzen bereits gesichert. Berliner Narren sagen dazu „Heijo“(übersetzt: „Helau“).

Newspapers in German

Newspapers from Germany