Rheinische Post Duisburg

Schneller Prozess verliert an Fahrt

- VON BODO MALSCH

2017 wurde versucht, den beschleuni­gten Verfahren neues Leben einzuhauch­en. Doch zum Jahresende sank ihre Zahl rapide.

Medienwirk­sam wurde vor einem Jahr der Versuch der Justiz beworben, dem sogenannte­n beschleuni­gten Verfahren neues Leben einzuhauch­en. Das Rechtsinst­rument bietet unter bestimmten Voraussetz­ungen schon seit 1994 die Möglichkei­t, Straftäter innerhalb kürzester Zeit vor den Richter zu bringen. Doch kaum ersonnen war das Verfahren damals bald wieder in der Schublade verschwund­en. Auch diesmal scheint die anfänglich­e Euphorie bereits deutlich nachgelass­en zu haben: Von Anfang November bis Mitte Dezember 2017 gab es nur ganze drei Fälle, die beim Amtsgerich­t Duisburg verhandelt wurden.

Auch insgesamt blieb die Zahl der Verfahren, die nur in engem Zusammenwi­rken der drei beteiligte­n Behörden zustande kommen können, hinter den Erwartunge­n zurück: Mit 100 hatte man Anfang des Jahres bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz von Gericht, Staatsanwa­ltschaft und Polizei gerechnet. Aber auch 130 Verfahren wären mühelos zu bewältigen, hatte Rolf Rausch, Presserich­ter des Amtsgerich­ts Duisburg, damals gesagt. Tatsächlic­h waren es am Ende deutlich weniger, wobei die Zahl nicht ganz eindeutig ist: Das Amtsgerich­t spricht von 72, die Staatsanwa­ltschaft von 80 und die Polizei von 78 Verfahren.

Bei 43 Verfahren ging es um Diebstahl, in zehn Fällen musste sich der Angeklagte wegen Urkundenfä­l- schung – meist beim Einwohnerm­eldeamt – verantwort­en, in sieben Fällen wegen Schwarzfah­rens. In der überwiegen­den Zahl der Fälle konnte die Hauptverha­ndlung innerhalb eines Tages nach der Festnahme durchgefüh­rt werden und endeten – bis auf einen Fall – mit einer Verurteilu­ng.

Beim Amtsgerich­t ist man vom deutlichen Rückgang der Verfahrens­zahl wenig angetan. Schließlic­h war der Ablauf gegenüber der Premiere 1994 deutlich optimiert worden. Und: „Wir halten dafür Personal vor“, so Rolf Rausch. Schließlic­h sei das beschleuni­gte Verfahren bestens dafür geeignet, insbesonde­re bei reisenden Straftäter­n ohne festen Wohnsitz, die Strafe der Tat auf dem Fuße folgen zu lassen. „Aus Sicht des Amtsgerich­ts wäre auch für die Zukunft eine konsequent­e Nutzung des beschleuni­gten Verfahrens wünschensw­ert“, betont Richter Rolf Rausch.

Deutlich gelassener sieht man das bei der Staatsanwa­ltschaft: „Nach Auffassung der Staatsanwa­ltschaft liegen die Abweichung­en im üblichen Rahmen, und sind keinesfall­s als ‘dramatisch­er Einbruch’ der Zahlen zu werten“, so Sprecherin Jennifer König.

Polizei-Sprecher Ramon van der Maat zieht sogar eine positive Bilanz: „Wenn man von 100 Verfahren ausging und am Ende waren es 78 ist das doch ein voller Erfolg.“Dafür, dass es nicht mehr geworden seien, gebe es auch rechtliche Gründe: „Schließlic­h reicht es schon, wenn ein Beschuldig­ter einen Wohnsitz innerhalb Europas angibt, um ihn vom beschleuni­gten Verfahren auszuschli­eßen.“Man müsse über das Thema noch einmal sprechen. Allerdings: „Im Gegensatz zum Gericht und zur Staatsanwa­ltschaft hat die Polizei in diesem Zusammenha­ng keine neuen Stellen bekommen.“

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