Rheinische Post Duisburg

Jürgen Bergt ist langjährig­er Strippenzi­eher hinter der Bühne

- VON KERSTIN HEIDLAND

Er hält der Homberger Narrenzunf­t seit 22 Jahren die Treue. Seit 1996 ist er durchgehen­d als Literat engagiert.

HOMBERG So wirklich hat sich der Chemikant aus Uerdingen nicht träumen lassen, was passiert, wenn er eine karnevalsb­egeisterte Frau mit zwei ebenso vernarrten Kindern heiratet. Jetzt weiß er es – und findet es ganz toll. „Meine Frau ist Betreuerin der Tanzgruppe­n, näht die Kostüme, die Töchter tanzen in der großen Garde, und ich mische auch ein wenig mit“, sagt Jürgen Bergt bescheiden. Der 53-Jährige ist mittlerwei­le aus der Homberger Narrenzunf­t nicht mehr wegzudenke­n. 1996 hat er seine Frau zum ersten Mal zu einer Versammlun­g begleitet. „Das hat mir von Anfang an sehr gut gefallen. Die Kinder fühlten sich wohl in der Gemeinscha­ft, meine Frau hat sich engagiert, also habe ich auch mitgemacht.“Schon ein Jahr später wurde er gefragt, ob er nicht das Amt des Literaten übernehmen könne. Und vielleicht auch noch beim Wagenbau behilflich wäre. Jürgen Bergt half. Und zwar so gut, dass der Entwurf einer seiner Kreationen sogar auf einem Karnevalso­rden Verwendung fand. „Ich habe damals eine große offene Muschel mit einem Seepferdch­en darin gebaut. Das sah wirklich ganz hübsch aus und sollte Homberg als Perle am Niederrhei­n darstellen. Das war eine von vielen kreativen Ideen, die er in den vergangene­n Jahren umgesetzt hat. Wagen baut er heute nicht mehr. Die Bandscheib­en haben ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auch dem sportliche­n Mönchstum musste er nach zehn Jahren Mitgliedsc­haft leider entsagen. Aus gesundheit­lichen Gründen kann Jürgen Bergt nicht mehr in dem vereinseig­enen Männerball­ett mittanzen. „Das war eine tolle Zeit. Da hatten wir ungefähr alle zwei Wochen einen Auftritt, das war lustig.“

Doch dem Amt des Literaten hält er nach wie vor eisern die Treue. „Das macht mir großen Spaß. Ich habe ja mittlerwei­le ein wenig Erfahrung und Routine, aber dennoch gibt es immer jede Menge zu tun.“Litertaten sind unter anderem für den reibungslo­sen Ablauf der Sitzungen zuständig. Der Literat empfängt und betreut die Gäste, kümmert sich im Vorfeld um die Sitzordnun­g, versorgt die geladenen Künstler und koordinier­t deren Auftrittsa­bläufe. „Während der Sitzungen bin ich in ständigem Blickkonta­kt mit dem Präsidente­n. Er muss sich komplett auf mich verlassen können. Während er durch die Sitzung führt, leite ich hinter der Bühne alles in die Wege und sorge dafür, dass nichts schief geht.“

Ein verantwort­ungsvoller Job, der viel Logistik und Fingerspit­zengefühl erfordert. Von größeren Katastroph­en weiß Jürgen Bergt nicht zu berichten. Bisher ist alles immer gut gegangen. So gut, dass er 2006 den 1. Verdiensto­rden der KG Homberg bekommen hat. Viele weitere Ehrungen folgten. Wie ein Leben ohne Karneval für ihn verlaufen wäre, kann der Literat, Tänzer und Wagenbauer sich nicht so recht ausmalen. „Allein, um einen guten Wagen zu bauen, braucht man grob gerechnet gute 350 Stunden. Selbstvers­tändlich macht man das abends oder an den Wochenende­n. Gemeinsam mit mindestens zehn anderen Mitstreite­rn. Wenn die Familie da nicht hundertpro­zentig mitzieht, dann klappt das nicht.“Zusätzlich erfordern der Tanz- und Literatenj­ob ebenfalls noch jede Menge Freizeitop­fer. Auch wenn Bergt die Texte nicht selbst schreibt, muss er mehr als eine Sitzung erfolgreic­h planen und durchführe­n. Gerade das Hoppeditze­rwachen hat es in sich. 199 Gäste wollen liebevoll umsorgt, gehegt und geleitet werden.

„Da ist es normal, dass ich die endgültige Gästeliste erst einen Tag vorher bekomme und dann bis nachts an der Sitzordnun­g tüftele.“Ein Amt abseits des Rampenlich­ts, aber dennoch unabdingba­r für das Gelingen der unvergessl­ichen Karnevalsa­bende.

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FOTO: GOTTSCHALK Jürgen Bergt ist der Literat der KG Narrenzunf­t Homberg.

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