Anspruchsvoll
Zu „Seiteneinsteiger fördern“(RP vom 11. Januar): Es ist in der Tat nicht so, dass Fachwissen allein weiterhilft, um den Lehrerberuf auszuüben. Vor dem Hintergrund von Schulreformen und -restaurationen, Inklusion, Integration und einer zunehmend „verhaltenskreativen“Schülerschaft braucht es aber mehr als nur „Einfühlungsvermögen“. Es braucht fundierte pädagogische, methodische und didaktische Fähigkeiten, es braucht umfassendes rechtliches Wissen, und es braucht vor allem ein dickes Fell, um nicht morgens hilflos oder griesgrämig vor einer Klasse mit 25 sehr unterschiedlichen Kindern oder Jugendlichen zu stehen. Lehrer ist einer der schönsten Berufe, die es gibt. Er nervt mich (und viele Kollegen) allerdings zunehmend, wenn Hinz und Kunz aufgrund der Erfahrungen ihrer eigenen Schulzeit zu wissen meinen, dass einfach jeder Mensch mit guter Bildung und Einfühlungsvermögen einfach mal so den anspruchsvollen Beruf des Lehrers ausüben könnte. Dazu tragen eben auch solche Leitartikel bei wie eben auch das durch die Kultusministerien vermittelte Bild, dass der Seiteneinstieg der Königsweg sei, um dem aktuellen Lehrermangel einfach mal so zu begegnen. Zu „Seiteneinsteiger fördern“(RP vom 11. Januar): Sie schreiben, dass ein guter Lehrer nicht durch ein Lehramtsstudium gemacht wird. Dies ist sicherlich zutreffend. Ebenso wird nicht jeder Medizin- oder Jurastudent ein guter Arzt oder Anwalt. Allerdings spricht meines Wissens keiner davon, den Landärzteoder Richtermangel durch (zweijährige) „Anlernzeiten“im medizinischen oder juristischen Bereich kompensieren zu wollen. Anders verhält es sich mit dem Lehrerberuf: Unterrichten kann doch gar nicht so schwierig sein, die richtige Herzensbildung gepaart mit einer Portion Fachwissen, und schon ist er da – der neue Lehrerkollege. Übersehen wird dabei allerdings leicht, dass die pädagogischen Herausforderungen aus den bekannten Gründen immer größer werden: Inklusion, Flüchtlingszuzug, aber auch zunehmend schwierige Familienverhältnisse, aus denen Kinder und Jugendliche kommen, um nur einige Punkte zu nennen. Als „studierte“Lehrerin und jahrelange Betreuerin von Seiteneinsteigern kann ich sehr gut beurteilen, mit welchem Enthusiasmus diese Berufseinsteiger in den Schulalltag starten und mit welcher Wucht sie von der Realität eingeholt werden. Erfahrene Kollegen werden häufig somit zu Intensivbetreuern, die in vielen Gesprächen den erlebten Schulalltag aufarbeiten und Tipps zum „Überleben“im System Schule geben. Ich möchte davor warnen, dass uns das Seiteneinsteigerkonzept als die Lösung des Lehrermangels offenbart wird. Sie kann allenfalls ein „second best“darstellen. Eine fundierte (und damit kostenintensive) Ausbildung im Lehrerberuf – sowohl im Studium wie im anschließenden Referendariat – und weiterhin eine intensive Betreuung der Berufsanfänger ist dringender geboten denn je. Zu „Die Wegwerfgesellschaft“(RP vom 13. Januar): Die Vermüllung fängt so schon mit kleinen Dingen an: mit der weggeworfenen Zigarettenschachtel, dem ausgespuckten Kaugummi, dem Leeren des AutoAschenbechers in den Rinnstein usw. Weil dieses Verhalten asozial ist und jede Stadt verschandelt, hat die von mir damals geleitete Firma vor gut 20 Jahren eine Großplakataktion gegen die Verschmutzung der Straßen unternommen. Leider hat das zu keiner Veränderung im Verhalten geführt. Warum wird nicht eine Aktion wie seinerzeit der 7. Sinn gestartet, wo jeden Abend ein Fernsehspot lief? Damit könnte man sicher etwas bewegen!