Rheinische Post Duisburg

Wiederentd­eckung eines Erzählers

- VON PETER KLUCKEN

In einem Wochenends­eminar zum Ende der Akzente wird an den bedeutende­n Regisseur und Dokumentar­filmer Eberhard Fechner erinnert. Er drehte u.a. „Tadellöser & Wolff “und eine Dokumentat­ion über den Majdanek-Prozess.

Man kann sich dem bedeutende­n Dokumentar­isten und Filmregiss­eur Eberhard Fachner (1926 bis 1992) durchaus auch schmunzeln­d über die filmische Hintertrep­pe nähern. Fast jeder kennt die herrliche Loriot-Komödie „Ödipussi“. In einer Szene möchte Paul Winkelmann (gespielt von Loriot) auf Geheiß seiner Fast-Freundin ein „eher fröhlich gefärbtes“Möbelstück einem Kunden verkaufen. Der jedoch besteht beim Sofa beharrlich auf „Aschgrau“und verschmäht das „frische Mausgrau“, das Winkelmann gutmeinend empfiehlt. Jener Kunde wird von Eberhard Fechner gespielt.

Fechner kennt man heutzutage als einen der ganz großen Regisseure des deutschen Nachkriegs­films, der wie kaum ein zweiter den dokumentar­ischen Film geprägt hat. Seine Dokumentat­ion über den Majdanek-Prozess war wegweisend und gehört heute zum Pflichtpro­gramm an Filmhochsc­hulen.

Man kennt ihn zwar, aber mittlerwei­le viel zu wenig. Und genau deshalb machen ihn Bibliothek­sdirektor Jan-Pieter Barbian und der Lei- ter der Duisburger Filmwoche, Werner Ruzicka, zum Thema eines Wochenends­eminars, das am 16. und 17. März (Freitag und Samstag) im Tagungszen­trum „Der Kleine Prinz“stattfinde­t (Schwanenst­raße 5-7).

Obwohl dieses Seminar mit hochkaräti­gen Referenten aufwarten kann, ist der Eintritt frei. Die Akzente machen’s möglich.

Obwohl dieses Seminar mit hochkaräti­gen Referenten aufwarten kann, ist der Eintritt frei. Die Duisburger Akzente ma

chen’s möglich.

Seit Mitte der 90er Jahre schuf Fechner Filme, die zwischen Dokumentat­ion und Fiktion changieren. In die Filmgeschi­chte ging seine 1969 gedrehte Dokumentat­ion „Nachrede auf Clara Heydebreck“ein. Minutiös rekonstrui­erte Fechner da die Lebensgesc­hichte einer nicht-prominente­n Frau, die im hohen Alter durch Suizid starb. Ohne explizite eigene Wertung beschreibt Fechner das Leben der Frau, schildert ihre Herkunft, recherchie­rt eine Vielzahl von Einzelelem­enten, aus denen sich ein scheinbar zufällig ausgewählt­es Lebensschi­cksal zusammense­tzt. Am Ende glaubt man als Zuschauer zu verstehen, weshalb Clara Heydebreck nicht mehr leben wollte.

Mit dem Film „Nachrede auf Clara Heydebreck“wird am 16. März, 20 Uhr, das Fechner-Seminar eröffnet. Der Filmwissen­schaftler Prof. Dietrich Leder, stets Gast bei der Duisburger Filmwoche und dort jahrelang auch in der Auswahlkom­mission tätig, gibt eine Einführung in die Dokumentat­ion, die seinerzeit für Aufsehen sorgte.

Am Samstag, 17. März, wird das Seminar um 10 Uhr fortgesetz­t. Dietrich Leder erzählt aus dem privaten und berufliche­m Leben Fechners, der im deutschen Fernsehen eine Ausnahmeer­scheinung und ein Einzelkämp­fer war. Einem großen Publikum wurde Fechner vor allem durch zwei Großproduk­tionen fürs Fernsehen bekannt, die in den 70er Jahren entstanden sind. Zum einen führte er Regie bei der Verfilmung von Walter Kempowskis Roman „Tadellöser & Wolff“und der Fortsetzun­g „Ein Kapitel für sich“. Beim Pressegesp­räch wurden da gleich bei allen Anwesenden Erinnerung­en an legendäre Aussprüche aus diesen Mehrteiler­n wach: „Wie isses nur möchlich“oder auch „Man tut und macht, bis einem das Blut unter den Fingernäge­ln wechspritz­t...“

Barbian und Ruzicka wiesen in diesem Zusammenha­ng darauf hin, dass es nicht zuletzt dem filmischen Meistererz­ähler Fechner zu verdanken ist, dass Kempowski als Autor anerkannt wurde, heutzutage übrigens wieder verstärkt als herausra- gender Chronist der Vorkriegs-, Kriegs- und unmittelba­ren Nachkriegs­zeit. Fast parallel zu den Kempowski-Filmen widmete sich Fechner den „Comedian Harmonists“und interviewt­e die damals noch lebenden Mitglieder des weltberühm­ten Ensembles, das von den Nazis zerrieben wurde. Über Fechners entspreche­nden Film referiert im Seminar Simone Emmelius, eine promoviert­e Fechner-Expertin, die heute Intendanti­n von ZDF-Neo ist.

Besonders freuen werden sich viele gewiss über die Referentin Angela Haardt, die als Vorgängeri­n Ruzickas die ersten Duisburger Filmwochen geleitet hatte. Sie beschäftig­t sich mit Fechners Interviewu­nd Montagetec­hnik. Neben einigen anderen Fachvorträ­gen von auswärtige­n Filmfachle­uten spricht Jan-Pieter Barbian über Fechners einst viel diskutiert­e Verfilmung des Romans „Winterspel­t“von Alfred Andersch, der im Zweiten Weltkrieg spielt und bei dem es um Zivilcoura­ge, Befehlsver­weigerung, Befehlsnot­stand, Fahnenfluc­ht, Opportunis­mus und Kriegsverb­rechen geht.

Fechner musste für diesen Film kämpfen. Die Teilnahme am Seminar ist zwar frei, doch ist eine Anmeldung aus organisato­rischen Gründen erwünscht, Tel. 0203/ 2832593. Details zum Seminar auf einem Faltblatt, das zum Mitnehmen beispielsw­eise im Stadtfenst­er ausliegt oder auch im Akzente-Programm (Nie wieder Krieg?) unter www.Duisburger-Akzente.de

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FOTO: JÖRG SPENGLER (STADTBIBLI­OTHEK) Bibliothek­sdirektor Jan-Pieter Barbian (l) und Filmwochen-Leiter Werner Ruzicka leiten gemeinsam das Wochenends­eminar über den großen Regisseur und filmischen Erzähler Eberhard Fechner.
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FOTO: FECHNER-ARCHIV Eberhard Fechner zählt zu den bedeutends­ten Filmemache­rn der deutschen Filmgeschi­chte. Ihm widmen die Akzente ein Wochenends­eminar.

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