Rheinische Post Duisburg

Meister des Puppenspie­ls begeistert mit Akzente-Stück

- VON PETER KLUCKEN

Dank der Familie Flöz weiß das Duisburger Publikum, dass Figurenthe­ater keineswegs nur Kinder als Zielgruppe haben muss. Mit dem gebürtigen Australier Neville Tranter, der heute in den Niederland­en lebt, war ein vielfach ausgezeich­neter Meister des Figurenthe­aterspiels in der Liebfrauen­kirche zu Gast. Dort zeigte er zum einen sein Familienst­ück „Punch & Judy in Afghanista­n“und sein Erwachsene­ntheater „Babylon“, das die RP besuchte.

Neville Tranter ist ein nüchterner Poet unter den Puppenspie­lern. Sein Stück arbeitet mit Metaphern und Anspielung­en, bleibt aber stets geerdet, auch wenn bei „Babylon“Gottvater in Gestalt eines Greises auftaucht, dem die Probleme der Welt über den Kopf wachsen und der seinem Staatssekr­etär-artigen Engel immer mehr misstraut – vermutlich zu Recht. Tranter beschäftig­t sich mit dem tragischen Schicksal von Bootsflüch­tlingen. Am Strand von Nordafrika wartet der unruhige Menschensc­hmugglerKa­pitän auf die letzten Passagiere. Ein alter Mann will seinen Hund mitnehmen, was ihm untersagt wird, und eine alte Frau möchte ihrem Sohn folgen, was vielleicht nur eine Notlüge ist. Dass ausgerechn­et Babylon Ziel der Flüchtling­sroute sein soll, ist natürlich als Metapher zu verstehen, schließlic­h ist biblisch gesehen Babylon genau das Gegenteil eines gelobten Landes. Zum Entsetzen von Gottvater mischt sich unter die Bootsflüch­tlinge auch Jesus, der als verträumte­r Hippie mit einem Schaf unter dem Arm unterwegs ist. Dieses Schaf wird dem Gottessohn am Schluss das Leben retten...

Komik und entlarvend­es Spiel mischt Tranter zu einer Geschichte, die das Publikum gebannt verfolgt. Wunderbar, wie Tranter mit seinen halblebens­großen Figuren umgeht, wie er ihnen Leben einhaucht, sie selbststän­dig werden lässt und dabei trotzdem als Beobachter und quasi stummer Dialogpart­ner auf der Bühne präsent bleibt.

Dass die Handlung von der Teufelsges­talt eingerahmt wird, zeigt den Ernst der Lage. Ein grandioser Beitrag zu den Duisburger Akzenten. Das Publikum in der gut besuchten Liebfrauen­kirche war begeistert.

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FOTO: STADT DUISBURG Komik und entlarvend­es Spiel mischt Neville Tranter zu einer Geschichte, die das Publikum gebannt verfolgt.

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